0843 - Tunnel der hungrigen Leichen
Schlaf.
»Jetzt wird wohl nichts mehr passieren«, meinte Suko, als er meine Wohnung verließ. Er lachte leise in die Stille des Flurs hinein. »Ich bin nur gespannt, was Sir James dazu sagen wird.«
»Er wird uns kaum Steine in den Weg legen. Gute Nacht.«
Ich schloß hinter meinen Freunden die Tür und blieb noch für einige Sekunden an der Wand stehen.
Das Abenteuer war nicht vergessen, noch immer spürte ich den Geruch dieses schlammigen Wassers in der Nase.
Was ich erlebt hatte, war ein Anfang gewesen. Das dicke Ende würde noch folgen…
***
Das dicke Ende kam am anderen Morgen, denn da fühlte ich mich wie gerädert. Ich hatte nicht tief, sondern unruhig geschlafen, war immer wieder erwacht und hatte mehrmals den Eindruck gehabt, mich noch immer in diesem makabren Tunnel zu befinden, so eindrucksvoll war dieses Erleben gewesen, und auch durch meine Träume geisterten die beiden Kämpfer.
Nach der ersten Tasse Kaffee ging es mir besser. Ich aß auch eine Kleinigkeit und hatte den Tisch noch nicht abgeräumt, als Suko bereits meine Wohnung betrat.
»Wie war's?« fragte er.
Ich winkte ab. »Kein Kommentar. Den Rest der Nacht möchte ich so schnell wie möglich vergessen.«
»Ich habe schon angerufen.« Dieser »Lumpenhund« war widerlich frisch und machte einen actiongeladenen Eindruck. »Die beiden Tickets sind bestellt. Wir werden am späten Vormittag fliegen. Die Hotelzimmer habe ich ebenfalls schon reserviert.«
»Hast du denn schon gefrühstückt?«
»Das noch nicht.«
»Dann habe ich dir wenigstens etwas voraus.«
Suko grinste. »Was bist du wieder grantig!«
»Laß uns verschwinden.« Ich nahm den Koffer hoch, den ich schon gepackt hatte. Der Lift brachte uns nach unten, und von dort aus gingen wir zu Fuß bis zur U-Bahn-Station.
Glenda Perkins trafen wir in der Halle. Noch vor dem Morgengruß erkundigte ich mich, ob Sir James heute sehr früh kommen wollte.
»He, was ist denn mit dir los?« Glenda wickelte ihren Schal vom Hals weg. »Sieht aus, als hättest du die Nacht durchgemacht und bist schon richtig dienstgeil.«
»Das täuscht.«
»Ja, er wird da sein.« Wir betraten den Lift. »Was war denn in der Nacht los?« fragte Glenda.
»John hat eine kleine Reise gemacht.«
»Wie schön für ihn. Bei der Kälte?«
»Sie war nicht ganz freiwillig, diese Reise.« Auf dem Weg zum Büro bekam Glenda in Stichworten erklärt, was uns da widerfahren war, und sie konnte es kaum fassen.
Den Mantel hängte Glenda auf, drückte mir die Kanne in die Hand, ohne eine Bemerkung zu machen. Ich wußte, daß ich dran war, Wasser zu holen.
Nach meiner Rückkehr stand Suko noch immer im Vorzimmer. Er knabberte an einem Knäckebrot, das ihm Glenda gegeben hatte. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. »Streikt Shao?«
»Überhaupt nicht. Ich wollte nichts essen und habe sie lieber in Ruhe gelassen.«
»So ist das.«
Der Kaffee lief durch, und ich betrat das Büro, wo ich mich erstmal hinsetzte. Dann griff ich zum Hörer, nur meldete sich unser Chef, Sir James, nicht.
Ausgerechnet heute ließ er sich Zeit. Sonst drückte er schon immer weit vor dem offiziellen Dienstbeginn den Sessel. Dafür lockte mich der Duft der braunen Brühe ins Vorzimmer, wo Glenda mit Suko über die Vorfälle der vergangenen Nacht sprach. Sie war jetzt eingeweiht worden und schüttelte verwundert den Kopf. »Das hast du tatsächlich alles erlebt, John?«
Ich nickte, während ich die Tasse füllte.
»Dann bin ich nur gespannt, ob euch die beiden Typen in Amsterdam über den Weg laufen.«
»Wichtig ist diese alte Gracht. Die müssen wir finden. Ich denke nicht, daß sie in einem Reiseführer steht und habe mir natürlich meine Gedanken darüber gemacht. Es kann sein, daß es ein alter Kanal gewesen ist, der irgendwann zugemauert wurde.«
»Um das Böse zu begraben?« fragte Glenda.
»So weit will ich nicht einmal gehen. Das kann ganz praktische Gründe gehabt haben. Wichtig ist, daß wir die alte Gracht finden, und vor allen Dingen die Monstren, die sich in den Wänden verborgen halten.« Mir fiel Glendas nachdenkliches Gesicht auf und auch das Stirnrunzeln. Wenn sie so schaute, dann lag etwas in der Luft. Sie setzte diesen speziellen Blick immer dann auf, wenn sie über etwas nachdachte, das ihr ziemlich spontan eingefallen war.
»Hast du was?«
»Ich nicht, John, aber Sir James.«
»Der ist noch nicht im Büro.«
Etwas unwillig schüttelte sie den Kopf. »Trotzdem, mir ist da etwas eingefallen.« Sie hatte
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