0846 - Flucht aus Tilasim
seinen Geist, durch seine intimsten Gedanken und Geheimnisse wühlte.
Er hörte etwas und bemerkte erst nach Sekunden, dass es das Knirschen seiner eigenen Zähne war. Ja, er hatte nicht vergessen, und er würde es auch niemals tun.
Der Hass betäubte ihn schier. Er fühlte sich schmutzig, wenn er daran dachte, dass sich der Dämon für eine halbe Unendlichkeit seiner bedient hatte wie eines Werkzeugs, dass er ihn besser gekannt hatte als er sich selbst. Er hatte ihn immer wieder benutzt und dann dreckig und erschöpft weggeworfen.
In diesem Moment wurde ihm klar, dass es nicht genug war, wenn Kelvo für diesen Frevel starb. Er musste leiden. Ewig leiden!
Die Grundzüge eines Plans entstanden in Johannes. Zuerst musste er den Wächter besiegen, und dann…
Er stockte.
Er durfte nichts übereilen, sondern musste sich Zeit lassen. Er spürte, dass die Lösung seines Problems in der Vergangenheit lag, in seinen Erinnerungen verborgen.
Er musste nachdenken…
***
»Fassen wir zusammen«, sagte Sid Amos mürrisch. »Kelvo hat uns einen Besessenen auf den Hals gehetzt und damit größeren Erfolg erzielt, als er hoffen konnte. Er hat uns ausgetrickst und ist abgehauen. Welchen Unterschied macht es da, dass wir diesen Dolf Hellstrom befreit haben? Es nutzt uns nichts, ganz im Gegenteil hängt er uns wie ein Klotz am Bein.«
»Das ist unser geringstes Problem«, versicherte der Zwitter. »Es wird mich lediglich zwei Gedanken kosten, Hellstrom auf die Erde zurückzubringen und danach wieder zu euch zurückzukehren.«
»Das solltest du auf jeden Fall tun«, stimmte der Meister des Übersinnlichen zu. »Wobei sich die Frage stellt, ob du uns nicht am besten alle auf der Erde absetzt - was haben wir hier in dieser Dimension noch verloren? Kelvo ist nicht mehr hier.«
»Abwarten«, meinte der Zwitter, wandte sich ab und ging auf Hellstrom und Nicole zu.
Professor Zamorra sah ihm nachdenklich hinterher. »Vielleicht kann er Kelvos Spur verfolgen und uns dahin bringen, wo auch immer der Dämon sich inzwischen aufhalten mag. Immerhin hat er auch die Spur in diese Welt gefunden - bei der Gelegenheit fällt mir ein, dass er uns noch nicht gesagt hat, wie ihm das gelungen ist.«
Sid Amos nickte. »Ich setze außerdem einige Hoffnungen in Sharita. Sie steht in enger Verbindung zu Kelvo, auch wenn sie sich von ihm losgesagt hat. Es ist durchaus möglich, dass sie ihn irgendwie aufzuspüren vermag.«
Zamorra beobachtete, wie der Zwitter einige Worte mit Nicole und Hellstrom wechselte.
Sharita kam wie auf ein Stichwort hin zu Amos und ihm. »Diese Hoffnung kann ich zumindest teilweise erfüllen.«
Zamorras Augen verengten sich. »Du hast gehört, was wir gesagt haben?«
»Mein Gehörsinn funktioniert um einiges besser als der von Menschen«, erwiderte sie lapidar. »Das gilt übrigens für die meisten Spezies und Rassen, wenn ich richtig einschätze, wie schlecht eure Ohren funktionieren.«
Der Parapsychologe überging die Spitze. »Inwieweit kannst du uns helfen?«
»Damals, als ich mich notgedrungen mit Farga verbündete, nachdem sie -oder er, wie Sid Amos uns inzwischen erklärt hat - mir mein Leben schenkte und ich ihm versprach, ihm früher oder später die Spur zu Kelvo zu weisen, sammelte ich Informationen über meinen Herrn.«
Sie stieß einen Laut aus, der wie eine Mischung zwischen Lachen und einem von Ekel erfüllten Aufschrei klang, ehe sie verbesserte: »Über Kelvo. Ich stellte Fragen…«
***
»So viele Fragen, Sharita?« Der Oberste Sharide Sharigk zog seine Tentakel ein.
Sharita wusste, dass sie vorsichtig sein musste. Wenn in Sharigk der Verdacht entstand, dass sie spionierte, konnte diese Unterhaltung ein böses Ende nehmen. Andererseits - wie sollte er auf einen so abwegigen Gedanken kommen? Noch nie hatte ein Sharide seinen Herrn verraten… es war im Grunde genommen undenkbar; dass so etwas jemals geschah.
Und doch hatte Sharita es getan und tat es immer noch. Der Zweifel an ihrem Herrn und Schöpfer wuchs weiter; je mehr ihrer Artgenossen starben, ohne dass Kelvo sich um sie kümmerte und ihnen zu Hilfe kam. Die Begegnung mit der Schlangenfrau hatte lediglich die Frucht des Verrats zu Tage gebracht, die schon lange in ihr gewachsen war.
Sie hatte Farga gegenüber ein Versprechen abgelegt - irgendwann, wenn die rechte Zeit dafür gekommen war; würde die Schlangenfrau zurückkommen und Informationen fordern. Dann musste Sharita den Preis dafür zahlen, dass Farga sie nicht getötet hatte, als
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