0847 - Shango
Alpträume über das Erlebte, über das ich auch mit Suko noch nicht gesprochen hatte. Ich wollte es tun, wenn wir mit dem G-man zusammensaßen, so brauchte ich es nicht zweimal zu sagen.
»Was war denn los?« Suko ahnte, daß die Nacht nicht so verlaufen war wie normal. Ich vertröstete ihn auf später, was er auch kommentarlos hinnahm.
Abe Douglas saß bereits im Frühstücksraum, der durch gut verteilte Lampen hell erleuchtet war und im krassen Gegensatz zum Grau des neuen Tages stand. Es würde kein freundlicher Tag werden.
Abe ließ sich von einer großen Kanne Kaffee aufheitern, die er bestellt hatte. Nach der Begrüßung trank er die Tasse leer und sagte: »Es ist schon die dritte.«
»Brauchst du das Zeug?« fragte Suko.
Der G-man grinste schief. »Jemand hat mal gesagt, daß Kaffee die eigentliche Ehefrau eines Polizisten ist.« Er schaute in die Tasse. »Mal kann er gut sein, mal weniger gut, mal sanft, mal bitter. Eben wie eine Ehefrau, aber im Gegensatz zu ihr verläßt er den Bullen nicht. Viele Ehefrauen aber hauen ab. Sie können das Leben an der Seite eines Polizisten nicht ertragen. Sie müssen in ständiger Angst leben. Sie sehen ihren Mann kaum, sie bekommen Depressionen, und die Polizistenehen, die noch halten, bewegen sich auch im Kreis.«
»Wieso?« fragte ich.
»Weil eben die Frauen nur unter ihresgleichen verkehren und oft genug auch denselben Psychiater konsultieren. Sie treffen sich, sie reden zumeist über den Job ihrer Männer und bestätigen sich gegenseitig darin, wie beschissen er doch ist. Aber das ist in allen Metropolen das gleiche Leid. Ob du New York, L.A., Frisco oder Chicago nimmst. Wir sind immer unten an der Fahnenstange.« Er trank wieder einen Schluck, grinste dann und meinte: »Auch ein Grund, weshalb ich nicht verheiratet bin. Mir müßte es eigentlich gut gehen, was jedoch nicht der Fall ist, denn dieser Tag ist mir schon auf den Magen geschlagen.«
»Weshalb?« fragte Suko.
»Der Grund heißt Bing.«
Suko schaute zu, wie ich ihm und mir Kaffee einschenkte. »Hat er dich schon angerufen?«
Douglas nickte. »Vor einigen Minuten. Ich saß schon hier am Tisch, da meldete er sich. Er will, daß ich in zwei Stunden in seinem Büro erscheine, um einen Schlachtplan festzulegen. Bing will, daß kein drittes Opfer hinzukommt. Die Medien haben bereits Lunte gerochen. Sie wissen, was da ablaufen kann. Bald werden die ersten Schlagzeilen erscheinen, und Freund Bing wird deshalb keine gute Presse haben, denke ich mal.«
»Stimmt.«
»Das kann er nicht vertragen, Suko.«
Ich war zum Büfett gegangen und hatte mir Rührei mit Speckstreifen geholt. Als ich mich setzte, schaute mich Abe Douglas skeptisch an. »Du siehst aus, als hättest du die Nacht im Freudenhaus verbracht, wo du nicht zum Schuß gekommen bist.«
»Eher in einer Tiefgarage.«
»Oh, ist mal was Neues.«
Suko runzelte die Stirn. »Wo hast du gesteckt, John? Tatsächlich in einer Tiefgarage?«
Ich zeigte mit dem Daumen nach unten. »Ja, in diesem netten Hotel, ob ihr es glaubt oder nicht.«
»Dann laß mal hören.«
Ich berichtete, und sie vergaßen zunächst einmal, sich etwas vom Büfett zu holen.
»Das ist doch nicht wahr«, sagte Abe schließlich.
»Leider doch.«
»Dann haben wir es mit einem Menschen und gleichzeitig mit einem Schatten zu tun?«
»Richtig.«
Er stierte ins Leere. »Und wie sollen wir den fassen? Hast du schon mal über die Folgen nachgedacht, John? Weißt du, daß es für einen Schatten so gut wie keine Hindernisse gibt? Daß er überall hineinkommen kann. Daß er jeden Spalt durchdringt, jede Türritze, daß man ihn nicht hört, daß er absolut lautlos ist?«
»Richtig.«
»Und ihn müssen wir packen.«
»Sag das deinem Attorney.«
Abe lachte, stand auf, holte sich ebenfalls Eier vom Büfett, setzte sich wieder und lachte noch immer. Er schüttelte dabei den Kopf. Dann brach sein Lachen ab. »Wenn ich ihm das wirklich sage, weißt du, was er dann mit mir macht?«
»Nein!«
»Der wird mich einsperren lassen. Am liebsten in dem verdammten Bunker, wo Cabal hockt und ich keinen Schaden mehr anrichten kann. So und nicht anders wird es laufen.«
»Das ist der Punkt«, sagte Suko.
»Was denn?« Abe blickte hoch und schaute in das Gesicht des Inspektors, das dem eines Philosophen glich, der über ein weltbewegendes Problem nachdachte.
»Der Schatten ist ein Problem. Cabal und Shango sind das andere. Sie sind Brüder, denke ich.«
»Ja.«
»Und Shango will Cabal frei
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