0849 - Schattengesicht
worden. Dieser Zacharias ist in der Lage, sein Gesicht auch zu projizieren. Er muß wirklich außergewöhnliche Kräfte besitzen. Ich würde wer weiß was darum geben, um hinter sein Geheimnis zu kommen. Leider sind da noch zu viele Mauern vorgebaut worden. Aber die lassen sich durchbrechen, darauf könnt ihr euch verlassen.«
»Hoffentlich«, murmelte Jane.
Sehr optimistisch sah sie nicht aus. Ich setzte mich zu ihr aufs Bett und lächelte sie an. »Du siehst alles zu tragisch, Mädchen, glaub mir. Es ist ein Fall wie jeder andere, nur werde ich durch ihn begleitet.«
»Ja, das sieht man.«
Ich strich über ihr Haar, und sie lehnte ihren Kopf an meine Schulter. »John, ich habe Angst«, erklärte sie mit leiser Stimme, die im Hals kratzte. »Ich habe wirklich Angst davor, daß du einen bleibenden Schaden davontragen wirst.«
»Warum?«
»Das Gesicht in deiner Hand. Es kann erscheinen, wann immer es will. Es hat eine Kontrolle über dich erlangt. Es kann sich und auch dich manipulieren. Ich befürchte, daß es seine wahren Kräfte noch gar nicht ausgespielt hat. Es läßt dich noch im unklaren. Du wirst erleben, daß der dicke Hammer noch nachkommt.«
»Ja, kann sein.«
Diesmal traute sie sich, meine Hand zu umfassen. »Deshalb möchte ich dich bitten, nur vorsichtig zu sein. Dieser Zacharias scheint mir ein Gegner zu sein, den du nicht fassen kannst. Er sitzt in einem Felsen, und nur er kann bestimmen, wann er hinauswill und wen er hinausläßt. Du bist gegen ihn ein Nichts.«
»So schlimm sehe ich das nicht.«
»Aber ich. Wenn ich mich besser fühlen würde, wäre ich gern dabei. Kannst du nicht warten, bis ich…?«
»Nein, ich werde jetzt gehen.« Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, daß es ziemlich spät geworden war.
»Aber ich lasse von mir hören.«
Jane umarmte mich noch. Ihre Wangen waren wirklich heiß. Sie brannten wie im Fieber. Durch ihre Aktion hatte sie sehr viel Kraft verloren, aber ihr war auch ein Sieg gelungen, und das würde sie, so hoffte ich, wieder aufheitern.
Lady Sarah brachte mich bis zur Haustür. Auch sie teilte mir noch einmal ihre Sorge mit, und ich mußte ihr hoch und heilig versprechen, Suko mitzunehmen.
»Das hatte ich sowieso vorgehabt.«
»Dann sehen wir uns?«
»Klar, ich lasse von mir hören.«
»Wie wirst du aussehen?«
Ich küßte sie auf beide Wangen. »So wie immer, denke ich. Und auch ohne ein zweites Gesicht…«
***
Es hatte noch gedauert, bis es mir gelungen war, ins Bett zu gehen. Suko und Shao waren aus allen Wolken gefallen, als ich ihnen von diesem neuen Fall berichtet hatte. Sie konnten es kaum glauben, sie waren immer wieder damit beschäftigt, neue Fragen zu stellen, auf die sie keine richtigen Antworten bekommen konnten. Suko wollte natürlich mit. Allein hätte er mich auf keinen Fall fahren lassen, das erklärte er mir immer wieder.
Wir wollten uns am nächsten Morgen auf die Reise machen. Ich für meinen Teil war ziemlich müde und froh darüber, im eigenen Bett liegen zu können.
Nur fand ich keinen Schlaf.
Wie so oft lag ich auf dem Rücken, den Blick zur Decke gerichtet, die sich sehr schwach abzeichnete. Sie war wie ein grauer starrer Himmel, der allerdings nicht so blieb, denn ich hatte plötzlich den Eindruck, als wären Schatten dabei, über den »Himmel« zu segeln. Große, düstere Schatten, sehr wolkig, die sich dann aber zusammenzogen, als wollten sie ein Bild herstellen. Sie liefen, sie glitten, sie drangen aufeinander zu, sie berührten und vermengten sich, so daß immer neue Gebilde entstanden und ich den Eindruck bekam, einen Film zu sehen. Die Bilder waren großartig, sie paßten aber nicht zu der Decke, weil diese von den Ausmaßen regelrecht überrollt wurden.
Ich zwinkerte einige Male mit den Augen, weil ich mir das Bild nicht erklären konnte, dann strich ich über mein Gesicht, blickte wieder hoch, doch es war geblieben.
Keine Einbildung. Die Decke bewegte sich. Ich glaubte sogar, innerhalb der Schatten ein bestimmtes, Gesicht zu sehen, eben die dicke Fratze des Zacharias.
Grinsend schaute sie auf mich herab. Der böse Blick bannte mich, ich sah um das Gesicht herum die Bewegungen, und plötzlich entstanden daraus andere Gesichter.
Die Zwerge glotzten ebenfalls nieder. Zacharias hatte es wieder geschafft, sie in seinen Bann zu ziehen und sogar zu transportieren. Sie waren bei mir, sie schauten herab. Sie glotzten böse und hatten ihre Mäuler zu einem scharfen Grinsen verzogen.
War ich wach?
Es kam mir nicht so
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