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0851 - Der Kult der Shada-Gor

0851 - Der Kult der Shada-Gor

Titel: 0851 - Der Kult der Shada-Gor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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seiner Elitekrieger seilte sich nacheinander ab. Sobald sie den sicheren Grund des Vorsprungs erreicht hatten, klinkten sie sich aus, hoben ihre Sturmgewehre in den Anschlag und sicherten den Eingang.
    »Und jetzt Sie, Professor!«
    Mit einer einladenden Geste deutete Yee auf die Kabinentür. Vorsichtig näherte sich Zamorra der gähnenden Öffnung. Er musste sich festhalten, um von dem immer heftiger tobenden Wind nicht sofort hinausgerissen zu werden. Ein trotz der gefährlichen Situation völlig ungerührt wirkender Soldat griff nach dem Seil, das die Winde wieder heraufgezogen hatte, und befestigte es an Zamorras Gürtel. Der Dämonenjäger überprüfte die Sicherung selbst noch einmal, lächelte aufmunternd Nicole zu und sprang.
    Der freie Fall dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, bevor das Seil griff und ihn mit einem atemberaubenden Tempo abwärts beförderte. Zamorra konzentrierte sich auf den winzigen-Vorsprung und versuchte, die lauernde Tiefe unter sich zu ignorieren. Der eisige Wind schüttelte ihn hin und her, und für einen Moment sah es so aus, als würde er den Vorsprung verfehlen, doch dann ergriffen ihn feste Hände und zogen ihn auf den rettenden Fels.
    Nur einen halben Meter neben ihm gähnte der Abgrund wie ein gieriger Schlund. Unwillkürlich schoss Zamorra ein berühmtes Nietzsche-Zitat durch den Kopf. Wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein. Jede Art von Todessehnsucht war dem Parapsychologen fremd, doch in diesem Moment spürte er überdeutlich den Sog, den die Tiefe auf ihn ausübte. Schnell klinkte sich Zamorra aus und entfernte sich einen guten Meter von der Kante. Sofort richteten zwei Soldaten ihre Waffen auf ihn, um sicherzustellen, dass der Dämonenjäger keinen Alleingang unternahm. Doch Zamorra dachte gar nicht daran, unüberlegt vorzupreschen. Ein weiterer Nietzsche-Satz fiel ihm ein. Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Besser konnte man die Gefahr, die vom Shada-Gor-Kult ausging, kaum beschreiben. Zamorra verfügte nur über sehr schwache telepathische Kräfte, aber er konnte die bösartige Ausstrahlung dessen, was in der Höhle auf sie wartete, fast körperlich spüren.
    Dies ist kein Ort, an dem Menschen sein sollten. Aber sie waren nun einmal hier und konnten nicht mehr zurück. Sofort konzentrierte sich Zamorra wieder auf das Hier und Jetzt, als auch Nicole aus dem Hubschrauber abgeseilt wurde. Sobald sie sicher auf dem Vorsprung angekommen war, schloss er sie in seine Arme. »Wir machen gerade einen Riesenfehler, Chef«, flüsterte Nicole, den Bück starr auf den dunklen Höhleneingang gerichtet. »An diesem Ort regiert das absolute Böse.«
    »Ich weiß. Hoffen wir, dass die Amulette halten, was sie versprechen.«
    Yee war der Letzte, der sich herabließ. Sobald er das Seil aus seiner Halterung gelöst hatte, drehte der Helikopter ab und flog Richtung Westen.
    »Was soll das, Yee?«, schrie Zamorra.
    »Er muss auftanken, wir haben hier in der Nähe eine Basis.«
    »Und wenn wir plötzlich fliehen müssen?«
    »Dann haben wir wohl Pech gehabt, Professor. Aber dafür haben wir ja Sie, damit uns das nicht passiert.«
    »Sie sind wahnsinnig! Wir haben keine Ahnung, was uns da drinnen erwartet.«
    »Dann sollten wir es so schnell wie möglich herausfinden, oder?«
    »Fein«, murmelte Zamorra. »Dann geben Sie uns wenigstens unsere Waffen zurück.«
    »Damit Sie uns gleich damit erledigen? Keine Chance, Zamorra.«
    Der Parapsychologe hatte mit nichts anderem gerechnet. Er wollte sich gerade mit Nicole dem dunklen Höhleneingang zuwenden, als Yee sie zurückhielt. »Da ist noch etwas. Mademoiselle Duval, das Amulett, das Ihnen dieser wirre alte Mann in Lhasa gegeben hat - geben Sie es mir!«
    »Haben Sie etwa doch Angst, Oberst?« Für einen Moment sah Zamorra Unsicherheit im Blick seines Gegenübers aufblitzen, dann hatte sich Yee wieder unter Kontrolle.
    »Sicher ist; sicher. Mademoiselle, wenn ich bitten darf?«
    »Nehmen Sie meins«, sagte Zamorra schnell und händigte ihm den magischen Stein aus. Mit etwas Glück schützte ihn Merlins Stern ebenso gut vor dem Einfluss des Bösen, und es konnte auch nicht in ihrem Interesse sein, wenn sich der chinesische Offizier in der Höhle in eine reißende Bestie verwandelte.
    Yee zögerte einen Moment. Offenbar hielt er Nicole für verzichtbarer als Zamorra. Doch dann nickte er. »Also gut.«
    Hastig zog sich der Oberst die Kette über den Hals und

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