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0851 - Wir jagten das bleiche Gesicht

0851 - Wir jagten das bleiche Gesicht

Titel: 0851 - Wir jagten das bleiche Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Körper, zum anderen der Kopf. Zwei verkleinerte Kugeln, obwohl noch immer dieselben Proportionen bestanden wie früher. Aber wie schrecklich hatte sich diese Berta Sahler verändert.
    Sie war um die Hälfte geschrumpft, ihr Kopf erinnerte irgendwo wie an eine zu groß geratene Kartoffel, in dem die dunklen Augenhöhlen wie ausgeschält wirkten. In ihr schimmerten die Pupillen, als wären sie glänzende Wassertropfen, und der Mund erinnerte den Betrachter an eine zittrig verlaufende Kerbe innerhalb dieser Haut, für die der Ausdruck Pelle wohl am besten paßte. Den Körper konnte er nicht erkennen, dafür den Hals, der ebenfalls sehr faltig aussah.
    Jedenfalls war die Kleidung im Verhältnis zum Körper viel zu groß, sie hing an ihr wie ein großer Sack, und aus dem grauen Strickpullover war ein langes Kleid geworden, das Berta über die Knie gezogen hatte. Das Haar lag noch immer glatt auf dem Kopf, nur verteilte es sich jetzt in mehreren Strähnen.
    Sie sagte nichts mehr, sie glotzte nur starr. Langsam, sehr langsam zeigte der Mund ein Lächeln.
    »Willkommen, mein Söhnchen…«
    Fink holte durch den offenen Mund Luft. Ihm lagen zahlreiche Fragen auf der Zunge, doch keine brachte er hervor. Dieser Anblick hatte ihn zu stark geschockt.
    »Hat man dich auch gerufen? Will man ebenfalls mit dir abrechnen, Söhnchen?«
    Er hob die Schultern.
    Berta streckte ihm einen Arm entgegen, und er sah ihre kleinen, knolligen Finger. »Lüg nicht, Söhnchen, man hat auch dir Bescheid gesagt, und du bist gekommen. Das schlechte Gewissen hat dich hergetrieben, aber auch die Neugierde. Wie bei mir.«
    Er dachte an die Stimme. Sie hatte hoch, schrill und gleichzeitig fatal geklungen. Sie hatte ihm den Weg gewiesen, und er fragte sich, ob auch Berta von dieser Stimme hergeschickt worden war. Von einer Frau, die längst tot war und einmal auf den Namen Rita Reinold gehört hatte. Das alles war für ihn nicht nachvollziehbar. Er fragte sich noch heute, aus welchem Grund er diesem Befehl überhaupt gefolgt war, aber Berta hatte es ja auch getan.
    Er nickte.
    Berta freute sich darüber und klatschte in die Hände. »Wunderbar, Söhnchen, wunderbar, daß nicht nur mir dies passiert ist. Wir kommen wieder hier zusammen, nicht alle, denke ich, aber diejenigen, die damals das Sagen gehabt haben.«
    Albert Fink wollte es kaum glauben, er fragt trotzdem nach. »Hast du sie gesehen?«
    »Nein.«
    »Dann sind sie noch nicht da.«
    »Doch, ich habe sie gehört.«
    »Wo denn?«
    Sie spitzte die Lippen, und die Haut darüber sackte so weit ab, daß der Mund kaum noch zu sehen war. »Unten, Söhnchen. Unten im Bunker, wo sich unser Lieblingsort befand. Da hocken sie zusammen. Keiner traut sich weg. Ich bin gegangen, denn ich wußte, daß noch jemand kommen würde.«
    Fink hob die Schultern. »Okay, ich muß dir glauben, auch wenn es mir schwerfällt. Ich habe nur keine Autos in der Nähe gesehen. Sie sind wohl zu Fuß gekommen – oder?«
    »Das weiß ich nicht.«
    Er hatte die Pistole wieder weggesteckt. »Kann ich sie… kann ich sie sehen?«
    »Immer doch. Den Weg kennst du ja. Es ist derselbe geblieben, den du schon immer gegangen bist.«
    »Also in den Bunker?«
    »Genau.«
    Er wollte sich eigentlich abwenden, was er jedoch nicht fertigbrachte, denn ihm brannte eine Frage auf der Zunge. »Ich… ich … sehe dich an, und du weißt selbst, daß du nicht mehr so aussiehst wie früher. Was ist mit dir passiert?«
    Sie legte den Kopf zurück. Es sah so aus, als wollte sie ihn wegschleudern. »Was passiert ist, willst du wissen? Ich kann es dir sagen. Man hat uns erwartet…«
    »Sie?« unterbrach Fink die Frau.
    »Wen meinst du?«
    »Diese… diese …«
    »Wenn du an Rita Reinold denkst, Söhnchen, dann muß ich dir recht geben. Ich habe diese verdammte Frau gesehen.«
    Wieder schloß Fink für einen Moment die Augen. Er dachte an den Anruf. Er hatte die Stimme nur verändert gehört und war noch immer nicht in der Lage, dieses Erlebnis zu verkraften. Berta aber hatte sie gesehen. Eine Tote gesehen, einen weiblichen Zombie, eine lebende Tote, wie man sie nur aus Filmen kannte. Fink hatte sich Horror-Filme geliehen und die Kassetten in seinen Recorder gelegt.
    Nie hätte er gedacht, daß ihm so etwas in Wirklichkeit widerfahren könnte. An den Scheußlichkeiten gewisser Filme hatte er sich regelrecht aufgegeilt, nun aber war er ins Schwitzen geraten und spürte tief in sich eine kalte, beklemmende Angst.
    »Du bist so still, Söhnchen«, höhnte

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