0857 - Amoklauf der Werwölfe
um dem sie jetzt wieder anspringenden Monster auszuweichen, und fing die Strahlwaffe mit der linken Hand richtig auf. Einen Daumendruck löste die Sicherheitssperre, und sie schoss aus der Drehbewegung heraus.
Wohin sie die Mündung richten musste, wusste sie auch ohne lange zu zielen. Der Projektionsdorn in der leicht trichterförmigen Mündung glühte auf, und der blassrote Laserfinger durchschlug die Stirn des Wolfes, drang am Hinterkopf wieder heraus.
Fassungslos starrte das Monster Nicole an.
»Adieu, loup garou«, sagte sie kalt und schoss noch zweimal. Die Nadelstrahlen schnitten den Schädel des Wolfsmenschen geradezu auseinander.
Für ein paar Sekunden stand er noch aufrecht. Sein Maul klaffte auf, als wolle er etwas sagen, aber er blieb stumm. Dann brach er zusammen. Genau neben Lucille Deveraux, die vor Angst und Entsetzen schrie, schrie, schrie…
***
Zamorra rannte heran. Die P99 hatte er wieder ins Holster zurückgesteckt. Er sah den am Boden liegenden Werwolf, der keinen besonders schönen Eindruck machte. Im Gegenteil…
Er griff nach Nicole, zog sie an sich und gab ihr einen Kuss. Sie löste sich von selbst wieder aus seiner Umarmung und hockte sich neben Lucille, die vor der Werwolf leiche kauerte. Nicoles linke Hand strich durch ihr Haar. Lucilles Schreie wurden zu einem verhaltenen Stöhnen. Sie presste die Hände vors Gesicht, hielt sich die Augen zu.
»Es ist vorbei«, sagte Nicole. »Es ist alles in Ordnung, Lucille. Du bist in Sicherheit. Er wird dir niemals mehr etwas tun können.«
Sie sprach langsam, mit beruhigendem Unterton, und streichelte das Mädchen. Lucille verstummte.
»Setz dich ins Auto, willst du?«
Lucille schüttelte stumm den Kopf. Sie richtete sich langsam auf und wandte sich ab, um den Werwolf nicht mehr sehen zu müssen. Nach kurzem Zögern setzte sie sich doch auf die Rückbank des Wagens.
»Was ist mit deinem rechten Arm, Nici?«, fragte Zamorra.
»Der wird bald wieder«, sagte sie. »Eine leichte Lähmung, mehr nicht. Hast du die anderen erwischt?«
»Leider nicht. Die sind weg, und es wird wenig Sinn haben, sie zu verfolgen. Sie können längst überall in Charbonnières les Bains sein. Und sie sind immerhin wenigstens zu viert.«
»Nicht gerade gut«, sagte Nicole. »Himmel nein, ich muss unbedingt etwas trinken, damit ich diesen Geschmack loswerde. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal einen Werwolf beißen würde.«
Zamorra schluckte. Er öffnete die Beifahrertür und nahm die Wasserflasche heraus, die noch aus dem Präsidium stammte. Er schraubte sie auf und gab sie Nicole, die versuchte, mit der rechten Hand danach zu greifen, dann aber doch die linke nahm.
Sie spülte ihren Mund aus, spie das Wasser auf den Gehweg und trank dann gleich die halbe Flasche leer.
»Was mich wundert, ist, dass niemand in der Nähe war und ist, und dass sich auch niemand am Fenster zeigt.« Zamorra sah an den Häuserfassaden entlang. »Nicht mal Lucilles Geschrei hat jemanden angelockt. Sind die alle tot hier, oder liegt ein Bann über der Straße?«
»Ich kann nichts spüren«, sagte Nicole. »Du hast recht, es ist schon verwunderlich. Nicht mal der Geistliche zeigt sich.«
Als wäre das eine Beschwörung gewesen, tauchte am Straßenende ein Streifenwagen mit flackerndem Blaulicht auf. Der Wagen stoppte hinter dem Peugeot, und die beiden Insassen stiegen aus - mit gezogenen Waffen, welche sie auf die drei Menschen richteten.
»Darf ich in meine Jackentasche greifen, ohne dass Sie auf mich schießen?«, fragte Zamorra.
»Aber ganz vorsichtig, Monsieur!«
Zamorra holte die Legitimation mit Robins Unterschrift hervor. »Scheint echt zu sein«, meinte der Beamte, der sie entgegennahm und las. »Aber ich frage trotzdem mal nach.«
»Hat Sie jemand gerufen?«, fragte Zamorra den anderen. »Oder sind Sie eher zufällig hier?«
»Jemand hat den Notruf gewählt, und wir wurden hergeschickt.« Er wies auf den Leichnam. »Wer ist das? Oder besser: Was ist das?«
»Ein Toter«, sagte Zamorra. Er hatte keine Lust, eingehend darüber zu diskutieren. »Sieht seltsam aus, nicht wahr? Wie ein Wolfsmensch.«
»So was gibt es?«
Zamorra zuckte mit den Schultern.
»Keine Ahnung«, schwindelte er. »Er griff das Mädchen an, das bei uns im Wagen sitzt. Lucille Deveraux. Ich schätze, sie steht unter Schock. Jemand sollte sich um sie kümmern, und vor allem muss die Leiche von der Straße. Wir informieren Robin und die Gerichtsmedizin. Sorgen Sie bitte dafür, dass keine
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