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0857 - Die Schnitterin

0857 - Die Schnitterin

Titel: 0857 - Die Schnitterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ebenso wie einen normalen Ausweis.
    Dieser Thornton Brundage hatte ein unauffälliges Leben geführt.
    Nichts wies auf seine eigentliche Existenz hin, denn ich entdeckte in der Brieftasche zwar einige Geldscheine, aber andere Dinge leider nicht. Kein Hinweis auf irgendwelche Personen, die noch auf seiner Mordliste standen. Dafür zwei Kreditkarten, auch eine Telefonkarte, die zusammengefaltete Rechnung eines Restaurants und die Chipkarte für die Krankenversicherung.
    Dr. Brandon schaute mich an. »Zufrieden?« fragte sie.
    Ich schüttelte den Kopf, stülpte die Brieftasche noch einmal um, aber es fiel leider nichts heraus.
    »Was hatten Sie denn gehofft, bei ihm zu finden?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Nur auf Verdacht suchen Sie?«
    »Ich wollte Spuren finden, die auf einen anderen Fall hindeuten. Es haben sich da Zusammenhänge ergeben, auf die wir unsere Hoffnungen gesetzt haben. Dem ist aber leider nicht so.«
    »Das ist Pech.« Sie schaute zur Plane hin. »Oder sollen wir die Kleidung noch auftrennen lassen?«
    »Nein, das ist wohl nicht nötig.«
    »Aber die Leiche möchten Sie sich noch anschauen, denke ich.«
    »Nachdem ich zusammengepackt habe, schon.«
    »Okay.«
    Ich verstaute die Sachen wieder in dem Plastikbeutel und brachte ihn auch wieder zu seinem Platz im Regal. Die Brieftasche und den Schlüssel hatte ich eingesteckt und dafür eine Quittung unterschrieben. Es mußte ja alles seine Ordnung haben.
    »Können wir, John?«
    Ich nickte.
    Die Ärztin zog das Rollo wieder hoch, so daß ich schon einen Blick in die Welt werfen konnte, die wir gleich betreten würden.
    »Wie gesagt, John«, sagte Eve beim Öffnen der Tür. »Der Tote sieht eben aus wie ein Unfallopfer und nicht, als wäre er frisch geschminkt worden.«
    »Ich weiß.«
    Sie lächelte mir noch einmal zu und ging vor. Trotz meiner forschen Antwort rumorte in mir das mulmige Gefühl. Ich mochte diese Leichenhäuser nicht, in denen der Tod mit all seinem Schrecken vertreten war, als wäre er hier eingefroren. Ärzte mußten diese Abteilung oft genug durchlaufen. Sicherlich gewöhnte man sich an den Job, aber das war einfach nichts für mich.
    Die Temperatur war kalt, das Licht ebenfalls, und daß einer der Ärzte an einer Pfeife nuckelte und dabei noch in ein kleines Aufnahmegerät sprach, glich schon einem Kunststück. Er schaute nur kurz hoch, als wir den Raum betraten. Der andere Kollege ließ sich bei seiner Arbeit nicht stören. Er säbelte am Kopf einer Leiche herum. In der Auffangrinne des Tisches schimmerte ein roter Streifen.
    Dr. Eve Brandon führte mich dorthin, wo die Fächer in der Kachelwand angebracht worden waren. Das erinnerte mich wieder an das Haus des Bildhauers, wo ich ebenfalls eine Leichenhalle erlebt hatte, nur eine größere und zweckentfremdet.
    Hier lief alles seinen normalen Gang. Die Fächer hatten Griffe, sie mußten nur aufgezogen werden, und auf den Schienen rollten die Bahren heraus.
    Wie auch die mit der Nummer fünf.
    Ich war zur Seite getreten, um nicht von der Rückseite getroffen zu werden. Kalte Luft strömte mir entgegen, zusammen mit der Bahre, die durch seinen Hebel gestoppt wurde.
    Der Tote war abgedeckt worden, und die Ärztin legte eine Hand in Schulterhöhe auf das Laken. Sie zog es noch nicht zur Seite. »Wie gesagt, John, der Anblick ist nicht…«
    »Ich habe ihn schon im Wagen gesehen.«
    »Gut.« Mit einer gekonnten und auch oft geübten Bewegung zog sie das Laken in die Höhe.
    Ich hatte einen freien Blick.
    Vor mir lag ein Bündel Mensch!
    Ich schloß für einen Moment die Augen. Es hatte sich schon unter dem Laken abgezeichnet, doch nun, wo ich direkt mit dem Anblick konfrontiert wurde, kriege ich einen Schock. Der Aufprall hatte den Mann kleiner werden lassen. Ich schaute mir trotzdem das Gesicht an. Da war einiges zu Bruch gegangen und zersplittert. Zudem war das Blut aus zahlreichen Wunden gedrungen und hatte die Haut auf makabre Art und Weise gezeichnet.
    Über weitere Einzelheiten möchte ich mich ausschweigen, aber ich ließ nicht locker und bat die Ärztin, die Decke vollends zur Seite zu streifen.
    Sie tat es, wobei ihr Gesicht unbewegt blieb.
    Dann tat ich etwas, was sie verwunderte. Ich holte mein Kreuz hervor und berührte damit eine Stelle am Kopf dieses Toten. Weder das Kreuz noch die Leiche zeigten eine Reaktion. Dieser Mensch war tatsächlich tot. Er hatte sich nicht retten können, auch wenn er zu den Wesenheiten der Engel hintendiert hatte.
    Irgendwie war ich sogar froh

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