0858 - Horror-Teenie
Sie mußte einfach lachen. Und sie wußte, daß dieses Lachen den Anrufer wütend machte. Malice war so sauer, daß er die Verbindung unterbrach, und auch die auf der Couch liegende Mandy legte den Hörer auf.
Sie lachte. Dabei stand ihr Mund offen, und dennoch drang kein zu lautes Lachen aus ihrem Mund.
Es war eher leise und kichernd, und es schwang ein Triumph darin mit.
Mandy Friedman freute sich. Sie hatte die Angst dieses Großmauls durchaus herausgehört. Er war verunsichert. Malice wußte nicht, was er noch unternehmen sollte. Er hatte zwei Typen aus seiner Bande verloren, und er war kein Dummkopf. Er konnte sich vorstellen, daß diesen zweien andere folgten. Das alles kam bei ihm zusammen. Er war zwar brutal, aber kein Supermann. Er wußte genau, wie die Dinge verteilt lagen. Malice konnte sich leicht ausrechnen, daß seine Autorität untergraben wurde, wenn noch mehr Mitglieder der Kanal-Ratten starben. Dann wußte jeder, daß Malice nicht mehr in der Lage war, den eigenen Leuten Sicherheit zu bieten, dann fiel die Bande auseinander.
Es lief nicht schlecht.
Mandy Friedman drehte sich geschmeidig um und stand auf. Vergessen waren die letzten Stunden und Tage. Eine neue Herausforderung stand bevor.
Fetzen der Erinnerung huschten durch ihren Kopf. Sie roch plötzlich das Blut, sie hörte die Schreie und das Keuchen der Sterbenden. In ihr beinahe noch kindhaftes Gesicht trat ein böser Zug, und die Augen sahen aus wie kalte, grüne Diamanten.
Auch wenn Malice über seinen eigenen Schatten gesprungen war und die Bullen eingeschaltet hatte, sie kümmerte es nicht. Die Nacht gehörte ihr und nicht den Bullen. Sie würde in der Nähe bleiben, man würde sie weder sehen noch hören, denn Katzen waren immer lautlos. Und sie würde die Nacht zu einer der schlimmsten machen, die London je erlebt hatte, das stand fest.
Mit diesem Gedanken verließ Mandy Friedman ihre Wohnung. Und niemand sah sie verschwinden…
***
Wir hatten eine Kneipe gefunden, in der Suko und ich, wären wir allein gewesen, sicherlich Ärger bekommen hätten, aber Fitty Jones war hier bekannt. Man akzeptierte ihn als »Bullen«, auch wenn man ihn nicht gerade wie einen Freund begrüßte.
Am Tresen und an den kleinen Tischen waren schon einige Jahrzehnte Zuchthaus versammelt, und was sich da an Frauen aufhielt, zählte nicht eben zu den Klosterschülerinnen.
Fitty hatte es spannend gemacht und uns den Grund des Besuchs nicht genannt. Er hatte sehr geheimnisvoll getan. Auch jetzt, als wir in einer Qualmwolke vor der Theke standen, ließ er sich zu keiner Erklärung herab. Einige Gäste rückten etwas ab. Sie rochen, daß wir zur anderen Seite gehörten, und ein als Frau verkleideter Mann kicherte wie ein Teenager.
Der Wirt kam. Er trug ein kragenloses, weißes Hemd und einen Schlapphut auf dem Kopf. Sein Gesicht zeigte Bartstoppeln, die kleinen Augen blickten wäßrig, und im linken Mundwinkel verqualmte eine dünne Zigarette.
»Ist er da?«
»Er wartet hinten.«
»Gut. Keine Störung.«
»Geht in Ordnung, aber macht auch ihr keinen Mist.«
»Darauf kannst du dich verlassen.«
Fitty nickte uns zu, als er sich wegdrehte. Die Tür des Hinterzimmers öffnete uns der Wirt persönlich. Wir betraten eine Kammer, in der ein Tisch und mehrere Stühle standen. Ein Fenster gab es auch. Die Scheibe zeigte einen Sprung, und das Licht einer schmutzigen Lampe fiel gegen einen Mann, der am Tisch hockte und sich an einer Falsche Brandy festhielt. Er sah wild aus, als wäre er soeben einem Film entstiegen. Lange, schwarze, strähnige Haare umrahmten ein schmales Gesicht mit hageren Zügen. Der Mann trug Lederkleidung und hatte bei der Jacke auf Ärmel verzichtet. Sie war mehr eine Weste. Wahrscheinlich wollte sich der Knabe immer seine Tätowierungen anschauen, die sich von den Handgelenken bis zu den Oberarmen hinzogen. Die Motive waren mit Schwertern, und anderen Waffen kämpfende Muskelmänner, die archaisch und martialisch aussahen.
Ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, als Fitty Jones den Mann mit seinem Namen ansprach.
»Hi, Conan.«
Auch Suko schaute für einen Moment überrascht. Wir bekamen aber die geflüsterte Erklärung. »Er ist ein unheimlicher Conan-Fan. Ihr wißt schon, damals, als Arnold Schwarzenegger die Figur berühmt gemacht hat. Unser Freund hat sogar den Namen Conan angenommen. Wie er richtig heißt, weiß er wohl selbst nicht mehr. Nehmt euch Stühle.«
Das taten wir, dann setzten wir uns zu Conan an den Tisch. Der
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