0858 - Horror-Teenie
nichts.
Der Blick nach links.
Die Spitzen der Gräser schienen ihr zuzuwinken, und über den Halmen ebenso wie zwischen ihnen bewegte sich ein Schatten geradewegs auf sie zu.
Ja, so mußte es sein!
Mandy stöhnte vor Wonne auf. Ihre Finger kämmten das Gras.
Der Schatten wanderte.
Es war groß und dunkel. Sah beim ersten Hinsehen aus wie ein gewaltiges Untier, das seine Höhle verlassen hatte, um sich auf die Beute zu stürzen.
Eine Beute, die sie war!
Aber sie war es gern, denn sie lechzte danach, Beute zu sein. Mandy schaffte es nicht, die Starre in ihrem Körper zu halten. Sie bewegte sich unruhig von einer Seite auf die andere, als wollte sie jetzt schon die Vorfreude auf das Kommende genießen.
Der Schatten ließ sich Zeit, aber er wuchs!
Er nahm Gestalt an.
Er war lang, hatte einen breiten Kopf, von dem die Ohren abstanden. Er wirkte wie der Umriß eines Tigers, dieser von anderen Tieren unbesiegbaren Raubkatze, und so unbesiegbar wie der Tiger im Dschungel oder der Steppe wollte auch sie werden.
Es würde klappen.
Die Sehnsucht fraß sie auf. Mandys Lippen zitterten. Worte flossen abgehackt und keuchend hervor.
»Komm… komm… komm zu mir…«
Es raschelte.
Diesmal ganz in ihrer Nähe. Sogar sehr nahe, zum Greifen nahe. Sie mußte einfach sehen.
Links.
Mandy drehte den Kopf.
Und sah die Katze!
***
Beinahe hätte sie vor Freude geschrieen, und sie schrie auch, aber es war kein normaler Schrei. Es war ein Schrei oder ein Triumph, den sie nach innen richtete. Sie jubelte, daß das Tier gekommen war. Es hatte sie nicht im Stich gelassen, es stand in Höhe ihrer Schulter, hielt den Kopf vorgestreckt, so daß dieses Katzengesicht direkt über dem ihren schwebte und sie geradewegs in die Augen schaute, die so facettenreich waren. Sie schimmerten in Grün, in Blau, in Türkis.
Diese Augen waren es, die Mandy faszinierten und auch hypnotisierten. Sie zogen sie in ihren Bann.
So stark, daß alles um sie herum verschwamm. Das Gesicht, die Ohren, auch das halbgeöffnete Maul der Katze. Nur die Augen blieben und damit die Botschaft aus einer lange zurückliegenden und fernen Zeit.
Mandy fühlte sich wohl, als sie eintauchte in dieses gleichzeitige Vergessen und Erinnern. Während des Blicks schwamm sie weg, sie wurde körperlos und schwebte wie eine Feder in dem Sammelsurium ihrer Erinnerungen. Ihre Umwelt nahm sie nicht mehr wahr. Sie merkte auch nicht, wie sich die Katze bewegte und geschmeidig auf den nackten Körper der Frau kletterte. Der Körper des Menschen wurde für die schwarze Katze zu einem Laufsteg, auf dem sie einherschritt. Sie hatte den Kopf nach vorn gedrückt, sie rieb ihn an der Haut, und das weiche Fell streichelte die Nackte, deren Atemzüge schon einem Stöhnen glichen.
Über Mensch und Tier schwebte der Mond. Er glotzte wie ein bleiches Auge nach unten. Sein silbriger Schein huschte über das Fell des Tieres hinweg. Aus dem Maul drang die Zunge hervor, der schwarze Körper drehte sich, dann leckte die Zungenspitze der Katze über das Kinn der Liegenden hinweg.
Mandy Friedman genoß diesen Kontakt. Es war herrlich für sie, ihn erleben zu dürfen. Die Katze sorgte dafür, daß sie sich so unwahrscheinlich wohl fühlte. Mandy blieb auch nicht auf einer Stelle liegen. Je mehr Zeit verstrich, um so stärker zeigte sich ihre innere Erregung. Sie wälzte sich im Gras herum und stöhnte dabei. Die Katze knurrte und fauchte auch leise, und sehr bald schon unterschieden sich die Geräusche zwischen Mensch und Tier kaum noch voneinander.
Das Gras war wie eine Decke. Ein wunderbarer Schutz, zu dem sich noch das Mondlicht gesellte.
Eine wunderbare Zeit lag vor Mensch und Tier. Die herrliche Wiese hielt sie umfangen. Die andere Welt war vorhanden. Sie sorgte dafür, daß Mensch und Tier gemeinsame Erinnerungen erlebten, und bei Mandy waren es eben die alten Bilder aus vergangenen Zeiten, die immer wieder so plastisch in der Erinnerung hochstiegen, daß sie den Eindruck hatte, selbst zu einem Teil der Vergangenheit geworden zu sein. Sie spürte die Kraft der Katze sehr deutlich, und dieser Strom übertrug sich auch auf sie.
Mensch und Tier gingen auf dieser nächtlichen und vom Mondlicht beschienenen Lichtung eine seltsame Vereinigung ein. Sie kamen einander in einer unbeschreiblichen Liebe und Verbundenheit näher. Sie schlossen einen Pakt, ohne miteinander gesprochen zu haben, denn auf einer anderen Ebene kommunizierten sie wunderbar miteinander.
Wie lange Mandy Friedman keuchend
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