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0858 - Missgeburt

0858 - Missgeburt

Titel: 0858 - Missgeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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Frage zu stellen. Natürlich ging es dem Zwitter nicht darum, einen Affen auszusaugen.
    Er plante, die Lebensenergie eines ihm ähnlichen Wesens zu rauben. Diejenige von Johannes, dem auserwählten Unsterblichen der Quelle des Lebens.
    Oder - Zamorra fühlte, wie Kälte in ihm emporstieg - seine eigene Lebensenergie.
    »Du hast es also verstanden«, sagte der Zwitter.
    »Nicht ganz«, widersprach der Parapsychologe. »Was würde es dir bringen, Johannes…« Er räusperte sich.
    »Ihn auszusaugen? Nicht viel, wenn man es von einer direkten Warte aus betrachtet. Und genau darin liegt das Problem. Ich habe bereits Unsterblichkeit, sogar aus zwei Ursprüngen genährt; von Torre Gerret und von Andrew Millings. Übrigens auch vom Langka. Das kleine Ding birgt eine Menge Geheimnisse, von denen selbst ich bislang nur die Oberfläche erkannt habe.«
    »Warum tust du es also?«, fragte Nicole.
    »Weil es mir nicht um die Lebenskraft an sich geht, sondern um die damit verbundene geistige Stärke und Gesundheit. Ich bin krank, weil sich die Kräfte in mir bekriegen. Die Lösung liegt darin, so paradox es im ersten Moment erscheint, noch mehr Kraft zu bekommen. Krankheit bedeutet Schwäche, und Kraft bedeutet Stärke. Schwäche bekämpft man mit Stärke.«
    Der Meister des Übersinnlichen atmete geräuschvoll aus. »Dein ganzes Tun basiert auf dieser Annahme?«
    »Es würde zu weit führen, euch alles zu erklären. Aber ja, so ist es. Ich habe diese theoretische Annahme in einigen Experimenten erhärtet. Deshalb die Tierversuche. Ich habe den… Unfall, oder Plan, der zu meiner Geburt führte, simuliert. Die besonderen Bedingungen wiederholt.«
    Zamorras Herz begann schneller zu schlagen. »Du hast Tiere miteinander verschmolzen?«
    »Mit Erfolg«, bestätigte der Zwitter die makabre Annahme. »Ich gab den Versuchsobjekten dazu einen Teil meiner Kraft. Das war nötig, denn das Langka in mir musste als Katalysator des Verschmelzungsprozesses wirken. Ohne das wäre es mir nicht möglich gewesen. Deshalb führte jeder Versuch dazu, dass ich schwächer und schwächer wurde. Mein Zerfall beschleunigte sich, obwohl ich Ruhepausen einlegte. Jetzt ist ein Prozess in Gang gesetzt worden, den ich nicht mehr stoppen kann. Alles hat sich verselbstständigt. Obwohl ich keine Versuchsreihen mehr durchführe, schwindet meine Kraft weiterhin.«
    »Du verlierst stetig Energie?«
    Der Zwitter nickte. »Deshalb werde ich schon bald sterben, wenn der Prozess nicht gestoppt wird. Aber ich gebe mich damit nicht zufrieden, einen alten Status Quo wiederherzustellen. Ich will mehr. Ich will geheilt werden.«
    »Gib Johannes frei!«, verlangte Nicole. »Zusammen werden wir eine Lösung finden.«
    »Ich sagte es schon, Nicole. Es ist müßig, diese Forderung zu stellen. Ihr würdet meinen Weg nicht freiwillig begleiten, wenn ihr erst die ganze Wahrheit kennt. Es stehen noch zwei Dinge aus, die ihr nicht wisst. Oder drei, um genau zu sein. Erstens werde ich nur dadurch geheilt werden können, dass Johannes mir seine Lebenskraft gibt, was seinen Tod bedeutet.«
    »Das werde ich unter keinen Umständen zulassen«, stellte Zamorra klar. »Wenn du versuchst, ihn umzubringen, werde ich dich töten.«
    »Zweitens«, fuhr der Zwitter ungerührt fort, »gibt es nur eine Möglichkeit, Johannes' Tod zu verhindern, und das ist diejenige, dass Zamorra sich freiwillig zur Verfügung stellt und sein Leben an seiner Stelle opfert.«
    Nicole wurde bleich. »Das ist nicht dein Ernst!«
    »Und drittens habe ich in Château Montagne besonders viel Lebenskraft gelassen, um eine alte Schuld zu begleichen. Ihr werdet nicht verstehen, warum ich es getan habe, deshalb versuche ich gar nicht erst, es euch zu erklären.«
    »Wovon redest du?« Diesmal konnte Zamorra nicht folgen.
    »Ich gehe sie holen.«
    »Sie holen?«
    Der Zwitter entmaterialisierte und kehrte sogleich zurück. Aber er war nicht mehr allein. Neben ihm stand eine schreckliche Gestalt, die Ekel erregenden Gestank verbreitete.
    Bei dem makabren Anblick des halb verwesten menschlichen Zombies verschlug es Zamorra vor Grauen die Sprache.
    Jetzt wusste er, was der Zwitter gemeint hatte, als er sagte, er müsse eine alte Schuld begleichen. Er war schon immer der Meinung gewesen, es sei seine Schuld gewesen, dass Diana Cunningham gestorben war.
    Deshalb hatte er sie zurück ins Leben geholt.
    ***
    Sie flogen in großer Höhe nebeneinander her, der Meister und sein Diener.
    Lucifuge Rofocale, der Ministerpräsident

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