0859 - Die Mutantenspinne

Nicole. »Wir verlieren dadurch weniger Zeit, wenn Zamorra zurückkommt.«
    »Ich werde es dir nicht sagen«, erwiderte Astaroth.
    Nicole zuckte mit den Schultern. »Wie du willst, mein liebes Teufelchen. Dann wird Zamorra von deinem Unwillen zur Kooperation erfahren, und du darfst hier weiterschmoren bis in alle Ewigkeit. Glaube mir, wir werden die Spinne auch ohne dich finden. Es wird allenfalls länger dauern. Also, verrätst du's mir oder nicht?«
    »Ich könnte es dir ins Ohr flüstern«, schlug der Dämon tückisch sanft vor. »Der da muss es ja nicht mitbekommen. Ich verrate es nur dir.«
    Der da? Robin hob die Brauen.
    »Vergiss es«, sagte Nicole. Für wie dumm hielt der Dämon sie, dass er glaubte, Nicole würde das Risiko eines direkten Kontaktes eingehen, den das Ins-Ohr-Flüstern erforderte? Im gleichen Moment wurde doch der Bannkreis durchbrochen, und er kam frei. Er musste doch wissen, dass sie sich nicht darauf einlassen konnte. Er musste schon ziemlich verzweifelt sein, auf eine dermaßen dämliche Idee zu kommen.
    »Das ist übelste Erpressung«, grummelte er.
    »Nenn es, wie du willst, aber rede endlich!«
    Er zögerte, dann aber gab er sich einen Ruck. Er schilderte den Ort.
    Nicole sah Robin an.
    Der schüttelte den Kopf. »Blödsinn«, sagte er. »An der Stelle kann sich keine Riesenspinne mit ihrem Opfer verstecken. Das ist mitten in einer recht belebten Zone.«
    Astaroth brüllte wütend auf.
    »Ah«, schmunzelte Nicole. »Deshalb also sollte der da es nicht mitbekommen. Weil er deine Lüge sofort durchschaut. Na gut, einen letzten Versuch gebe ich dir noch. Wenn du wieder lügst - dann schönen Gruß aus der Ewigkeit!«
    Astaroth knurrte. Dann beschrieb er einen anderen Ort.
    Diesmal nickte Robin zustimmend.
    Nicole lächelte. »Na also. Warum nicht sofort?«
    »LUZIFERs Flammenwand soll dich verbrennen«, fauchte Astaroth.
    »Darüber«, sagte sie, »reden wir ein anderes Mal.«
    Und dann warteten sie auf Zamorras Rückkehr.
    ***
    Irgendwann fühlte die Mutantenspinne, dass die Lebensimpulse ihres Opfers wieder stärker wurden. Es lag also tatsächlich an der Umhüllung. Die Menschen atmeten also nicht nur durch Nase und Mund, sondern auch durch ihre Haut. Das war faszinierend.
    Das Hinzugelernte wurde gespeichert. Die Mutantenspinne begann Vergleiche anzustellen und nach Analogien zu suchen. Das förderte ihre wachsende Intelligenz. Sie war in der Lage, alten Verhaltensmustern neue entgegenzusetzen, die sie selbst entwickelte. Die mussten natürlich auf ihre Gültigkeit überprüft werden. Aber das war alles nur eine Frage des Experimentierens und der Zeit.
    Dass sie ein Netz gesponnen hatte, in dem sich Opfer verfangen sollten, war jetzt nebensächlich. Die neue Art des Beutemachens war interessanter, ebenso wirksam - und sie ließ Experimente zu.
    Die Mutantenspinne begann zu überlegen, was sie als Nächstes versuchen sollte. Zwischendurch strich sie immer wieder mit der Zunge über den Körper ihrer Beute, um diese weiterhin ruhig zu stellen. Das zumindest zog keine unerwünschten Nebenwirkungen nach sich.
    Die Mutantenspinne versank in ihren Grübeleien. Die waren anstrengend, deshalb brauchte sie viel Zeit.
    ***
    Die magische Energie, die von einem Moment zum anderen das Labor ausfüllte, um es zu vernichten, griff auch nach Zamorra. Er sah den lodernden Tod und wich zurück, aber das Inferno war überall zugleich.
    Er musste verschwinden! Sofort!
    Blitzschnell glitten seine Finger wieder über die Hieroglyphen der Silberscheibe und schoben sie millimeterweit in neue Positionen. Fünf der Symbole mussten es sein. Welche Bedeutung hinter den Schriftzeichen stand, hatte noch niemand übersetzen können. Auch das Buch der 13 Siegel hatte hier keine Übersetzungshilfe geliefert, sondern nur die Bedienungsanweisungen für einige Tricks, die Zamorra bis dahin nicht gekannt hatte.
    Noch während Zamorra die Hieroglyphen verschob, gab er schon den Gedankenbefehl für die Ausführung der gewählten Funktion. Und während die Zeichen wieder in ihre ursprüngliche Position zurückkehrten, entstand ein Weltentor.
    Es bildete sich an genau derselben Stelle, an der Zamorra vorhin mittels Astaroths Zauberformel herausgekommen war. Es überlappte die erloschene Verbindung und schuf den Weg zurück.
    Als Zamorra hineinsprang, erfasste ihn noch die Zerstörungsmagie.
    Als grell loderndes Flammenfanal tauchte er wieder in der Wohnung auf, in dem Zimmer, in welchem der Höllenzwang Astaroth band.
    Aber