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0859 - Höllenliebe

0859 - Höllenliebe

Titel: 0859 - Höllenliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Teller hinweg schaute Naomi in das Gesicht ihrer Tante. Es war die Schwester ihrer Mutter. Die Tante trug das Haar kurz, es war längst ergraut, und mit dieser anderen Farbe waren auch die tiefen Falten in ihrem Gesicht erschienen, die diese Frau um mindestens zehn Jahre älter erscheinen ließen. Gleichzeitig war sie auch irgendwie alterlos. Naomi konnte sich nicht erinnern, daß ihre Tante Serafina je anders ausgesehen hatte. Für Naomi war sie schon immer alt gewesen.
    »Willst du noch Suppe?«
    »Danke, ich bin satt.«
    »Aber du muß essen in deinem Zustand.«
    Die Worte klangen sachlich. Naomi hatte sich im Laufe der Zeit daran gewöhnt. Daß man ihr Liebe entgegenbrachte, das konnte sie nicht verlangen, vor allen Dingen nicht als Schwangere ohne Mann.
    Zudem hatte ihr die Suppe nicht geschmeckt. Sie war durch die Salamiwürste zu scharf geworden, aber das wollte sie ihrer Tante nicht sagen.
    Serafina stand auf. »Ich werde noch nach den Tieren sehen.«
    »Gut.«
    »Willst du mitkommen?«
    »Nein, ich würde mich gern hinlegen.«
    »Räum erst die Teller und den Topf weg. Dann kannst du dich meinetwegen hinlegen.«
    »Ja, danke.«
    Serafina warf noch einen Blick auf den Bauch ihrer Nichte, hob die Schultern und ging. Um den Stall zu erreichen, mußte sie nicht erst hinaus in die Kälte. Vom Haus her gab es einen Zugang.
    Naomi blieb am Tisch sitzen. Sie seufzte auf und preßte ihre Hände gegen das Gesicht. Es war so schrecklich, nichts hatte sich verändert, gar nichts. Im Gegenteil, die Atmosphäre zwischen Tante und Nichte kühlte sich immer weiter ab, je näher der Tag der Niederkunft rückte. Am liebsten wäre es der Frau gewesen, wenn Naomi hätte abtreiben lassen, doch daran hatte sie nie gedacht.
    Sie hatte ihrer Tante von der Begegnung mit Josephiel natürlich nichts erzählt. Bisher war der Tod der Krämerin noch nicht aufgefallen. Möglicherweise würde es auch noch dauern, bis man sie vermißte, denn Josephiel würde die Leiche sicherlich verschwinden lassen. Einige Male war Naomi über sich selbst erschreckt und auch darüber, daß sie kein Bedauern beim Tod der Rossi empfunden hatte. Diese Person hatte ihre noch nicht geborenen Kinder einfach zu stark beleidigt, und sie hatte davon gesprochen, daß es Kinder des Teufels wären.
    Aber hatte sie so unrecht damit?
    Die Schwangere dachte darüber nach, während sie den Tisch freiräumte und die beiden Teller, den Topf und auch die benutzten Löffel in das Spülbecken stellte. Auch einem Freund oder Vertrauten hätte sie keine konkrete Antwort geben können, denn sie wußte selbst nicht genau, wer oder was sich hinter Josephiel verbarg.
    Ein Engel, ein Dämon?
    Beides?
    Sie wußte es nicht, sie wollte es auch in diesem Moment nicht wissen, sie spürte nur, daß der Tag sie geschlaucht hatte und sie sehr müde geworden war.
    Um ihre Kammer zu erreichen, mußte sie eine schmale Tür öffnen. Das Zimmer war von der Wärme des Ofens erfüllt, der nicht allein die Küche heizte, auch andere Zimmer mit. Unter den Decken zogen sich dicke Rohre hin, die die Räume noch niedriger aussehen ließen, als sie es tatsächlich waren.
    Ein Bett, ein Stuhl, ein alter Schrank, der mit einem Keil festgestellt worden war, bildeten die Einrichtung. Ansonsten war noch das Metallbett vorhanden. Zwischen ihm und dem Schrank hatte die alte Schalenlampe ihren Platz gefunden.
    Wenn die Sonne günstig stand, schien sie auch durch das kleine Fenster, aber nur im Sommer. Im Winter kam die Sonne einfach nicht hoch genug. Draußen heulte der Wind. Er umtobte das Haus. Er rüttelte an irgendwelchen losen Brettern oder Balken, und diese Geräusche hörten sich für die junge Frau an, als hätte jemand zahlreiche Tiere losgelassen, die sich um eine Beute schlugen.
    Ihre Tante hatte ihr ein altes Kleid gegeben, das weit genug war, um auch den Bauch zu umspannen.
    Es war aus einer billigen Wolle hergestellt worden und kratzte auf der Haut. Um sich ein Umstandskleid zu kaufen, fehlte Naomi einfach das Geld. So war sie froh, daß das alte Kleid der Tante paßte.
    Das Kleid zog sie nicht mehr aus, als sie sich auf das Bett setzte und sich wenige Augenblicke später langsam zurück und zur Seite gleiten ließ. Unter ihrem Kopf spürte sie das weiche Kissen, sie drehte sich schwerfällig um und war zufrieden, als sie auf dem Rücken lag und sich in dieser Lage ausruhen konnte.
    Ihre Blicke glitten hoch zur Decke. Drei Querbalken stützten sie ab. Die Decke war nicht glatt, zeigte Hügel und

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