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086 - Und nachts kam der Vampir

086 - Und nachts kam der Vampir

Titel: 086 - Und nachts kam der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank deLorca
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Ziehharmonika auseinander.
    Die Spannweite betrug kaum mehr, als seine Jungenbrust breit war.
    Dann faltete er das verschreckte Tier wieder zusammen und hockte das zitternde Bündel in seine Armbeuge.
    Der Biß an seinem nackten Unterarm war fast nicht zu bemerken. Daß er blutete, spürte Herrman erst, als ein dünner Faden durch die blonden, feinen Körperhaare rann. Und er spürte das winzige Zünglein, das auf seiner Haut wahnsinnig schnell zu lecken begann. Und er spürte auch, wie das Tierchen schluckte.
    Herrman lächelte glücklich. Er streichelte das Tierchen mit dem seidenweichen Fell und dem Flaum an den Flügeln.
    »Jetzt sind wir Blutsbrüder, du und ich«, sagte er.
    Und wie zur Bestätigung hob das Tierchen seinen spitz zulaufenden, vom Blut roten Schnauzenkopf mit den winzigen Nasenöffnungen und stieß einen durchdringenden, bis an die Grenzen der Hörbarkeit gehenden Pfiff aus. Dann schleckte es weiter.
    Das war vor mehr als zwei Jahren gewesen.
    Der inzwischen 18 Jahre alt gewordene Herrman Kreger hatte Lust, lauthals zu lachen, wenn er daran dachte, was aus dem niedlichen Tierchen inzwischen geworden war.
    Jetzt konnte er es kaum mehr tragen. Wenn es sich nicht sattgetrunken hatte, ging es vielleicht noch.
    Nach und nach hatte sich das zierliche Tierchen entwickelt. Am Anfang war das Wachstum noch langsam vorangeschritten, doch gerade in der letzten Zeit schien es sich immer mehr zu beschleunigen. Er konnte den Freund schon lange nicht mehr mit seinem eigenen Blut ernähren. Er hätte sonst nach einer Mahlzeit ebenso ausgesehen wie Peter Wenlein, der Student.
    Nein — er hatte es bis vor wenigen Wochen auf seinen nächtlichen Spaziergängen mitgenommen. Treu wie ein Hund kam es hinter ihm her geflattert. Sie waren zu den Wiesen gegangen, dort wo die Kühe auch nachts draußen waren.
    Sein Freund hatte sich dann selbständig gemacht, hatte sich in den Nacken der Kühe gesetzt und hatte dort seinen Hunger gestillt.
    Als Herrman herausfand, daß der Freund auch seinen Weisungen gehorchte und sich auf jene Tiere setzte, die er ihm zuwies, hatte sein Herz in dem Moment vor Freude jubiliert, in dem er erkannt hatte, welch wunderbares Machtinstrument ihm mit seinem Freund in die Hände gegeben war.
    Vor drei Nächten hatte er seine neue Macht erprobt.
    Und die Probe war geglückt. Der Freund war auf das Liebespaar zugestürzt und hatte ihr Blut getrunken, hatte getötet.
    Von dieser Sekunde an begann Herrman Kreger zu leben...
    ***
    Am Nachmittag, als er den kleinen Schuljungen nochmal abgesetzt hatte und ihn hatte warten lassen, hatte er seinen Freund schnell noch umquartiert. Durch einen Verbindungsgang hatte er ihn. in eine andere Höhle getrieben, wo er auch sicher gewesen wäre, wenn ein größerer Suchtrupp die Höhlen durchforscht hätte.
    Herrman Kreger kannte den Weg. Ohne sich auch nur einmal zu vergreifen, stieg er zu einer Höhle hinauf, deren Öffnung schwarz und oval aus dem Kalkstein gähnte. Der vertraute Geruch schlug ihm entgegen. Der Freund hatte sein Versteck verlassen und wartete schon auf ihn.
    »Freund?« fragte Herrman Kreger in das Dunkel, und ein aufgeregtes Flattern kam als Antwort.
    »Komm, Freund. Ich habe neues Futter für dich. Komm! Komm mit!«
    Herrman Kreger hatte die wenigen Worte leise und zischend gesprochen. Ihr Widerhall brach sich flüsternd an den Wänden.
    Dann kam ein noch dunklerer Schatten aus den finsteren Tiefen. Der Freund war da:
    »He«, sagte Herrman Kreger anerkennend, »du bist ja schon wieder gewachsen. Wachse nur weiter. Werde groß und stark. Zusammen werden wir das ganze Dorf ausrotten. Wir werden es ihnen schon zeigen, diesen Hunden. Mich mögen sie nicht, und dich würden sie auch nicht mögen. Es wird höchste Zeit, daß wir etwas gegen sie unternehmen. Bist du bereit?«
    Ein schrilles Quietschen ertönte.
    »Dann ist es ja gut. Komm jetzt. Aber fliege nicht weg. Heute habe ich etwas besonders Feines für dich. Du wirst Augen machen. Ganz frisches, junges Blut. Na, wie schmeckt dir das?«
    Herrman Kreger machte sich wieder an den Abstieg. Als er den Waldboden erreicht hatte, öffnete der Freund seine mächtigen Schwingen und schwebte herunter. Seine Spannweite war jetzt fast drei Meter.
    »Nein, nein, mein Freund«, sagte Herrman Kreger, als das Tier sich an seiner Schulter rieb. »Jetzt kann ich dich nicht mehr tragen. Du mußt schon .hinter mir herfliegen.«
    Und der Freund erhob sich in die Lüfte, schwebte über die Kronen der Bäume dem

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