0861 - Gehirntransport
sein? Hatte er überhaupt das Recht, ein anderes Wesen zu einem Mord zu zwingen?
Bardioc erkannte, daß sein Problem vom ethischen Standpunkt her nicht leicht zu lösen war.
Vielleicht gelang es ihm, zu verhindern, daß der Mörder sich seiner Tat bewußt wurde.
Er mußte alles als Unfall tarnen, dann gelang es ihm sicher, sein Ende als natürlichen Tod hinzustellen. Damit ersparte er dem Raumfahrer, den er als Opfer wählen würde, von An-fang an alle Gewissensbisse.
Doch auf diese Weise war sein Tod nicht einfach herbeizuführen.
Er spürte, daß er ständig von einer Gruppe von Wissenschaftlern beobachtet wurde.
Dazu kamen Dutzende von Wächtern, darunter auch Roboter. Wie konnte er unter diesen Umständen einen einzelnen Raumfahrer zu sich locken?
Die ganze Gruppe zu beeinflussen, kam nicht in Frage. Auch wenn ihm das gelingen sollte, wären da immer noch die Roboter gewesen.
Sein Tod, dachte Bardioc, durfte nicht nur wie ein Unfall aussehen, sondern dieser Unfall mußte unbemerkt vonstatten gehen.
Das war ein schier unlösbares Problem.
Trotzdem verstrickte sich Bardioc immer tiefer in diese und ähnliche Gedankengänge.
Schließlich faßte er den Entschluß, einen behutsamen Kontaktversuch zu einem der Raumfahrer zu wagen. Wenn die Artgenossen dieses Wesens dieses Vorgehen bemerken würden, konnte Bardioc sich jederzeit wieder blitzschnell zurückziehen, ohne daß die anderen herausfinden konnten, was er beabsichtigte.
Was würden die anderen dazu sagen, wenn sie je erfahren sollten, daß er sich selbst getötet hatte? fragte sich Bardioc.
Aber wer würde davon überhaupt Kenntnis erlangen?
Ganerc?
Bardioc bezweifelte es. Er streckte vorsichtig seine mentalen Fühler aus.
*
Nach sechs Stunden Flugzeit erhielt Perry Rhodan, der sich in seiner Kabine erholte, ei-ne Interkomnachricht mit dem Inhalt, daß die Flotte der Hulkoos der SOL nicht länger folg-te, sondern den Kurs gewechselt hatte.
„Sie haben offenbar aufgegeben, uns zu eskortieren", sagte Mentro Kosum, der Rhodan die Neuigkeit meldete. Dem Emotionauten war die Erleichterung anzumerken.
Rhodan richtete sich auf. Er hockte sich auf die Bettkante.
„Und was ist mit BULLOC?" erkundigte er sich.
„Die Mutanten sind überzeugt davon, daß er uns mit großem Sicherheitsabstand folgt.
Aber er scheint keinen direkten Angriff riskieren zu wollen."
Rhodan erhob sich und strich die Haare aus der Stirn. Er war froh, daß Moschkatl endlich aufgegeben hatte. Wahrscheinlich kehrten die Hulkoos jetzt in ihre Heimat zurück.
Sie würden viele Jahrzehnte damit beschäftigt sein, ihre Zivilisation neu aufzubauen.
Männer wie Moschkatl und Need-Koorsch konnten dabei hilfreich sein.
BULLOC jedoch würde die Verfolgung nicht aufgeben.
Sein Haß auf Bardioc mußte ungewöhnlich sein. Rhodan schloß die Augen. Irgendwo dort draußen in der dunklen Unendlichkeit des Weltraums lauerte die vierte Inkarnation und wartete auf ihre Chance.
Es wäre leichtsinnig gewesen, die technischen Möglichkeiten von BULLOCs Energiesphäre zu unterschätzen. Als Gefangener hatte Rhodan sich lange genug an Bord dieser Sphäre aufgehalten, um zu wissen, daß BULLOC damit auch die Grenzen zwischen zwei Galaxien überwinden konnte.
Die Hoffnung, BULLOC abzuschütteln, war also gering.
Rhodan beabsichtigte auch nicht, die Mutanten Jagd auf BULLOC machen zu lassen.
Die Möglichkeit einer Katastrophe war dabei zu groß.
Rhodan kleidete sich an und verließ seine Kabine. An Bord war alles ruhig. Die Solgebo-renen würden den Abzug der Hulkoos begrüßen. Die düsteren Prophezeiungen in Zusammenhang mit der Anbordnahme Bardiocs hatte sich nicht erfüllt, so daß selbst die fanatischsten Anhänger von Männern wie Gavro Yaal sich zu fragen begannen, ob sie nicht Agitatoren aufgesessen waren.
Auf dem Weg in die Zentrale begegnete Rhodan dem jungen Mutanten Bjo Breiskoll.
Rhodan hatte sofort den Eindruck, daß diese Begegnung nicht zufällig zustande kam, sondern von Bjo arrangiert worden war.
„Wann waren Sie zum letzten Mal in der Lagerhalle?" fragte der rotbraungefleckte Katzer ohne Umschweife.
Rhodan wußte, daß die Halle mit Bardioc darin gemeint war.
„Bevor ich mich in meine Kabine begab - vor ein paar Stunden." Eine steile Falte erschien auf seiner Stirn. „Weshalb fragst du, Bjo?"
„Ich weiß nichts Konkretes", erwiderte Bjo. „Aber ich fühle, daß eine Veränderung mit Bardioc vorgeht. Sein mentaler Geräuschpegel hat sich verschoben. Ich
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