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0862 - Der Leichenmantel

0862 - Der Leichenmantel

Titel: 0862 - Der Leichenmantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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falsch gemacht zu haben, denn Johns Gesicht sah nicht eben aus, als wäre er von einer fröhlichen Feier zurückgekommen. Er blickte sie ziemlich hart an, aber das konnte auch täuschen, denn seine Stimme klang eher amüsiert als wütend.
    »Du mal wieder?«
    »Ja, ich.«
    »Okay, was ist…?«
    »Bitte«, sagte sie, »ich muß mit euch reden.«
    »Steig ein.«
    Sie stieg ein und nahm auf dem Rücksitz Platz. Dort atmete sie tief durch. »Mann, ich bin richtig froh, daß ich euch noch erwischt habe.« Suko fuhr an und fragte Carla:
    »Hast du einen bestimmten Wunsch, wo du parken möchtest, junge Lady?«
    »Nein, bei uns.« Sie lachte plötzlich. »Du hast ja sogar italienisch gesprochen.«
    »Habe ich das?«
    »Klar doch.«
    »Und ich dachte, es wäre deutsch gewesen.«
    »Ist der immer so lustig?« wandte sich die Kleine an mich.
    »Nur wenn er nette Kinder sieht.«
    »Ich bin doch kein Kind mehr, John!«
    Aus großen Augen schaute ich sie an. »Himmel, wie konnte ich das vergessen, du bist ja schon eine Lady.«
    »Das kannst du wohl sagen.«
    »Schön, junge Lady. Wir sind gleich da. Du hättest ja auch warten können, bis wir bei euch parken und…«
    »Nein, nein, ich war mir nicht sicher, ob ihr kommen würdet. Und es eilt, wirklich.«
    »Dann sind wir aber gespannt.«
    »Könnt ihr auch sein.« Sie räusperte sich. »Es geht um folgendes, was ich euch sagen muß. Ich bin vorhin bei Naomi gewesen. Ihr geht es wohl körperlich ganz gut. Aber… aber… da ist noch etwas anderes.«
    »Und was?«
    »Sie hat Angst.«
    Ich ließ eine Pause vergehen. Zudem stellte Suko gerade den Wagen ab. »Angst«, murmelte ich.
    »Wovor denn?«
    »Das weiß sie selbst nicht genau, denke ich. Aber irgend etwas ist wohl passiert oder wird noch passieren. Ich habe mit ihr gesprochen. Da hat sie richtig gezittert.«
    »Ist sie bedroht worden?«
    »Nein, das nicht. Dann hätte sie mir etwas gesagt. Sie ist nur, na ja, sie fühlt sich schlecht. Da ist ein Druck, der sie nicht losläßt. Sie fürchtet sich vor dem Unheimlichen. Ich habe das genau gespürt, als ich mit ihr sprach.«
    »Und weiter?«
    »Nichts mehr. Sie konnte mir nichts erklären.« Carla verzog ihr Gesicht, so daß es einen gequälten Ausdruck bekam.
    »Und geirrt hast du dich nicht?«
    »Nein, bestimmt nicht.«
    Ich strich durch mein Haar und hörte, daß Suko etwas vom Aussteigen murmelte.
    Es war am besten, wenn wir uns mit Naomi selbst unterhielten, und das war im Wagen nicht möglich.
    Carla ging vor. Mehrmals schaute sie sich dabei um, als wollte sie sich vergewissern, ob wir noch bei ihr waren. Ich hatte natürlich ihre Sorge bemerkt und lächelte. »Keine Panik, Carla, wir lassen dich schon nicht im Stich.«
    »Das glaube ich auch.«
    »Wissen deine Eltern denn Bescheid?«
    »Worüber?«
    »Über unseren Besuch.«
    Vor der Tür blieb sie stehen. »Klar. Meine Mutter backt noch einige Pizzen mehr. Sie erwartet euch schon zum Abendessen.«
    Ich mußte nach diesen Worten lächeln. Da hatte sie uns also wieder, die normale Welt. Wenn ich daran dachte, was wir hinter uns hatten, dann paßte das eigentlich nicht ins Bild. Ein Abendessen, Pizza, vielleicht ein Schluck Wein, ja, das gehörte zum Leben, das war die eine Seite, und die andere, die uns immer wieder betraf, schlug in die normale Welt eine Bresche.
    Wir waren bereits gesehen worden. Silvio Frappi öffnete die Tür. Er lächelte breit und freute sich wirklich, daß wir seine Tochter begleitet hatten.
    »Dann ist ja die Familie beisammen«, begrüßte er uns.
    »Gehören wir schon dazu?«
    »Beinahe.«
    Ich mußte lachen, ging an ihm vorbei und war froh, daß der Tisch noch nicht gedeckt war. So konnten wir noch einige Worte mit Anna Frappi reden.
    Wir sahen sie nicht, sie mußte sich in einem der anderen Räume aufhalten. Dafür hörten wir sie.
    Anna Frappi schrie gellend!
    ***
    Er war da, und er wollte töten!
    Was Naomi in diesen fürchterlichen Augenblicken dachte, wollte ihr nicht in den Kopf. Es herrschte ein zu großes Durcheinander, und sie spürte auch wieder die gräßlichen Schmerzen, die ihren Schädel malträtierten.
    Sie war vereist, das Grauen hatte sie stumm gemacht, und das Grauen stieg höher.
    Er kam…
    Es war eine fürchterliche Gestalt. Ein Skelett, braun, zerfressen mit einem dicken Umhang oder Mantel, der sein Knochengestell umwehte. Naomi ließ ihre Blicke an der Gestalt entlanggleiten. Sie sah die lappigen Stücke des Mantels, und plötzlich wurde ihr bewußt, gegen was sie da

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