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0863 - Auf den Schwingen des Todes

0863 - Auf den Schwingen des Todes

Titel: 0863 - Auf den Schwingen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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diesem sanft geschwungenen grünen Hügel aus konnte man einen atemberaubenden Blick über den Hafen und das aufstrebende Manna Hatta genießen, das ihre holländischen Landsleute zu Wohlstand und Blüte brachten. Dieses Algonkin-Wort bedeutete »Platz der Säufer«, und Maria empörte sich immer wieder aufs Neue, wenn sie daran dachte, wie leichtfertig Menschen den Namen Gottes durch zu viel Alkoholgenuss beschmutzten.
    Ihr Blick wanderte zur Turmspitze mit dem großen Kreuz darauf, das ihr… seltsam vorkam, ohne dass sie sagen konnte, warum. Erst vor wenigen Wochen hatte der begabte preußische Baumeister und Pfarrer Alfred Eisenpreis die Schutzengelkirche fertig gestellt, um Gott darin alle Huld und Ehre zu erweisen, die dem Höchsten zustand. Maria van Persie liebte es, die Kirche mindestens einmal pro Tag zu besuchen und innig zum Schöpfer zu beten. Und sie liebte es, sich heimlich dem Pfaffen hinzugeben, denn Gott hatte nicht nur seinen Geist mit außergewöhnlicher Größe gesegnet. Trotzdem glaubte sie, dass es im Dorfe Breuckelen, das in den letzten Jahren beträchtlich gewachsen war und nunmehr über dreiundsechzig Häuser verfügte, keine frommere Frau gab als sie.
    Die überdurchschnittlich vielen Menschen, die an diesem wunderschönen Sonntagmorgen die Kirche besuchten, kamen nicht regelmäßig hierher. Sie taten es wegen ihres Seelenheils, um das sie zutiefst fürchteten. Denn seit ungefähr zwei Wochen machte ein furchtbares Monster die Gegend unsicher, ein Dämon aus den tiefsten Tiefen der Hölle. Er ermordete Männer und Frauen gleichermaßen, Gottlob keine Kinder, bisher jedenfalls noch nicht, und riss seinen unglücklichen Opfern das Herz aus dem Leib. Bisher gab es nicht die geringste Spur des Dämons, der seine Opfer im Wald und in den Häusern gleichermaßen überfiel. In einer flammenden Predigt hatte der Pfaffe die Menschen aufgefordert, dieser furchtbaren Heimsuchung dadurch zu begegnen, dass sie ihren Glauben durch regelmäßigen Kirchenbesuch stärkten. Und das taten nun die meisten.
    Heute galten die Blicke der jungen, hübschen Frau weder den wunderbaren Schutzengeln, die vom Kirchendach aus über die Gläubigen wachten, noch Pfarrer Eisenpreis selbst, der die Schäflein Gottes am Eingang mit dem Schlag seiner Hand begrüßte, ihnen zu lächelte und ein kurzes, fröhliches Wort an sie richtete. Ihre Blicke galten auch nicht dem Bürgermeister Ruud van Bronckhorst, dessen Lagerstatt sie ebenfalls schon geteilt hatte und der sie eifersüchtig musterte, seit sie sich auch mit dem Pfaffen vergnügte. Maria van Persies Blicke galten dem großen starken Mann im blauen Waffenrock und den hohen Stulpenstiefeln, dessen grüne Augen verwegen unter der langen Lockenperücke hervorblitzten und ihre Knie weich werden ließen.
    Man konnte Stephen O'Brien seines Aussehens wegen leicht für einen französischen Soldaten halten, einen hohen Offizier zudem, aber das war er nicht. Stephen, ein Freund des Bürgermeisters van Bronckhorst, übte vielmehr die ehrenwerte Profession eines Pelzhändlers aus. Er tätigte hauptsächlich Geschäfte mit den Lenape-Indianern und lebte einen Großteil des Jahres unter ihnen.
    Der überaus schöne Mann ging direkt vor ihr, an der Seite des Bürgermeisters. Maria stellte sich vor, wie es wäre, seinen geschmeidigen, starken Körper zu spüren. Sie schlug unsicher die Augen nieder, als er sich kurz umdrehte und sie spöttisch anlächelte. Hatte er etwa ihre geheimsten Gedanken erraten?
    Nur weil Maria den Pelzhändler genau beobachtete, fiel ihr auf, dass O'Brien im Angesicht Eisenpreis' versteifte und die angebotene Hand glatt ausschlug. Sie sah zudem, dass sich zuerst großes Erstaunen und danach ein Anflug von Hass ins Gesicht des Pfaffen schlich.
    Was war da los?
    Nach dem Gebet begab sich Maria van Per sie mit ihrem Gatten nach Hause. Aber der Pelzhändler nistete den ganzen Tag in ihrem Kopf. Sie wollte nähere Bekanntschaft mit ihm knüpfen. Das ging am besten, wenn sie wie zufällig ihre alten Kontakte zu van Bronckhorst wieder aufleben ließ.
    Kurz nach zehn Uhr hatte sich Peter van Persie derart mit süßem Likör betrunken, dass er schnarchend ins Bett fiel und erst am späten Vormittag wieder aufwachen würde. Maria spuckte auf ihn, zog bequeme Männerhosen an und eilte dann hinaus in die Dunkelheit. Sie hielt sich im Schatten der großen Bäume und kleinen Verschläge, als sie zu van Bronckhorsts Haus hinüberhuschte. Angst vor dem Dämon, den manche auch

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