0863 - Auf den Schwingen des Todes
erwiderte der Pelzhändler entschlossen. »Diese Kirche muss so schnell wie möglich wieder aus dieser Welt getilgt werden. Ich werde es tun.«
Maria fühlte sich beruhigt ob der Kraft, die O'Brien ausstrahlte. Van Bronckhorst war ein Nichts neben ihm. »Weiß der Pfaffe von diesen Vorgängen?«
»Nein, ich denke nicht. Sie können ruhig weiter mit ihm verkehren.« Er lächelte sie an.
»Sie… Sie wissen…«, stammelte Maria, und tiefe Röte schoss in ihr Gesicht. Gleich darauf warf sie van Bronckhorst einen überaus giftigen Blick zu. Der gab ihn blitzend zurück.
»Ich bitte Sie, uns zu helfen, Maria«, sagte O'Brien und nahm ihre Hand in die seine. Zum ersten Mal benutzte er vertraulich ihren Vornamen, was ihr sehr gefiel.
Sie würde diesem Mann keinen Wunsch abschlagen, nicht den kleinsten.
Maria van Persie nickte. »Was soll ich tun?«
»Ich hätte das niemals von Ihnen verlangt, Maria. Aber da Sie es ohnehin schon tun, macht es keinen Unterschied. Teilen Sie morgen Nachmittag, wenn die Sonne am höchsten steht, bitte erneut das Lager des Pfaffen. Dann ist Eisenpreis abgelenkt, und ich kann in Ruhe feststellen, ob er tatsächlich nichts mit dem Höllengezücht zu tun hat.«
Er sah sie beschwörend an. »Wollen Sie das für mich tun, Maria? Ja? Es ist nicht gefährlich, denn der Pfaffe ist ein ehrenwerter Mann und ich muss lediglich Gewissheit haben. Und durch Ihre Tat werden Sie von allen Sünden reingewaschen, die Sie auf sich geladen haben. Zudem will ich Sie, wenn ich obsiegt habe, reich belohnen.« Er zwinkerte ihr zu.
Maria willigte ein. Am nächsten Morgen verabredete sie sich mit Eisenpreis für die Nachmittagszeit. Der Pfaffe willigte mit Freuden ein. Sie besuchte ihn zur zwölften Stunde in seinem Hause. Doch Eisenpreis dachte nicht daran, sich ihr und der Liebe zu widmen. Vielmehr drang sein Geist in den ihren ein und vergewaltigte ihn aufs Übelste. Eisenpreis wühlte in ihrem Wissen und eignete sich alles an, was er davon benötigte.
Während Eisenpreis' Körper, auf dem Bette liegend, zurückblieb, hastete der von seinem Geist beseelte Körper Maria van Persies, der nur noch ihm und nicht ihr gehorchte, zur nahen Kirche hoch. Nun, da Eisenpreis wusste, dass Maria von O'Brien geschickt worden war, ahnte er die Falle. Doch er traf den Weißen Magier weder in der Kirche an, noch sah er ihn jemals wieder von Angesicht zu Angesicht. Alles schien normal zu sein.
Drei Tage später wurde die bedauernswerte Maria van Persie das nächste Opfer der Gargoyles. Alfred Eisenpreis hetzte die Dämonen, mit denen er einen Blutpakt geschlossen hatte, auf sie. Denn Eisenpreis, ein starker Schwarzmagier aus Preußen, dem die Inquisition auf die Spur gekommen und der deswegen in die Neue Welt geflüchtet war, wollte zum Dämon erhoben werden. Deswegen beschloss er, seinen lange gehegten Plan hier zu verwirklichen und eine Kirche zu bauen, die in Wirklichkeit als Dämonenfalle fungierte. Die Gargoyles aus dem ersten Kreis der Hölle, die er beschworen und in seine Dienste gezwungen hatte, holten sich die Lebensenergien besonders frommer Christen und stießen gleichzeitig deren Seelen in den Dunklen Altar und damit in die Hölle. Jeder, der regelmäßig die Schutzengelkirche besuchte, war also aufs Äußerste gefährdet, den Herzausweidern zum Opfer zu fallen. Mit dieser Dämonenfalle wollte sich Eisenpreis die Erhöhung zum Dämon verdienen. So wäre Maria van Persie wegen ihrer Frömmigkeit früher oder später ohnehin zum Opfer geworden.
Eisenpreis wusste nicht, was er vom plötzlichen Verschwinden O'Briens halten sollte und beschloss, erst einmal abzuwarten. Van Bonckhorst, dessen Geist er ebenfalls besuchte, wusste nichts von O'Briens Plänen und war über dessen schnellen Abgang ebenso verwundert wie er selbst. Die Warnungen Pilgrims, der die Gargoyles anführte, und ihn immer wieder eindringlich darauf hinwies, dass irgendetwas in der Kirche nicht stimmte, ignorierte er. Wäre es so, hätte er selbst es ebenfalls bemerkt, da er über wesentlich stärkere Kräfte als alle Gargoyles zusammen verfügte.
Als sich einige Tage später am frühen Nachmittag ein starkes Gewitter über den grünen Hügeln zusammenbraute, läutete es das Ende der Schutzengelkirche ein. Die ersten Blitze zuckten über den Himmel. Sie vereinigten sich und fuhren in den Kirchturm hinein. Gleichzeitig leuchteten bisher unsichtbare weißmagische Zeichen, die O'Brien heimlich am Dunklen Altar angebracht hatte, grell auf. Die
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