0865 - Auf ewig verflucht?
tödliches Meer.
Er hockte auf dem Boden. Die Beine angezogen, die Hände auf die Knie gelegt.
Als Untoter war er nicht eben mit starken Gefühlen gesegnet, aber er spürte doch, daß sich an seinem Mund etwas verändert hatte.
Die oberen Eckzähne waren gewachsen.
Und das erinnerte ihn wieder an den dunklen Raum mit dem Gesicht in der Wand.
Ja, das Gesicht!
Es hatte ihn geholt, es hatte ihn gebissen, es hatte sein Blut geschlürft, und es hatte sich von ihm mit einem satten und zufriedenen Seufzen verabschiedet.
Er mochte dieses Gesicht, das einem Namenlosen gehörte. Er mochte ein Blutsauger sein aus alter Zeit, aber Matteo wußte nicht, wie er in die Wand hineingekommen war. Er wollte auch nicht länger darüber nachdenken, eine Lösung würde er nicht finden. Sie lag sicherlich tief in der Vergangenheit des leeren Hauses begraben, Nach der Phase des Ausruhens fühle er sich wieder besser. Mit einer ruckartigen Bewegung stand er auf. Breitbeinig blieb er stehen, den Kopf nach vorn gedrückt, und er stierte aus gierigen und trotzdem glanzlos wirkenden Augen zu Boden, der sich zu bewegen schien.
Der Vampir ging mit steifen, zögernden Schritten. Er näherte sich der Treppe. Wohin sie führte, wußte er nicht. Aber oben war es heller, das konnte er erkennen, als er am Fuß der Treppe stehengeblieben war und die Stufen hochschaute.
Nein, das war kein Platz für ihn.
Am liebsten war ihm die Finsternis. Da sie draußen noch auf sich warten ließ, gab es für ihn nur eine Lösung, um sich richtig wohl zu fühlen. Er mußte wieder zurück in den Raum, wo er zum Vampir geworden war. Nur dort ging es ihm gut, und er spürte auch die Sehnsucht nach dem Gesicht.
Seine Hände zitterten, als er die Tür aufzog. Er schob sich über die Schwelle. Vor ihm lag die Finsternis. Ein großes Grab, in dem es ihm gefiel. Die dicken Mauern hatten die Wärme abgehalten.
Zwischen den Wänden hatte sich eine dichte, beinahe klebrige Kühle ausgebreitet, die ihn umfing wie ein kaltes Tuch.
Es herrschte ein bestimmter Geruch. Matteo mochte ihn. Das war der Geruch von Blut, und ausgerechnet Blut war seine Nahrung, die er nicht fand.
Wäre es finster gewesen, darin wäre er nach draußen gegangen und hätte sich zu seinen Brüdern gesellt, die auf dem Hang ihre Gräber gefunden hatten. Er kannte sie nicht, er hatte sie nie gesehen, aber sein Gespür sagte ihm, daß sie dort waren und darauf warteten, daß auch er sich in ihre Reihen einordnete.
Der Vampir schlich durch den Raum.
Er betrachtete die Wände.
Dunkel, kahl und leer.
Kein Gesicht malte sich dort ab. Er sah keinen Mund, der aufgerissen und in dem die Zähne gebleckt waren. Alles war so normal. Er tappte hindurch, er schwang manchmal von einer Seite zur anderen, schaute in die Höhe, ohne dort etwas erkennen zu können, und er bewegte sich schlurfend wieder auf die Tür zu, nach dem er seine Runde gedreht hatte.
Ihm war übel, falls ein Vampir überhaupt von einer Übelkeit befallen werden konnte. Matteo preßte die Hände auf den Magen. Er öffnete den Mund, würgte, und dann rann ein Schwall aus gelbgrünem Schleim aus seinem Mund. Alles hatte sich in ihm verändert. Er hatte kein Blut mehr, er war leer, und trotzdem steckte noch etwas in ihm. Körpersäfte, Schleim und Speichel.
Er richtete sich wieder auf.
Über die Insel auf dem Boden ging er hinweg. Jetzt fühlte er sich besser. Im Dämmer der leeren Halle blieb er stehen. Sein Gesicht wirkte dabei wie ein in der Luft schwebendes graues Gespenst, gemalt von zarten Pinselstrichen mit einer Bleiche, wie sie nur den Gesichtern und Fratzen der Toten eigen war.
Dann hob er den Kopf.
Etwas hatte ihn irritiert.
Da war ein Geräusch gewesen, aber nicht innen, sondern außerhalb des Hauses.
Für einen Moment war er unsicher. Furcht oder Beklemmung verspürte er nicht. Diese Gefühle gab es nicht mehr seit seiner Verwandlung. Irgend etwas anderes war da vorhanden, mit dem er nicht zurechtkam. Eine Veränderung, denn seine empfindlichen Ohren nahmen plötzlich Stimmen wahr.
Da kam jemand.
Er wartete noch, konzentrierte sich, lauschte und nickte, um sich selbst zu bestätigen.
Ja, es stimmte.
Zwei Personen, zwei Männer - und zweimal Blut.
Plötzlich leuchteten die Augen des Untoten. Seine Gier stieg und auch das Wissen darum, daß er, wollte er das frische Menschenblut trinken, nicht bis zur Dunkelheit zu warten brauchte.
Sie kamen von allein.
Er brauchte nur zu warten.
Und Matteo zog sich dorthin zurück, wo
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