0865 - Kosmische Irrfahrt
klang sie weniger zaghaft, und Mike hörte den dunklen Klang sowie eine fremdartige Lautformung. „Aber ich wage nicht, mich zu zeigen, Sir. Ich wage auch kaum, meine Bitte auszusprechen, aber mir bleibt keine andere Wahl."
Michael Rhodan gähnte lautlos, dann erwiderte er: „Wenn Sie mitten in der Nacht den Obersten Terranischen Rat anrufen, müssen Sie etwas Wichtiges auf dem Herzen haben, Miß ..."
„Dunja Varenczy", sagte die Frauenstimme.
Mike nickte, obwohl seine Gesprächspartnerin es nicht sehen konnte.
„Also, Miß Varenczy, dann sprechen Sie mal Ihre Bitte aus! Ich will sehen, daß ich Ihnen helfen kann."
„Danke, Mister Rhodan!" hauchte die Stimme - und Mike registrierte halb unwillig die Gänsehaut, die sich auf seinem Rücken bildete. „Ich bitte darum, Sie irgendwo treffen zu dürfen."
„Oh, je!" entfuhr es Mike. „Kennen Sie die Länge der Warteliste für Besucher, Miß Varenczy?" Er seufzte. „Aber schön, kommen Sie morgen punkt zwölf Uhr in mein Büro. Ich werde veranlassen, daß man Sie einläßt. Wir können dann in der Kantine Ihre Probleme besprechen, aber nur zehn Minuten lang, denn beim Mittagessen erwarte ich schon den Verantwortlichen für die Versorgung der Erdbevölkerung mit Genußmitteln und Luxusgütern."
Eine Weile herrschte Schweigen; nur das leise Atmen der Anruferin war zu hören, dann sagte sie: „Sie sind so zuvorkommend, Mister Rhodan, daß es mir direkt peinlich ist, Ihnen sagen zu müssen, daß mein Anliegen nicht so lange Zeit hat. Ich müßte Sie sofort sprechen - und unter vier Augen."
„Das ist aber sehr unmöglich", sagte Mike, während der drängende Tonfall der Anruferin in ihm seine Wirkung tat.
„Bitte, bitte!" flehte die Stimme.
Das machte Mike verlegen und gab den Ausschlag.
„Sie brauchen mich nicht anzuflehen wie einen Götzen!" erwiderte er fast unwirsch. „Schlagen Sie einen Treffpunkt vor!" Er warf einen entsagungsvollen Blick auf die Tür zur Naßzelle.
„Ich bin in der öffentlichen Visi-phonzelle am Rand des Parks nördlich von Ihrem Haus, Mister Rho-dan", sagte Dunja Varenczy.
„In Ordnung", sagte Mike. „In zehn Minuten bin ich dort."
Er schaltete das Visiphon aus, lief in die Naßzelle, trocknete sich flüchtig mit einem Handtuch ab und stieg danach in seine Reserve-Bordkombination, die er ständig in seinem Apartment aufbewahrte.
Fast schämte er sich, daß er sich das Flugaggregat auf den Rücken schnallte und einen Paralysator und einen Impulsstrahler in die Gürtelhalfter der Kombination steckte, aber er wußte, daß es unverantwortlich gewesen wäre, auf die minimalsten Sicherheitsvorkehrungen zu verzichten. Eigentlich hätte er sogar die Abwehr informieren müssen, damit sie ein paar Agenten schickte, die das Treffen beobachteten und die Umgebung nach eventuell verborgenen Attentätern absuchten.
Als er fertig war, streifte er sich schwarze Handschuhe über, dann fuhr er mit dem Pneumolift ins Erdgeschoß, verließ das Apartmenthaus durch den Haupteingang und startete erst, als er eine Nebenstraße erreicht hatte.
Michael Rhodan flog in weitem Bogen um den verwilderten Park herum, von dem die Anruferin gesprochen hatte.
Er sah, daß überall an der Wiederherstellung des Parks gearbeitet worden war. Aber es würde dennoch Wochen dauern, bis man von einem gepflegten Park sprechen konnte. Da es auf der Erde noch unzählige solcher verwahrloster Flecken gab, herrschte Mangel an geeigneten Arbeitskräften. Roboter wurden für wichtigere Arbeiten gebraucht.
• Als Mike keine Anzeichen von Attentatsvorbereitungen entdeckte, landete er in der Mitte des Parks und ging zu Fuß in Richtung der Visi-phonzelle. Es war fast stockdunkel, da der Mond immer wieder von Regenwolken verdeckt wurde, aber Mike fand sich mit seinen auf zahllosen Urweltexpeditionen geschärften Sinnen mühelos zurecht.
Glücklicherweise regnete es nicht mehr. Nur von den Blättern der Bäume fielen ständig große Wassertropfen herab.
Als Mike die Visiphonzelle sehen konnte, blieb er stehen. Die Zelle aus transparentem Tropion war hell erleuchtet, deshalb sah Mike, daß sich niemand darin aufhielt. Auch in unmittelbarer Nähe war niemand zu sehen.
Ich alter Esel habe michzum Narren halten lassen! dachte Mike.
Dann schüttelte er den Kopf.
Sicher, es war nicht auszuschließen, daß jemand sich einen Scherz mit ihm erlaubt hatte. Aber dann mußte es sich schon um eine außergewöhnlich begabte Schauspielerin gehandelt haben, denn Mike besaß
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