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0869 - Leichengift

0869 - Leichengift

Titel: 0869 - Leichengift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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zurecht und war zufrieden.
    Das Versteck verließ er noch nicht. Er wollte warten, bis die ersten Kunden den Supermarkt betreten hatten.
    Jetzt wurde ihm die Zeit lang, und er wunderte sich, daß er auch als nicht mehr richtig lebender Mensch so etwas wie Spannung und Verlangen spürte.
    Es war schlicht und einfach die Sucht. Die reine Gier nach den Menschen, die ihn in diese Lage hineintrieb. Er wollte sie endlich für sich haben, er wollte seine Hände um die Hälse anderer legen und so lange zudrücken, bis die Menschen gestorben waren.
    Sie sollten für ihr Aussehen büßen, er würde es ihnen zeigen, und unter dem Material der Maske war ein drohendes Knurren zu hören, als sich der Mund zuckend öffnete.
    Er schabte mit den Handflächen über den Boden. Bilder stiegen vor seinen Augen hoch. Er wußte nicht, ob es Erinnerungsfetzen seiner eigenen Vergangenheit waren oder schon Blicke in die Zukunft, die er sich selbst ausmalte.
    Little sah dunkle Gestalten, die um ein Feuer tanzten. Er sah in die faltigen Gesichter der alten Menschen. Er sah Fetische und Voodoo-Puppen in rissigen Fingern, er hörte dumpfe Totensprüche und schaute in Gräber hinein, in denen halbverweste Gestalten lagen. Er sah das Blut der geköpften Tiere in Strömen fließen, und er sah sich plötzlich wieder in seinem Sarg liegen.
    Dunkelheit überkam ihn, die Erinnerung verblaßte. Es blieb nicht mal ein fahler Streifen zurück.
    Die Gegenwart hatte ihn wieder.
    Und auch die Musik.
    Sehr leise drang sie an seine Ohren. Es waren Melodien, die überhaupt nichts mit dem Rhythmus irgendwelcher Voodoo-Trommeln zu tun hatten. Weiche, süßliche Musik, perfekt auf den Kunden abgestimmt, um ihn zum Kauf zu animieren.
    Der Supermarkt war geöffnet worden. Littles Zeit hatte begonnen. Er freute sich diebisch. Nur war es nicht die normale Freude eines Menschen, diese hier erinnerte an eine Gier nach Leben, nach dem Tod, nach Gewalt und Schrecken.
    Er war trotzdem vorsichtig und überstürzte nichts. Zu lange hatte er gewartet. Von nun an kam es auf die eine oder andere Minute auch nicht an, und er schob sich sehr, sehr langsam aus seinem Versteck hervor. Zuerst mit dem Kopf, von der Maske leicht behindert, was allerdings nicht mehr der Fall war, als er den Kopf leicht anhob, um mit einem ersten Rundblick die Umgebung zu erfassen.
    Eine leere Lagerhalle mit einer offenstehenden Schiebetür. Deshalb hatte er auch die weichen Musikklänge hören können. Sie waren bis in die Halle hineingedrungen, und über seine rissigen und angefressenen Lippen huschte ein Lächeln.
    Die Gier wuchs.
    Die Vorfreude ebenfalls.
    Jim Little rutschte noch weiter aus seinem Versteck hervor und stand auf. Seine Bewegungen waren besser geworden, geschmeidiger, nicht mehr so kantig und auch leicht unbeholfen. Er würde es schaffen, er würde schneller und besser sein als die verdammten Menschen.
    Nur etwas störte ihn.
    Es war das Licht, das aus dem Verkaufsraum drang. Wenn er den Verkaufsraum betreten wollte, mußte er durch den Lichtschein gehen und konnte schon am Beginn leicht entdeckt werden.
    Das Risiko mußte Jim eingehen, und so näherte er sich der Tür. Er ließ den Ausschnitt nicht aus den Augen. Zwischen den Regalen bewegten sich die Käufer. Sie schoben ihre Metallwagen vor sich her, die wechselnden Blicke auf die entsprechenden Waren gerichtet. Hin und wieder griffen Hände zu, holten eine Dose oder eine Schachtel aus dem Regal und legten sie in den Einkaufswagen.
    Er sah sie.
    Er leckte seine rissigen Lippen, er ging schneller - und sah plötzlich den Schatten im Ausschnitt.
    Dort stand ein Mensch.
    Little kannte ihn sogar mit Namen. Er hieß Graham, war noch relativ jung, trug als Kopfschmuck einen Stoppelschnitt, der so aussah, als hätten sich beim Anblick des Maskenträgers, die sonst normal fallenden Haare aufgerichtet.
    Graham sah das Monster. Er wollt schreien.
    Little griff zu!
    ***
    Sein rechter Arm schnellte vor. Den Mann kam zu keiner Gegenwehr, da die gespreizte Hand genau gezielt hatte und sich um den dünnen Hals legte.
    Sie drückte zu.
    Ein Schrei erstickte. Nicht ein Gurgeln drang über die Lippen des Menschen. Aber Little blieb nicht bei dieser Haltung. Er zerrte den anderen vom Türausschnitt weg, hielt den Arm dabei ausgestreckt, die Hand noch immer um den Hals geklammert, und schleifte ihn so zur Seite auf eine der beiden hohen Regalwände zu.
    Der Schock saß bei Graham tief, aber er blieb nicht ewig. Auf halbem Weg löste er sich, und

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