087 - Das Daemonenauge
waren sie gesättigt. Sie rauchten und blieben träge sitzen. Dann forderte die Müdigkeit ihren Tribut. Sie krochen auf die Feldbetten, nachdem sie die Vorhänge vor die Fenster gezogen hatten.
Dorian hatte tief und traumlos geschlafen. Kurz nach achtzehn Uhr erwachte er. Parker schlief noch immer, während Vali schon auf war. Sie saß auf einem Stuhl und kehrte Hunter den Rücken zu. Hunter setzte sich geräuschlos auf und beobachtete das Mädchen. Sie saß reglos wie eine Statue da. „Vali!“ sagte Dorian, doch das Mädchen reagierte nicht.
Er stand auf und streckte sich. Obzwar er mehr als zwölf Stunden geschlafen hatte, fühlte er sich seltsam müde. Er ging um den Tisch herum und blieb vor Vali stehen. Ihr Gesicht war ausdruckslos. Die Augen hatte sie offen, doch ihr Blick war starr. Sie schien durch ihn hindurchzublicken.
Dorian zog einen Stuhl heran und setzte sich dem Mädchen gegenüber. Ihre Hände lagen flach auf der Tischplatte. Sie befand sich in einem tranceähnlichen Zustand.
Er lehnte sich zurück und steckte sich eine Zigarette an. Einige Fliegen summten in der Hütte, und leise Stimmen waren zu hören.
Hunter berührte Valis Hände. Sie waren eiskalt. Er schüttelte sie, doch das Mädchen wachte nicht auf.
Schließlich trat Hunter an eines der Fenster. Er schob den Vorhang zur Seite und blickte hinaus. Vor dem Fenster saß ein Neger, und vor der Tür standen zwei weitere. Alle waren bewaffnet.
Das sieht eher aus, als wären wir Gefangene und keine Gäste, dachte Hunter.
Er warf Parker einen Blick zu, der zusammengerollt wie ein Igel dalag und leise schnarchte.
Vali bewegte sich schließlich. Sie schüttelte den Kopf und rieb sich mit beiden Händen die Augen. „Bist du schon lange auf?“ fragte Dorian.
Das Mädchen zuckte erschrocken zusammen. „Nein, erst seit einigen Minuten. Ich wollte dich und Parker nicht aufwecken.“
Dorian entschloß sich nicht zu sagen, daß sie sich wieder in einem tranceartigen Zustand befunden hatte.
„Hast du die Wachtposten vor der Hütte gesehen, Vali?“
„Ja“, sagte sie. „Ich wollte mit der Zauberin sprechen, doch sie ließen mich nicht zu ihr. Wir dürfen die Hütte nicht verlassen. Die Mamaloi wird nach Einbruch der Dunkelheit mit uns sprechen.“
„Wir sind also praktisch Gefangene“, stellte der Dämonenkiller fest. „Was wohl die Alte mit uns vorhat?“
„Sie ist eine Freundin“, sagte Vali. „Sie ist auf unserer Seite.“
„Da bin ich nicht sicher“, sagte Hunter. Er ging langsam in der Hütte auf und ab. „Ich glaube ihr nicht. Die Geschichte mit dem Dämonenauge kommt mir sehr seltsam vor. Erzähle mir ganz genau, wie du zu dem Pfand gekommen bist.“
„Da gibt es nicht viel zu erzählen. Asmodi gab mir das Auge.“
Dorian lachte spöttisch. „Das nehme ich dir einfach nicht ab. Wie ging das vor sich? Holte Asmodi ganz einfach das Auge heraus und überreichte es dir?“
„Du brauchst gar nicht spöttisch zu werden“, fauchte Vali.
„Ich will endlich die Wahrheit wissen“, sagte Hunter wütend. „Nichts als die Wahrheit. Du tischst mir eine Menge unglaublicher Geschichten auf. Ich glaube, du hast mich von Beginn an belogen. Und ich war so naiv und fiel auf deine Erzählungen herein.“
„Ich log nicht“, sagte Vali beleidigt.
„Ich möchte jetzt wissen, wie die Übergabe des Auges aussah.“
„Ich kann es nicht sagen, Dorian. Ich möchte dir gern alles erzählen, aber es ist nicht möglich. In mir ist eine Sperre von Asmodi errichtet worden. Ich kann nicht über die Geschehnisse von damals sprechen. Ich weiß, wie man ihn vernichten kann, und ich werde ihn töten. Du mußt mir vertrauen, Dorian.“
Hunter blickte das Mädchen zweifelnd an. Wieder erinnerte er sich an Olivaros Warnungen. Vali war mit starken Banden an den Herrn der Finsternis gekettet.
„Versuche, die Sperre zu überwinden!“ drängte Hunter.
„Ich kann nicht“, sagte Vali schwach. „Ich versuchte es immer wieder, aber es ist nicht möglich.“ „Und was sollen wir nun tun?“
„Warten“, sagte Vali. „Die heutige Nacht wird die Entscheidung bringen. Ich spüre es. Heute ist Vollmond, und die Konstellation der Gestirne ist günstig.“
„Ich will nicht mehr warten“, brummte der Dämonenkiller. „Ich will endlich handeln. Wir werden einen Fluchtversuch unternehmen und versuchen, diesen Marassa aufzuspüren.“
„Und wie stellst du dir die Flucht vor? Wir sind unbewaffnet. Jeder Fluchtversuch ist sinnlos und
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