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087 - Der sentimentale Mr. Simpson

087 - Der sentimentale Mr. Simpson

Titel: 087 - Der sentimentale Mr. Simpson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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dem Nebenzimmer zurückkam und das Bild vor ihr auf den Tisch legte.
    Sie starrte die Fotografie an. »Wer ist sie?«
    »Die Tochter eines unsympathischen Offiziers«, erwiderte er leichthin. »Aber zum Teufel mit ihr! Sprechen wir von wichtigeren Dingen.«
    Er stand hinter ihr, legte die Arme um sie und küßte sie aufs Haar.
    »Vielleicht hat sie auch einen ungenannten Klienten«, flüsterte sie.
    Er lachte. »Du verstehst immer noch nicht. Nur Anwälte haben Klienten -«
    Sie wandte den Kopf. Er suchte ihre Lippen.
    »Nein ... Ich kann nicht. Es war dumm von mir, herzukommen. Trink deinen Wein.«
    Sie machte sich los, aber aus jeder Bewegung sprach ihre Hingabe.
    Er hob sein Glas. »Auf uns!« sagte er.
    »Auf den ungenannten Klienten!« spottete sie. Sie leerten die Gläser.
    »Merkwürdig, wie wir beide uns kennengelernt haben«, meinte er. »Aus all den Millionen Menschen in der großen Stadt - du siehst ihr wirklich sehr ähnlich.«
    »Wem?« »Lady Alice - du trägst nur dein Haar anders, sonst wärst du ihr Double.«
    Sie hatte die ganze Zeit aufs Tischtuch gestarrt. Jetzt hob sie den Kopf und lächelte schwach.
    »Das bin ich wohl auch - es muß ja so sein. Ich bin Lady Alice Farranay!«
    Er öffnete überrascht den Mund, sah sie eine Weile an und lachte dann.
    »Für einen Augenblick hast du mich beinahe aus der Fassung gebracht.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich bin wirklich Lady Alice. Sie sind ein sehr schwieriger Gegner, wissen Sie. Ich hatte schon von Ihnen gehört - Fay Keverling schüttete mir ihr Herz aus. Selbstverständlich haben Sie die Briefe von Mortlake - meinem Butler? Sie sehen, ich habe recht.«
    »Sie sind - Lady Alice?«
    Er war wie betäubt.
    »Ich habe damit gerechnet, daß es einfach sein würde - aber nicht so einfach. Und als Sie mich hierher zu einem kleinen Abendessen einluden, wußte ich, daß Sie allein sein würden. Ich mußte es einfach tun. Ich habe auch einen ungenannten Klienten - für den es sich zu kämpfen lohnt«, sagte sie.
    Er lächelte verzerrt. »Donnerwetter ... Sie haben Nerven. ... Sie gehen jetzt wohl besser, Lady - Lady Alice .«
    Seine Stirn war feucht. Sein Atem ging in fliegenden Stößen.
    »Was hofften Sie ... eigen. eigentlich hier ... ssu erreichen?«
    Warum sprach er nur so undeutlich, warum hämmerte sein Herz so stark?
    »Die Briefe ... Sie haben sie in Ihrem Safe. Das konnte ich mir ausrechnen. Und der Schlüssel hängt an der Kette in Ihrer Tasche. Ich habe Ihnen etwas in den Wein getan, als Sie vorhin das Zimmer verließen. Morphium und noch etwas anderes - ich kenne da einen netten alten Arzt, von dem ich Gift haben könnte, wenn ich es brauchte ...«
    Das übrige hörte er kaum noch. Er umkrampfte den Tischrand, nahm seine ganze Willenskraft zusammen und versuchte, zur Tür zu gehen. Dann knickten seine Knie unter ihm ein, er brach zusammen und begrüßte den Boden als sanftes Ruhebett für süße Träume ...
    Die junge Frau beobachtete ihn, bis er regungslos dalag, dann nahm sie ihm die goldene Schlüsselkette ab, wählte einen der Schüssel aus und ging zum Safe. Sie sperrte auf, und ihre Finger zitterten nicht.
    Sie nahm die Briefe heraus und las die ersten Sätze. Ihr Blick blieb an ein paar bedeutsamen Worten haften.
    ›... habe das Gefühl, daß etwas Besonderes geschehen ist. Du wirst es mir sagen, Geliebte, nicht wahr? Ich bin immer für dich da .. .‹
    Lady Alice Farranay lächelte ein bißchen, warf Foto und Briefe ins Feuer und wartete bis sie zu Asche zerfallen waren. Auf dem Tisch lag noch ihr Bild. Wie war sie erschrocken, als sie es beim ersten Besuch in der Wohnung entdeckt hatte. Aber Cheynes Argwohn war nicht wachgeworden, weil er sie selbst als erste auf die Ähnlichkeit aufmerksam gemacht hatte. Auch dieses Bild verbrannte im Kaminfeuer.
    Sie sperrte den Safe wieder ab, befestigte die Schlüsselkette an der Tasche des Bewußtlosen, nahm ihren Mantel, verließ das Haus und winkte ein Taxi herbei.
    Mr. Cheyne befand sich in einer kleinen italienischen Stadt im Ruhestand, als er die Meldung in der Pariser Ausgabe einer englischen Zeitung las. Er wußte natürlich, daß der alte Duke und sein unmöglicher Sohn, Lord Farranay, in derselben Woche gestorben waren, aber diese Nachricht kam überraschend:
    ›Lady Alice Farranay brachte gestern einen Sohn zur Welt. Ganz Billshire freut sich darüber, daß es einen neuen Duke gibt. Lady Alice ist die Tochter des verstorbenen Generals Sir Gregory Stannart, stammt also aus einer

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