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087 - Der sentimentale Mr. Simpson

087 - Der sentimentale Mr. Simpson

Titel: 087 - Der sentimentale Mr. Simpson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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ihre Angelegenheiten nicht hinter massiven Türen, die beiderseits bewacht werden; sie sitzen nicht an schmierigen Tischen, geladene Revolver und blitzende Messer neben sich, um gegen Eindringlinge gewappnet zu sein.
    Der alte Tom Burkes hatte in seinem ganzen Leben noch keine Pistole besessen, und die Anwendung von Messern, blitzend oder nicht blitzend, betrachtete er als unnatürlich. In seiner Jugend hatte er sich einmal dazu hinreißen lassen, den behelmten Schädel eines Polizisten mit einem Stück Bleirohr zu bearbeiten, aber darauf war er keineswegs stolz.
    Als fragliche Räuberhöhle fungierte im Augenblick das respektable Restaurant ›Emilio‹ in der Nähe vom Strand, ein Lokal mit strahlenden Leuchtern, blinkendem Silber, funkelndem Kristall und schneeweißen Tischtüchern; auf jedem Tisch quollen Blumen aus versilberten Füllhörnern, und hinter den roten Plüschbänken waren große, mit Landschaften und Figuren bemalte Spiegel angebracht, so daß eine Dame sich die Nase nur zu pudern vermochte, indem sie zwischen fetten Schwänen und schlanken Minaretts hin und her zuckte.
    Der Speisezettel der Räuber verzeichnete ›Crème Duchesse‹ ›Sole aux bonnes Femmes‹ und ›Poulette Curry en Casserole‹. Tom ließ sich zum Abschluß schwarzen Kaffee bringen, Morgan, der jünger, also auch kühner war, genehmigte sich auf Kosten eines anderen ›Peach melba‹.
    Tom holte aus den tiefsten Tiefen einen Seufzer herauf, stäubte die Asche seiner Zigarre in die Untertasse und kam wieder einmal auf ›Lou‹ zu sprechen.
    »Das ist eine Frau!« sagte er.
    In seiner Stimme schwangen Begeisterung und ehrfürchtiges Staunen mit. Tom war dick und glatzköpfig. Die Falten in seinem rötlichen Gesicht ließen sich nicht übersehen, ein trauriger Schimmer glomm in seinen ein wenig vortretenden blauen Augen auf. Morgan zeigte sich infolge seines geringen Alters vom Pech seiner Mitmenschen weniger betroffen. Er war ein hagerer, dreißigjähriger Mann mit säuerlicher Miene und großen roten Händen.
    »Wenn sie sich an ihre Freunde gehalten hätte«, meinte er, »an ihre wirklichen Freunde, dann säße sie jetzt hier und könnte mit uns essen.«
    »Lunch«, murmelte Mr. Burkes. »Noch dazu im Carlton. Für Lou war das Beste gerade gut genug. Ah ja!«
    Er seufzte wieder.
    »Lou war gedankenlos«, fuhr er grüblerisch fort. »Sie hat sich zuviel zugetraut. Erst vor einem Monat sagte ich zu ihr: ›Lou, ich brauche dich für eine große Sache, also halt dich zur Verfügung - so um den Neujahrstag. Wir können eine Menge erben, und ohne dich geht es nicht.‹«
    »Ich dachte -«, unterbrach ihn Morgan ungeduldig.
    Tom interessiert sich nicht für Morgans Denkarbeit.
    »Sie sagte, sie hätte eine Sache für Rinsey zu erledigen, und ich machte sie noch darauf aufmerksam, daß er sehr unvorsichtig arbeitet. Ich habe ihr Fünfzig als Vorschuß gegeben - das Geld ist beim Teufel, aber darum geht es mir gar nicht, Slip -, und ich strengte mich an, damit die Sache klappt.« Er nahm die Zigarre aus dem Mund und stöhnte. »Dieser Diener hat mir alles gegeben, was ich brauche, aber wo, zum Teufel, ist Lou?«
    Slip beeilte sich, die gewünschte Information zu liefern.
    »Sei kein Idiot«, knurrte Mr. Burkes verärgert. »Ich weiß doch selber, daß sie in Holloway sitzt. Sechs Monate sind nicht viel, und wahrscheinlich wird ihr ein Teil erlassen. Aber wo finde ich eine neue?«
    Slip lächelte.
    »Was ist denn so komisch?« fragte Tom gereizt.
    »Ich habe sie schon«, erklärte Slip schlicht.
    Tom nahm wieder die Zigarre aus dem Mund.
    »Du hast sie?« meinte er skeptisch. »Maggie Swarty oder Gay Joyler oder sonst irgendeine von denen? Hält denn die auch nur ein einziger Mensch für Damen? Bei dir piept's ja!«
    »Ich habe sie«, wiederholte Slip und fügte hinzu: »Eine Dame.«
    Tom rümpfte die Nase. »Was du für eine Dame hältst, und was wirklich eine ist, möchte ich doch noch als zweierlei ansehen.«
    Aber Slip war nicht beleidigt. »Sie ist wirklich eine Dame. Hübsch und jung, außerdem spielt sie Klavier«, verkündete er dramatisch. »Und sie macht überall mit, außer beim Zeitvertreib.«
    »Bei was?«
    »Zeitvertreib - Schmusen, Händchenhalten, na und so weiter«, erwiderte Mr. Morgan pikiert.
    Tom starrte ihn argwöhnisch an.
    »Ich hab's nicht versucht«, beeilte sich Slip zu erklären. »Einer von den anderen Mietern hat sie ins Kino eingeladen. Sie ließ ihn einfach abfahren!«
    »Eine Dame!« murmelte Mr. Burkes

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