087 - Der sentimentale Mr. Simpson
berühmten Soldatenfamilie.‹
»Pff!« sagte Mr. Cheyne, der sich aus gutem Grund ›Mr. Burton Smith‹ nannte und seinen Schnurrbart abrasiert hatte. »Pff! Ein Baby ... ! Ungenannter Klient! Darauf wäre ich nie gekommen!«
Der Fassadenkletterer
1
Der alte Tom Burkes trichterte seiner Tochter Elsa immer wieder ein: »Wo sich leicht etwas verdienen läßt, muß man zupacken. Auch ein kleiner Profit ist nicht zu verachten.«
Nach dem achten Whisky wurde der alte Tom immer recht gesprächig. Er saß dann vor dem Kaminfeuer im schäbigen Wohnzimmer zu Elscombe Crescent - Telefon Mayfair, Buslinie Bayswater - und gab weise Sprüche aller Art von sich.
»Millionäre heiraten eben nicht so schnell - vor allem, wenn sie sich schon einmal im Ehestand versucht haben. Dieser Poynting hat Geld und entstammt einer vornehmen Familie. Das ist immer ein Handikap. Wenn er dich glücklich machen will, indem er mir ein Direktorenamt aufdrängt - dann laß ihn doch.«
Als Colonel J. C. Poynting dann in einem Augenblick geistiger Verwirrung Elsa die Smaragdbrosche schenken wollte, nahm sie aus den oben erwähnten Gründen an. Sie unternahm zwar zuerst schwache Abwehrversuche . Man dürfe, so murmelte sie, ein derartiges Geschenk selbst von einem so lieben Freund nicht annehmen, es sei denn ... es sei denn .
Colonel Poynting verzichtete auf eine Ergänzung. Die Verliebtheit des alten Herrn kannte zwar kaum Grenzen, aber im Augenblick zog die Rücksicht auf seine Familie doch eine solche.
»Du mußt das Schmuckstück versichern lassen«, meinte Elsas weiser Vater. »Es ist mindestens seine dreitausend Pfund wert.«
Vernünftigerweise befolgte Elsa seinen Rat - aber das sollte sich doch als nachteilig erweisen.
Zu allem Unglück bat Colonel Poynting Elsa voll Nervosität einige Wochen später, die Brosche zurückzugeben - seine Tochter habe sie zu sehen verlangt ... Er würde das Schmuckstück Elsa wieder bringen.
»Wenn's wahr ist«, meinte ihr Vater nicht ohne Zynismus.
In dieser Nacht wurde die Brosche gestohlen. Der oder die unbekannten Täter nahmen sie einfach von Elsas Frisiertisch. Per Eilbrief verständigte sie den Colonel, der persönlich in einem Taxi erschien und sich aufgeregt die Stirn wischte. Ein Detektiv begleitete ihn.
Und damit begann erst der Ärger. Der Detektiv stellte nämlich peinliche Fragen, Elsa begann herzzerreißend zu weinen, und der Colonel beruhigte sie nicht nur, er machte ihr auch einen Heiratsantrag. Im ganzen gesehen, wäre es besser gewesen, wenn er sich einfach mit dem Verlust der Smaragde abgefunden hätte.
Das Dumme war nämlich: bis zu dem Augenblick, da der Verlust der Brosche offenbar wurde, hatte Miss Dorothy Poynting in Elsa nicht mehr gesehen als eine ungefährliche Tanzpartnerin für Väter in fortgeschrittenen Jahren. Zunächst war ihr auch verborgen geblieben, daß das wertvolle Schmuckstück in den Besitz jener unternehmungslustigen Dame übergegangen war.
Die beiden Schockwellen rollten kurz hintereinander heran. Dorothy Poyntings Reaktion auf diese Ereignisse stand in völligem Widerspruch zu Colonel Poyntings Vorstellung vom Verhalten einer Tochter, wenn sich ein Vater dazu herabläßt - das war die einzig richtige Bezeichnung, jedenfalls fand der Colonel keine andere -, herabläßt also, ihr mitzuteilen, daß er wieder heiraten will.
Er offenbarte sich ihr beim Abendessen, stotternd und hustend, halb aufgebracht, halb bittend.
»Sie ist noch recht jung, aber sie hat ein Herz voll Gold. Wenn du glaubst - äh - daß du ... ich meine ... anderswo glücklicher wärst, kannst du die Wohnung am Portland Place haben, und im übrigen gehört dir ja auch Sonningstead ...«
Dorothy sah ihren Vater nachdenklich an. Er war noch immer ein gutaussehender Mann - schlank, elegant gekleidet, mit weißem Haar und gesunder Gesichtsfarbe. Etwas mehr Korpulenz wäre ihr lieber gewesen. Dicke Männer kommen sich nicht so unwiderstehlich vor.
Er war sehr eingebildet auf seine schlanke Taille, seine zierlichen Füße und schmalen Hände. Mit nervösen Fingern spielte er jetzt an der makellosen Nelke im Knopfloch.
»Elsa Burkes ist ein liebes Mädchen«, erklärte er trotzig. »Du magst sie vielleicht nicht. Ich habe kaum etwas anderes erwartet. Zweifellos darf ich es als großartiges Kompliment für mich ansehen, daß sie sozusagen bereit ist, mir ihre - äh - Jugend zu opfern ...«
»Das großartige Kompliment kann natürlich auch der Poynting Transportgesellschaft gelten«, meinte
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