087 - Gefangen in der Unterwelt
Stimme.
Rasch sah sich Unga in der Höhle um. Kein Mensch war zu sehen.
Unga räusperte sich.
„Wer bist du?" fragte er. „Und wo versteckst du dich?"
„Du kannst mich nicht sehen", antwortete die Stimme. „Ich will dir helfen. Ich werde dich in deinem Kampf gegen die Linkshänder unterstützen."
Verwirrt und ängstlich blickte sich Unga um. Er ließ den Kommandostab fallen und trat einige Schritte zurück.
Die Stimme meldete sich nicht mehr, doch das rote Licht in der Kommandostaböffnung flackerte stärker.
Unga überwand seine Angst und hob den Kommandostab wieder auf. Augenblicklich vernahm er wieder die Stimme.
„Ich kann nur über den Kommandostab mit dir in Verbindung treten, Unga", sagte die Stimme. „Du mußt mir glauben. Ich will dir helfen."
Unga fühlte sich unbehaglich. Der Kommandostab und die Stimme jagten ihm Furcht ein.
„Sage mir, wer bist du ?" fragte er.
„Ich habe keinen Namen, Unga. Ich wollte mich nicht in den Kampf zwischen den Rechts- und Linkshändern einmischen, doch jetzt ist es nötig geworden. Die Linkshänder haben zu verbotenen Mitteln gegriffen. Du mußt mir vertrauen."
„Wie kann ich dir vertrauen?" fragte Unga. „Vielleicht ist es eine Falle der Linken!"
„Ich werde dir den Beweis geben, daß ich auf deiner Seite bin. Du wirst morgen den ,Tötenden Rachen', jenes Geschöpf der Nacht, das Onda umbrachte, töten. Ich werde dir sagen, was du zu tun hast."
Unga hörte aufmerksam zu. Der Unsichtbare gab ihm genaue Anweisungen, und Unga mußte alles wiederholen.
„Handle so, wie ich es dir gesagt habe, Unga. Den Kommandostab trage ab jetzt immer bei dir."
Das rote Feuer in der Öffnung erlosch, und der Kommandostab fühlte sich jetzt kühl an. Unga schob ihn in seinen Gürtel, löschte die Lampen im Zeremonienraum und ging zu seinem Schlafplatz. Tunda schlief bereits.
Unga kroch unter die Felle und schloß die Augen. Lange konnte er nicht einschlafen.
Als er am nächsten Morgen erwachte, erinnerte er sich an die Anweisungen, die ihm der Unsichtbare gegeben hatte.
Die Stammesmitglieder sahen ihn erwartungsvoll an. Das, was er vorhatte, war so ungewöhnlich, daß er den anderen eine Erklärung geben mußte.
Der Glaube, daß gelegentlich Verstorbene sich mit den Lebenden in Verbindung setzen, war uralt. Unga beschloß, diesen Glauben für sich zu nutzen.
„Hört mir zu", sagte Unga laut. „Während der Nacht setzte sich Onda mit mir in Verbindung!" Erregtes Getuschel war zu hören.
„Laßt mich weiter sprechen!" brüllte Unga. „Sie hat mir gesagt, wo wir das Geschöpf der Nacht finden können, das sie getötet hat. Und Onda hat mir verraten, wie wir es töten können. Dazu sind einige Vorbereitungen nötig. Ich brauche möglichst gleichmäßige Kieselsteine und viele Fischgräten."
„Wozu brauchst du das?" fragte Oguna.
„Das werde ich euch später sagen."
Unga holte ein Stück Fleisch und einen großen Klumpen Lehm. Den Lehm formte er zu einer seltsamen Figur. Als er die Fischgräten erhielt, arbeitete er rasch weiter. Er steckte alle Gräten in die Tonfigur, bis sie nicht mehr zu sehen waren. Dann wickelte er die Figur in das Fleisch ein und bestrich es mit verschiedenen Kräutersäften.
Nun nahm er die Steine in Augenschein. Er suchte etwa zwanzig ähnliche aus und bemalte sie sorgfältig mit geheimnisvollen Mustern. Er ließ die Farbe trocknen, warf die Steine in einen Fellsack und legte vorsichtig den Fleischklumpen dazu.
Fünf Männer nahm er mit sich. Den anderen befahl er, auf keinen Fall das Lager zu verlassen.
Unga ging am Fluß in südlicher Richtung entlang. Als er einen bizarr geformten Felsen erreichte, der wie ein riesiger Totenschädel aussah, befahl er seinen Gefährten stehenzubleiben. Vorsichtig kletterte er den Felsen hinauf. Hier sollte sich nach den Angaben des Unsichtbaren die Höhle des „Tötenden Rachen" befinden.
Auf einer breiten Plattform blieb er stehen. Das Plateau war von unzähligen Knochen bedeckt. Auch einige halb verweste Pferde lagen hier.
Vor einem hohen Höhleneingang blieb Unga zitternd stehen. Seine Nackenhaare sträubten sich. Er setzte den Fellsack ab, holte das präparierte Fleisch heraus und legte es vor der Höhle auf den Boden. Rasch schüttete er die bemalten Steine heraus und legte sie in einem Halbkreis um die Höhle. Die Sonne stand hoch am Himmel, und es war drückend heiß. Unga schwitzte stark.
Jetzt mußte er das Geschöpf der Nacht wecken. Dazu sollte er einige große Felsstücke in
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