0871 - Der silberne Tod
zu kommen. Er war wirklich ein harter Knochen, und er biß im wahrsten Sinne des Wortes die Zähne zusammen, als er, auf mich gestützt, das Haus verließ.
Unterwegs fragte er mich: »Du hast doch alles behalten, was ich dir sagte - oder?«
»Selbstverständlich.«
»Hast du etwas entdecken können? Ist dir was aufgefallen?«
»Nein.«
»Dann kommt es oder er noch, John. Das ist sicher wie das Amen in der Kirche. Er ist auf dem Weg…«
»Ich kann es nicht bestätigen, aber ich glaube es dir.«
»Verdammt, das mußt du auch!« knirschte mein Freund.
Wir gingen sehr langsam. Auf dem Hang war es nicht einfach für Suko, sich auf den Beinen zu halten, aber er gab nicht auf. Dieser Mann brachte eine Energie auf die Beine, die mir allen Respekt abnötigte.
Als wir den Wagen schließlich erreicht hatten, wo Bloch und Lacombe bereits warteten, war Suko doch froh, sich legen zu können. Joseph wußte nicht, was er sagen sollte, er schämte sich und drehte sich zur Seite. Dabei preßte er eine Handfläche gegen die Stirn.
»Es ist schon gut«, hörte ich den Abbé murmeln. »Wie ich Suko kenne, wird er für deine Reaktion sogar so etwas wie Verständnis haben.«
»Meinst du?«
»Da bin ich mir sicher.«
Ich beugte mich in den Fond und blickte Suko an. »Bist du okay? Geht es dir besser…?«
»Ich bin okay, nur den Umständen entsprechend. Du kannst allerdings nicht von mir verlangen, daß ich aktiv eingreife, sollte es zur Auseinandersetzung kommen.«
»Das brauchst du auch nicht. Wichtig ist nur, daß du in der Nähe bist und wieder gesund zu Shao zurückkehrst.«
»Meinst du?«
»Klar doch.«
Er verzog die Lippen, dann schloß er die Augen, und als ich sein Lächeln sah, glaubte ich daran, daß sich seine Gedanken jetzt um die in London zurückgebliebene Shao drehten.
Leise schloß ich die Tür. Vom Haus her, das über uns lag, tanzte ein bleiches Lichtgespenst nach unten. Es waren die eingeschalteten Scheinwerfer des kleinen Wagens, den Ramona fuhr. Sehr bald schon schwang das Licht herum, und die junge Frau stoppte ihr Fahrzeug hinter dem unserigen. Sie fuhr einen hellen Fiat Tipo, stieg aus und redete leise auf ihren Onkel ein.
Der Abbé kam zu mir. Ich hatte ihn über Sukos Warnung informiert, und er kam jetzt wieder auf das Thema zurück. »Wir sollten die Worte ernst nehmen, obwohl ich bei meinem Würfel nichts gespürt habe. Noch nichts«, schränkte er ein. »Das kann sich ändern.«
»Wir werden darauf reagieren, wenn es soweit ist. Wie sieht es mit der Verteilung aus? Ich würde Joseph Lacombe gern bei mir im Auto haben. Da der Rücksitz belegt ist, müßtest du mit Ramona fahren.«
»Das ist kein Problem.«
»Gut.«
Natürlich war auch Ramona einverstanden, und so verteilten wir uns auf die Fahrzeuge. Ich wollte mit dem größeren Wagen die Spitze übernehmen, und ich wußte auch, wie ich zu fahren hatte. Es waren noch sehr viele Kilometer bis Alet-les-Bains, ein Weg, der uns über keine Autobahn, sondern dreißig Meilen durch die Provinz führen würde. Auf Landstraßen mit zahlreichen Kurven, wo wir nicht sehr schnell vorankamen.
Bevor ich startete, schaute ich zurück.
Suko grinste mich an. »Tja, man hat schon seine Last mit einem Kranken, denke ich.«
»Ich gewöhne mich daran.«
»So lange will ich nicht aus dem Rennen sein, John.«
Da gab ich ihm recht. Ich drehte den Zündschlüssel, und der Motor sprang sofort an. Neben mir saß Joseph Lacombe so bewegungslos wie eine Puppe, aber ungemein angespannt, die Hände um seine Oberschenkel gelegt und sich daran festhaltend. Sein Blick war starr, dennoch lauerte in seinen Augen die Angst, das hatte ich beim Einsteigen gesehen, und es würde sich nicht geändert haben.
In den folgenden zehn Minuten sprach keiner von uns. Ich konzentrierte mich auf das Fahren und auf eine Straße, deren Belag nicht zu dem Besten zählte, was aufzubieten war. Es gab kleine Mulden und Löcher, die sich hin und wieder mit glatten, normalen Abschnitten abwechselten. Von der Landschaft sahen wir nicht viel. Sie umgab uns wie eine mit dunklen Tüchern bedeckte Filmkulisse.
Nur hin und wieder, wenn wir in die Kurven fuhren, riß das bleiche Licht der Scheinwerfer diese Kulisse auf.
»Sie sollten sich etwas entspannen, Joseph.«
Er lachte leise. »Wie denn?«
»Versuchen Sie einfach, den Krampf zu vermeiden. Nehmen Sie, wenn möglich, eine lockere Sitzhaltung an. Schaffen Sie das?«
»Kaum.«
»Versuchen Sie es.«
Er nickte und sprach doch vom
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