0872 - Der Templer-Friedhof
Strahlen noch zu explodieren.
Suko atmete scharf durch die Nase. Er kam mit seinem Zustand zurecht, auch dann, als er auf den Beinen stand. Ein leichtes Schwanken hielt ihn umfaßt. Er konzentrierte sich auf den Umriß der Tür, der ebenfalls zitterte, und es dauerte eine Weile, bis sich seine Umgebung normalisiert hatte.
Er war wieder okay.
Man hatte ihn nicht ausgezogen. Nur die Schuhe standen neben seinen Füßen. Da es Slipper waren, konnte er mühelos hineinschlüpfen, und auf den weichen Sohlen ging er in Richtung Tür.
Die Klinke schimmerte in einem hellen Grau. Sie war nicht zu übersehen, und Suko erwischte sie schon beim ersten Griff. Er wollte niemand stören. So leise wie möglich drückte er sie nach unten.
Die Tür war in den Angeln gut geölt worden. Sie schwang geräuschlos auf, und Suko schaute in den Flur. Da die Decke relativ niedrig war, wußte er auch, daß er sich in der oberen Etage aufhielt, wo die Gästezimmer ihre Plätze gefunden hatten.
Der Flur lag leer, aber nicht dunkel vor ihm. Kleine Notlampen leuchteten.
Es war nicht zu still im Haus. Noch eine Etage höher, direkt unter dem Dach waren die technischen Räume der Templer untergebracht, und dort wurde auch durchgearbeitet, wie sowieso im Haus immer jemand wachte, denn die Templer wollten nicht unbedingt von Feinden überrascht werden.
Suko zog die Tür zu. Er wollte John und auch den Abbé suchen. Er kam sich durch seine Verletzung sowieso überflüssig vor, und er mußte etwas tun und nicht nur anderen zur Last zu fallen.
Auf leisen Sohlen bewege er sich durch den Flur. Erst an der Treppe blieb er stehen. Von unten her hörte er Tritte, runzelte die Stirn und sah den Schatten eines Mannes. Der Templer trank, während er ging, und er bewegte sich auf einen Stuhl zu, der nahe der Eingangstür lag, sich aber im Schatten befand.
Dort ließ er sich nieder, zog den Ärmel seines dünnen Pullovers zurück und warf einen Blick auf die Uhr. Wahrscheinlich wurde ihm die Zeit lang, denn die Stunden zwischen zwei und sechs Uhr konnten sich schon in die Länge ziehen.
Suko nahm sich vor, dem Mann die Wache etwas zu verkürzen, und er ging auch nicht sehr leise die Stufen hinab. Er wurde sehr schnell gehört. Der Wächter stand auf, näherte sich in gespannter Haltung der Treppe, entspannte sich aber wieder und lächelte, als er den Inspektor erkannte. »Hallo, Suko, ich habe schon gehört, daß wir dich als Gast bei uns beherbergen, aber ich hatte gedacht, du wärst verletzt und würdest lange schlafen.«
»Es klappte nicht so recht.« Suko hatte die letzte Stufe hinter sich gebracht und blieb stehen. Als er sich umschaute, bewegte er den Kopf doch vorsichtig.
»Hast du Langeweile?«
»Das kann man nicht sagen.«
Der noch junge Templer deutete gegen Sukos Kopf. »Aber noch Schmerzen, denke ich.«
»Stimmt.«
»Wenn du ein Mittel möchtest, wir haben eine Apotheke im Haus und…«
»Nein, nein, das nicht. Mich würde etwas anderes interessieren. Ich bin ja nicht allein gekommen. Der Abbé und auch John Sinclair waren bei mir. Weißt du, wo ich beide finden kann?«
»Das weiß ich nicht.«
»Du kannst dich nicht erkundigen?«
»Wäre nicht gut. Ich müßte andere wecken.«
»Wo würde John denn schlafen?«
»In deinem Zimmer.«
»Da war er aber nicht.«
»Dann weiß ich auch nicht, wo er sein könnte. Gefahren ist er jedenfalls nicht.« Der Templer schaute sich um. »Halt, da fällt mir etwas ein. Ich hörte, daß er und der Abbé noch eine Flasche Rotwein trinken wollten. Eine Flasche ist wohl zerbrochen. Ein Bruder hat das Zeug aufgewischt, und der Abbé holte eine neue Flasche. Wenn er Besuch hat, dann in seinem Arbeitszimmer. Dort müßtest du die beiden eigentlich finden. Vielleicht sogar am Tisch schlafend, wobei die leere Flasche Wein zwischen ihnen steht.«
Suko lächelte. »Das kann gut sein. Vielen Dank für die Auskunft, ich schaue mal nach.«
»Okay, sag mir Bescheid.«
»Mache ich.«
Suko kannte sich im Haus aus. Er hatte schon des öfteren zusammen mit dem Abbé in dessen Arbeitszimmer gesessen. Es waren nur wenige Schritte bis er die Tür erreicht hatte. Er klopfte sicherheitshalber an, hörte aber keine Reaktion.
Auch ein erneutes Anklopfen brachte nichts. Suko dachte an die Worte des Templers. Er wollte nicht glauben, daß beide eingeschlafen waren. Trotzdem öffnete er die Tür so leise wie möglich, trat den ersten Schritt in das Zimmer hinein, das von dunklen, grauen Schatten erfüllt war, und wußte
Weitere Kostenlose Bücher