0872 - Der Templer-Friedhof
des Bachs gefolgt. Er führte in Windungen und leicht bergab dem Lager entgegen, wo mehrere unterschiedlich große Feuer wie böse Augen flackerten. Das größte Feuer befand sich in der Lagermitte. Es erhielt immer wieder neue Nahrung. Jedesmal wenn ein Holzstück hineingeworfen wurde, dann sprühten glühende Teilchen in die Höhe und wurden vom Wind davongetrieben.
Brandgeruch hing in der Luft.
Wo lauerten die Wächter?
Ich wollte nicht daran glauben, daß man keine aufgestellt hatte. Je mehr wir uns dem Lager näherten, um so vorsichtiger wurden wir und riskierten es letztendlich nicht mehr, aufrecht zu gehen. Wir duckten uns und benutzten Hände und Füße, um voranzukommen.
Der Geruch von Pferden streifte meine Nase. Wir waren den Corrals schon ziemlich nahe gekommen, ohne allerdings einen Aufpasser gesehen zu haben.
Bloch befand sich neben mir und wollte etwas sagen, als ich einen leisen Zischlaut ausstieß.
Er verschluckte seine Worte.
Ich hatte Stimmen gehört, direkt vor uns, am Gatter des Corrals. Zwei Leute befanden sich dort.
Wir legten uns flach auf den Boden, denn die beiden hatten uns zum Glück nicht entdeckt.
»An denen müssen wir vorbei«, wisperte der Abbé.
»Ich weiß.«
»Und wie?«
Eines stand fest. Sie durften es nicht schaffen, Alarm auszulösen. Ich mußte sie blitzschnell und möglichst lautlos erledigen. Dabei konnte mir der Abbé gut helfen, der seine Bedenken nicht verleugnen konnte. »Du wirst es doch perfekt machen, nicht?«
»Wie meinst du?«
»Keine Toten und…«
»Ich werde mich bemühen, Abbé. Aber du bist in dieser Sache vielleicht noch wichtiger als ich.«
Er schaute mich so erstaunt an, daß ich in seinen Augen das Weiße schimmern sah. »Wieso ich? Wieso bin ich plötzlich so wichtig geworden?«
»Wegen deiner Kleidung.«
Er war weiterhin überrascht und hatte Mühe, einen lauteren Ton zu unterdrücken. »Was hat meine Kleidung mit dem zu tun?«
»Laß es mich erklären, Abbé. Du trägst eine Kutte. Ich weiß nicht, ob Kuttenträger zu dieser Zeit sehr ungewöhnlich waren, glaube es aber nicht. Sie werden in dir möglicherweise einen Geistlichen sehen oder einen Klosterbruder, wie auch immer. Du wirst völlig normal auf die beiden Männer zugehen und sie ablenken. Sie werden sich mit dir beschäftigen wollen, und du wirst sie auch etwas von den Pferden weglocken können. Es ist gut, daß sie keine Rüstungen tragen oder irgendwelche anderen Panzer. Wenn du sie dann weggelockt hast, werde ich versuchen, in den Rücken der beiden zu gelangen.«
Bloch überlegte, lächelte und meinte dann: »Du traust mir aber eine Menge zu.«
»Klar. Aber wer wollte denn mit?«
»Stimmt auch wieder. Wie machen wir es genau?«
Ich schaute auf die Uhr. Sie lief weiter. Ich konnte daran ablesen, wie spät es in unserer Zeit war. Es war verrückt, aber ich dachte nicht darüber nach. »Du wartest genau zwei Minuten.«
»Von wann?«
»Von jetzt ab. Ich verschwinde.«
Der Abbé wollte noch etwas fragen, da hatte ich mich schon zur Seite gedreht und kroch über den Boden davon. Zuvor hatte ich mich bereits umgesehen. Für mich war es ungemein wichtig, eine Deckung zu finden. Zum Glück wuchs das Gras hier ziemlich hoch. Die Pferde konnten fressen, und mir boten die Halme Schutz.
Während ich robbte, behielt ich die beiden Gestalten im Auge. Sehr ernst nahmen sie ihre Arbeit nicht. Sie hockten zusammen, flüsterten, ich hörte sogar etwas gluckern und ging mal davon aus, daß sie kein Wasser tranken. Ich drückte mir auch die Daumen und hoffte, daß die Pferde nichts merkten und unruhig wurden. Wenn sie die Witterung eines Fremden aufnahmen und sich entsprechend verhielten, konnten sie die Wächter warnen. Ich hatte auch insofern Glück, daß nicht weit von mir entfernt der Bach floß. Das ging nicht ohne Geräusche ab, und so wurden meine durch die anderen überdeckt.
Im Boden fand ich eine kleine Pfanne, in die ich mich hineinschieben konnte. Über das Gras schaute ich hinweg. Die Spitzen kamen mir vor wie aufrecht stehende Haare.
Ich schielte auf die Uhr. Die Zeit mußte vorbei sein. Der Abbé hielt sich rechts von mir auf. Ich schaute in seine Richtung. Es war zu dunkel, um ihn sehen zu können, aber ich sah dann die Bewegung, als er sich vom Boden erhob.
Jetzt kam es darauf an.
Mein Nervenkostüm war okay. Eine gewisse Erregung konnte ich nicht unterdrücken. In den nächsten Sekunden würde es sich herausstellen, ob wir richtig gelegen oder uns geirrt
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