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0873 - Gabentisch des Grauens

0873 - Gabentisch des Grauens

Titel: 0873 - Gabentisch des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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mehr erinnern. Sie müßten die Stunden wie einen Rausch erlebt haben. Es ist kaum zu glauben, aber das muß hingenommen werden. Vielleicht setzte die Königin der Nacht sie auch unter Drogen. Wer kann das wissen?«
    Julie fragte leise weiter. »Sind die jungen Männer denn verstört, wenn sie zurückkehren?«
    Marty lächelte für einen Moment. »Das kann man nicht so sagen. Sie sind nicht direkt verstört, aber sie sehen aus, als wäre ihnen etwas Tolles offenbart worden.«
    »Habt ihr denn mal nachgefragt?«
    »Klar. Wir erhielten keine Antworten. Man genoß und schwieg. So erhöhte man die Spannung.«
    »Das finde ich auch.«
    Marty nickte dorthin, wo die Königin der Nacht saß. »Gib acht, Julie, sie hat ihren Wein getrunken. Gleich wird sie sich erheben und mit dem Tanz beginnen.«
    Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als durch die Gestalt der dunkel gekleideten Frau ein Ruck ging. Sie verlängerte ihn zu einer fließenden Bewegung und erhob sich.
    Vor dem Stuhl blieb sie stehen.
    Gleichzeitig verstummten die Choräle. Irgendwo im Hintergrund mußte DJ sitzen, der alles unter Kontrolle hatte. In der Stille klang das Hüsteln eines Besuchers besonders laut.
    Neue - andere Musik wehte aus den verborgen angebrachten Lautsprechern. Eine Musik, die mit dem Chorgesang nichts mehr zu tun hatte. Zum einen war sie instrumental, zum anderen bewegte sie sich auf einer modernen und auch melodischen Ebene, in der sich Elemente des Blues und des Jazz miteinander vermischten.
    Die Königin der Nacht hatte darauf nur gewartet. Schon beim ersten Ton löste sie sich von ihrem Platz und bewegte sich auf die Tanzfläche zu. Diesmal nicht mit steifen Schritten, sie zeigte, daß sie etwas konnte und paßte sich dem weichen Rhythmus der Musik an.
    Dabei glitt sie über den Boden, was so aussah, als würde sie ihn kaum berühren.
    Auf der Tanzfläche stand sie für einen Moment still, den Kopf in den Nacken gelegt, das Gesicht gegen die Decke gerichtet. Sie blies dabei gegen den Schleier, der sich leicht anhob, das Gesicht aber nicht freigab, sondern wieder zurück schwebte und über die Haut streichelte.
    Und dann tanzte sie.
    Die Königin der Nacht glich sich mit ihren Bewegungen perfekt der Musik an. Ihr gesamter Körper, vom Kopf über den Rumpf bis hin zu den Füßen schien eine sichtbar gewordene Melodie zu sein.
    Sie verlieh dieser Musik durch den Tanz Ausdruck und Leben, und besonders bei den zahlreichen dumpfen und schwermütigen Klängen machte sie mit und verlangsamte die Bewegungen, als wollte sie die Musik einhalten.
    Sie drehte sich zwar auf der Stelle, aber mit abgespreizten Armen. So produzierte sie einen Schatten, der als bizarres Muster über die Tanzfläche huschte und phantomhaft durch die Flammen der zahlreichen Kerzen glitt.
    Kaum jemand sprach. Wenn, dann nur sehr leise, wie auch Julie Jenkins. »Das ist Wahnsinn, das ist einfach Wahnsinn. So etwas habe ich noch nicht erlebt.«
    »Ja, sie ist ein Phänomen!« hauchte Marty zurück.
    »Und ich bin gespannt, welchen Mann sie sich aussuchen wird.«
    »Laß dich überraschen.«
    Zunächst tanzte sie weiter. Das Solo wurde von ihr perfekt hingelegt. Die Instrumente im Hintergrund waren kaum noch zu hören, jetzt spielte nur noch eine Klarinette, und ihre schon klagenden Töne wehten durch den Raum wie der Trauergesang einer Leidenden.
    Es gab keinen Besucher, den dieser Tanz nicht fasziniert hätte. Sie alle standen unter einem besonderen Druck, und in nicht wenigen Augen lag ein hoffnungsvoller Glanz.
    Das Designer-Outfit dieser tanzenden Frau raschelte, bewegte sich mit, der Spalt vorn erweiterte sich, zog sich dann wieder zusammen, und bei seiner Vergrößerung sahen die Brüste für einen Moment so aus, als wollten sie ins Freie drängen.
    Das geschah nie.
    Der Reiz des Verbotenen blieb.
    Julie war fasziniert. Sie hatte alles um sich herum vergessen. Einzig und allein auf die Tänzerin konzentrierte sie sich, und sie wußte auch, daß sie kein junges Mädchen mehr war. Diese Person mußte eine reife Frau sein und die Dreißig sicherlich überschritten haben. Gerade das erhöhte den Reiz noch. Für sie knisterte die Luft in zahlreichen erotischen Spannungsbögen.
    Es war vergleichbar mit dem Tanz der Salome, nur ließ diese Königin der Nacht keinen einzigen Schleier fallen.
    Noch spielte die Klarinette.
    Hohe Töne jaulten durch die Disco. Klagend und anklagend zugleich, bis dieses Solo plötzlich in sich zusammensank und eine schon bedrückende Stille sich

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