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0873 - Gabentisch des Grauens

0873 - Gabentisch des Grauens

Titel: 0873 - Gabentisch des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ihn zugleich nervös machte und für eine Überfunktion der Drüsen sorgte, denn sein Gesicht glänzte schweißnaß, als hätte er es gewaschen.
    Sein Mund zuckte. Er kaute, obwohl es nichts zu kauen gab. Dann fragte er mit kaum verständlicher Stimme. »Ich?«
    Die Frau nickte.
    »Wirklich ich?«
    »Ja, du…«
    Die Stimme unter dem Schleier war kaum zu verstehen. Sie glich einem Windhauch, der die dünnen Tücher vor dem Gesicht nur flüchtig bewegte.
    Marty hob die Hand. Er strich damit über sein Haar. Er schaute nach rechts und links. Dabei machte er den Eindruck eines Menschen, der Hilfe suchte.
    Julie konnte sein Verhalten nicht begreifen. »Ja, Marty, du, nur du bist gemeint.«
    »Aber warum ich?«
    »Frag die Königin später.«
    »Das muß ich wohl dann…«
    Wieder war die Stimme unter dem Schleier zu hören. Sie klang normal, gleichzeitig auch fremd.
    »Du brauchst dich nicht zu fürchten. Du kennst doch die Regeln…«
    »Stimmt.«
    »Wie heißt du?«
    »Marty… Marty Stone.«
    »Wunderbar, Marty, dann bin ich jetzt deine Königin. Die Königin für die nächsten Stunden.«
    Er nickte, ohne die Worte richtig begriffen zu haben. »Wohin gehen wir denn?«
    »Das werde ich dir hier nicht sagen«, erklärte die fremde Stimme, die um Neutralität bemüht war.
    »Jeder ist bisher zurückgekehrt, und jeder war glücklich…« Sie faßte nach seiner Hand, die auf dem rechten Oberschenkel lag. »Auch du wirst glücklich sein, wenn du wieder hierher zurückgekehrt bist.« Sie verstärkte den Druck der Hand, und Marty war auch nicht in der Lage, sich zu wehren.
    Widerstandslos ließ er sich nach vorn ziehen und auch von seinem Hocker weg. Für einen Moment blieb er stehen, noch immer im Kontakt mit der Königin.
    »Wir können gehen…«
    »Ja, ja…« Marty schaute sich um. Niemand war da, der ihm helfen konnte oder wollte. Er sah nur die starren Gesichter, die Augen darin, bei den meisten Enttäuschung, bei einigen wenigen auch eine gewisse Erleichterung darüber, daß es sie nicht erwischt hatte.
    Die Fremde zog Marty weiter.
    Er ging wie ein kleines Kind. So tapsig und beinahe schon stolpernd. Zum Abschied hörte er noch einmal Julies Stimme. »Viel Glück, Marty.«
    Er reagierte nicht darauf.
    Willenlos ließ er sich weiterziehen. Sie durchquerten den Raum und bewegten sich dorthin, wo auch die Beichtstühle standen. Dazwischen existierten Lücken. Aus der Ferne hatten sie nur glatt und dunkel ausgesehen, nun aber konnte Marty erkennen, daß sie auf den Umriß einer sich in der Wand abzeichnenden Tür zuschritten.
    »Wo gehen wir hin?« fragte er.
    »In mein Reich…«
    Marty sagte nichts mehr. Er sah in den Beichtstühlen Bewegung. Die Feuerzungen der Kerzen wanderten im leichten Luftzug hin und her. Sie schufen immer neue Schattenfiguren, die den Weg der beiden wie böse Geister begleiteten.
    Vor der Tür blieb die Königin der Nacht stehen. Sie hielt Marty mit einer Hand fest, die andere hatte sie frei. Und die legte sie auf eine kaum sichtbare Klinke, um die Tür zu öffnen.
    Sehr langsam schwang sie auf. Auch lautlos. Es war wirklich kein Geräusch zu hören.
    Marty hatte sich an die Luft der Disco gewöhnt. Was ihm nun aus der Tiefe entgegenströmte, war eine völlig andere. Sie roch dumpf, sie war feucht und klamm.
    Er starrte in die Finsternis.
    Nicht lange, denn die Frau betätigte einen Schalter. Vor ihm lag eine Treppe aus Stein.
    »Dort hinunter?« fragte er flüsternd.
    »Ja, in unser Reich.« Sie zog ihn weiter, und die Tür fiel hinter den beiden zu.
    Und da hörte Marty die Stimme!
    ***
    Sie war da, aber Marty sah den Menschen nicht, der zu ihm gesprochen hatte.
    Die Stimme schrillte in seinem Kopf. Sie klang überspitzt und gleichzeitig düster. Sie peinigte ihn, und Marty war froh, sich in der Nähe des Handlaufs des Geländers zu wissen, an dem er sich festklammern konnte. Die Königin der Nacht war für ihn zweitrangig geworden. Nur die Stimme zählte, sie lachte in seinem Kopf, sie drang in ihn und erklärte ihm, daß sie sich freute.
    Marty wollte auch sprechen, öffnete den Mund und tat es.
    »Geh weg! Geh weg von mir! Bleib nicht bei mir. Ich will dich nicht haben.«
    Marty hörte sich sprechen. Aber es war nicht mehr seine Stimme, die da an seine Ohren drang. Es war die einer fremden Person, ihm allerdings nicht unbekannt.
    Gebückt und gestützt auf das Geländer stand er am Beginn der Treppe. Die Königin der Nacht war schon weitergegangen und wartete auf ihn auf der drittletzten

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