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0874 - Das Tier

0874 - Das Tier

Titel: 0874 - Das Tier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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daß auch Marty es nicht begriff.
    Sein Schulfreund stand da und bewegte sich nicht. Die Hände hatte er gegen den Kopf gepreßt, als könnte er gewisse Gedanken unterdrücken, die ihm automatisch kamen. Aber er spürte nicht die große Angst und zuckte nicht mal zusammen, als ihm seine Mutter die Hand auf die Schulter legte.
    »Schau ihn dir an, mein Sohn. Du bist nicht allein. Er ist ein Verwandter, er ist dein Bruder.«
    Marty schwieg. Verständlich. Was ihm da gesagt worden war, hätte auch ein persönlich nicht Betroffener nicht nachvollziehen können. Wie sollte Marty es fassen? Wenn es tatsächlich stimmte, mußte dieses Wesen auch der andere Sohn seiner Mutter sein.
    »Was sagst du, Marty?«
    Der Junge ließ sich Zeit. Er überlegte. Sein rechter Fuß rutschte unruhig auf dem Boden hin und her.
    »Das Tier, Mum. Es ist das Tier!« Er flüsterte, dann sprach er lauter. »Er ist das verdammte Tier, das ich gehört habe. Ich… ich… habe seine Gedanken empfangen können…«
    »Dein Bruder, Marty!« Die Stimme der Frau hatte eine derartige Macht über den Jungen, daß dieser nicht mal protestierte und es hinnahm. Er hörte auch den weiteren Worten zu. »Ich habe es lange genug vor dir versteckt gehalten, nun aber wirst du es erleben. Du bleibst mit ihm zusammen. Es wird von dir lernen. Du wirst von ihm lernen. Ihr werdet euch geistig gegenseitig befruchten, und irgendwann wirst du deinem Bruder auch einen Namen geben können. Du wirst dich an ihn gewöhnen, ihr werdet merken, daß ihr gar nicht so verschieden seid.«
    Marty Stone senkte den Kopf. Es war nicht zu erkennen, ob er seiner Mutter glaubte oder nicht, aber er wagte auch keinen Protest. Er nahm es einfach hin, wobei er auf seine Schuhe schaute und erst nach einer Weile den Kopf anhob.
    »Nun…?«
    Marty antwortete mit seiner fast normal klingenden Stimme. »Ich habe ihn schon gespürt. Seine Gedanken waren in mir. Aber sie waren mir fremd, sie waren so anders…«
    »Das glaube ich dir gern, ihr seid auch sehr verschieden, Marty. Du bist die eine, er ist die andere Seite. Aber irgendwann und irgendwo werdet ihr euch treffen, das kann ich dir versprechen. Ich habe es lange genug verborgen gehalten, und ich wollte testen, wie es sich verhielt. Ich bin mit vielen schon hier unten gewesen. Man hat mich als Königin der Nacht akzeptiert. Ich holte mir die jungen Männer, ich ging mit ihnen in den Keller, und sie erlebten deinen Bruder. Sie alle haben nie darüber geredet, weil sie es nicht konnten, denn sie gerieten in den Bannkreis des Wesens, der ihnen für die Zeitspanne des Schauens die Erinnerung -nahm. Deshalb gab es keine Spuren. Sie kehrten in die Disco zu ihren seltsamen Heiligen zurück. Sie sahen all die Kreuze und christlichen Symbole, und es hat ihnen nichts ausgemacht. Oben ist die eine, hier unten ist die andere Welt, aber ich will nicht zuviel reden. Diese Nacht ist die entscheidende. Ich habe mir vorgestellt, daß wir das Tier befreien. Es braucht nicht mehr länger hier unten zu bleiben. Es ist ein Wesen, das sich an die Menschen gewöhnen soll.«
    Marty nickte. Er reagierte rein automatisch. Man hatte ihm etwas gesagt, er nahm es hin, und er protestierte auch nicht. Für ihn war es zu einer gleichgültigen Selbstverständlichkeit geworden.
    Marty rührte sich nicht mal, als sein »Bruder« den dünnen Arm und die dürren Finger ausstreckte und nach ihm faßte. Die beinahe knöcherne Hand prallte gegen Martys Oberschenkel, wanderte dann nach außen, so daß sie die rechte Hand des Jungen umfassen konnte.
    Johnny schaute zu. Er wagte kaum, einen Atemstoß über die Lippen fließen zu lassen. Für ihn war es nicht mehr zu begreifen. Er befand sich in einer Klammer, aus der er nicht mehr hervorkam.
    Nachvollziehen war nichts, aber er wußte auch, daß dieses Spiel noch nicht beendet war. Schließlich hielt er sich in diesem Verlies als Zeuge auf, und ob Mrs. Stone Zeugen gebrauchen konnte, war fraglich.
    Ihr Sohn jedenfalls tat nichts, um die Hand seines »Bruders« aus der eigenen zu lösen. Er hielt sie fest wie ein Stück Draht. Für ihn war sie zwar vorhanden, aber trotzdem irgendwie nicht da. Man hätte ihm auch ein Stück kalte Knete zwischen die Finger drücken können. Den Unterschied hätte er wohl nicht bemerkt.
    Für Johnny war es nach wie vor unverständlich, daß Mrs. Stone eine derart intensive Rolle spielte.
    Nicht nur das. Sie schien der Motor des Ganzen zu sein, sie hatte alles angekurbelt, für sie war das Wesen ein Sohn,

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