0874 - Das Tier
einer Taschenlampe. Der bleiche Kegel, der sich zuckend und geisterhaft in die Finsternis hineinfraß und über eine schmutzige Wasserfläche glitt.
Kanalisation! schoß es Johnny durch den Kopf, bevor das Tier ihn packte und in die Höhe riß.
Lachend, keuchend und seibernd schleppte es ihn tiefer in dieses düstere Netzwerk hinein, einem neuen, Johnny unbekannten Ziel entgegen…
***
Wir hatten versucht, mit einem Besteck das Schloß der Tür zu öffnen, doch es war uns nicht gelungen. Es hielt allen Widerständen stand, also blieb nur die Möglichkeit der Gewalt.
Keiner half uns. Man schaute zu, und ich sah, daß den meisten Gästen diese Tür nicht eben geheuer war, sie schauten sie mit skeptischen Blicken an.
Dahinter lag die Lösung, zumindest ein Teil davon, und deshalb mußten wir durch.
Das wußte auch Sheila, die es besonders eilig hatte. Sie war zur Theke gelaufen und kehrte mit zwei Eispickeln zurück. »Versucht es damit!« flüsterte sie.
Bill nahm den einen Eispickel, ich den zweiten. Gemeinsam stemmten wir die Geräte in den Türspalt an der rechten Seite. Zum Glück bestanden die Pickel aus bestem Stahl, sie brachen nicht.
Doch öffnen ließ sich die Tür damit auch nicht.
Jemand brachte uns noch einen Meißel.
Den nahm Suko. Er wuchtete ihn mehrmals in den Spalt hinein. Die dabei entstehenden Geräusche waren sicherlich wie dumpfe Glockenklänge bis in die letzte Ecke des Kellers zu hören. Das durfte uns nicht stören, also machten wir weiter.
Zu dritt packten wir es. Endlich, das Schloß brach.
Bill trat die Tür auf - und hielt seine Frau fest, die sich über die Schwelle stürzen wollte. »Langsam, Mädchen, langsam…«
Wir sahen im Licht einer Lampe die nach unten führende Steintreppe mit den unegalen Stufen. Wer zu schnell lief, der hätte auch leicht stolpern können, und das Risiko wollte Bill bei seiner Frau keinesfalls eingehen.
Wir gingen zuerst. Allerdings konnten wir nicht vermeiden, daß Sheila uns drängte. Sie sprach davon, daß Johnny hier unten gewesen sein mußte, weil sie es spürte, aber am Fuß der Treppe fanden wir ihn nicht. Auch von der seltsamen Königin der Nacht und von Marty Stone war nichts zu sehen.
Dafür standen uns zwei Türen zur Auswahl.
Eine rechts von der Treppe, die andere links.
Wir konnten Sheila nicht daran hindern, die rechte Tür aufzureißen. Zum Glück jedoch betrat sie nicht den Kellerraum. Sie blieb stehen und rief nach ihrem Jungen.
Nur die Wände antworteten mit dumpfen Echos.
Sheila drehte sich um. Für einen Moment sahen wir ihr blasses Gesicht, als wir an ihr vorbeihuschten. Suko und ich hielten bereits die schmalen Leuchten in den Händen und suchten in ihrem Licht das Kellerverlies ab.
Schon beim Eintritt hatten wir den Geruch wahrgenommen, und als wir vorgingen und unten den altarmäßig aufgebauten Tisch beleuchteten, da sahen wir die Knochen und die Kadaver der Tiere.
Suko bückte sich, um die Stelle genauer auszuleuchten. Ich beschäftigte mich mit dem Tisch. Die darauf stehenden Gegenstände waren nicht zu übersehen.
Ein altes Kreuz, das Blutspuren zeigte, ein Totenschädel, eine breite Schale.
Es mußte noch etwas auf diesem Steintisch gelegen haben, denn es zeichnete sich ein helles Viereck in dem Staub ab. Daneben ein wesentlich schmaleres, das an einer Seite abgerundet war. Die Lösung fiel mir rasch ein. Hier konnte ein Buch auf seiner Schmalseite gestanden haben. Wir durchsuchen den Raum, leuchtete in jede Ecke, aber er war menschenleer. Sheila und Bill schauten mit bleichen Gesichtern zu. Die Beherrschung fiel ihnen schwer.
Ich schickte den Strahl auf den offenen Durchgang zu und sagte: »Es bleibt die zweite Tür.«
Viel Hoffnung hatte ich nicht. Wer immer hier gehaust hatte, er mußte es einfach verstanden haben, einen Plan perfekt auszuführen. Da brauchte ich nur an die Erzählungen der Julie Jenkins zu denken.
Der Auftritt dieser Königin der Nacht war einfach perfekt gewesen.
Die zweite Tür war abgeschlossen. Das Schloß sah ziemlich primitiv aus, zudem schloß die Tür nicht allzu fest, so daß die Hilfe eines Eispickels reichte.
Sheila hatte ihn nicht losgelassen und gab ihn Suko, der in diesem Fall der Mann fürs Grobe war.
Es dauerte nicht sehr lange, da hatte er die Tür aufgebrochen. Schon der Geruch sagte uns, wo wir uns befanden. In der Londoner Kanalisation! Die war weit verzweigt wie ein riesiges Labyrinth.
Große Chancen hatten wir nicht. Zudem mußten wir davon ausgehen, daß die
Weitere Kostenlose Bücher