0876 - Die Welt des LARD
sind?"
„Das habe ich getan!" behauptete Prentach, der offenbar nicht wußte, wo dieses Gespräch hinauswollte.
„Und? Was für Erklärungen sind dir dabei eingefallen?"
„Mancherlei", antwortete der Alte zögernd. Es waren ihm, so schien es, in Wirklichkeit gar keine eingefallen. Während er die Worte so langsam wie möglich von sich gab, überlegte er, welche ihm hätten einf allen können. „Womöglich ist das Land hinter dem Ende der Welt so wunderbar, daß sie keine Lust zur Rückkehr mehr verspürten. Vielleicht..."
„Vielleicht, vielleicht!" schnitt ihm Tarmair zynisch das Wort ab. „Sind nicht in Wirklichkeit all diese Leute ausgezogen, um zu beweisen, daß es - entgegen der Lehre des mächtigen LARD - andere Welten außer Quo-stoht gibt, und haben sie nicht alle, bevor sie gingen, heilige Eide geschworen, daß sie zurückkehren würden, wobald sie das Land hinter dem Ende der Welt fanden? Haben sie nicht, um präzise zu sein, genau dasselbe versprochen wie Cainstor, dessen Worte du hier verkündest?"
„Ja ... ja", stotterte Prentach. „Das kann schon sein, aber ..."
„Aber trotz aller Versprechungen", fiel ihm Tarmair ins Wort, „ist keiner von ihnen jemals zurückgekehrt. Sie sind allesamt verschwunden und, soweit wir wissen, tot. Wie erklärst du dir das, Prentach?"
Das Tempo der Debatte war merklich schneller geworden. Es gehörte zu Tarmairs Taktik, dem Gegner keine Zeit zum Nachdenken zu geben. Prentach war dem Druck ganz offensichtlich nicht gewachsen. Er druckste. Er stotterte. Und jedesmal, wenn er sich anschickte, etwas halbwegs Intelligentes von sich geben, schnitt ihm Tarmair das Wort ab. Der Alte war in die Defensive gedrängt, und der Augenblick, da er geschlagen würde aufgeben müssen, ließ sich absehen.
„Ich will es dir erklären, Prentach!" rief Tarmair. „Dir und allen anderen, denen Cainstors unverantwortliches Gerede Anlaß zum Zweifeln gegeben haben mag. Das LARD lehrt: Quostoht ist die Welt. Es gibt keine Welt außer Quostoht. Wenn einer aufsteht und die Lehre bezweifelt, dann grämt sich das LARD. Wenn aber einer hingeht, um in seinem Unverstand zu beweisen, wie er meint, daß die Lehre falsch ist, dann wird das LARD zornig. In seinem Zorn straft es den Frevler. Das ist der wahre Grund, warum keiner der Sucher nach dem Land hinter dem. Ende der Welt jemals zurückgekehrt ist."
Tarmair war in seinem Element. Er verstand es, mitreißend zu sprechen. Er sah an den Gesichtern der Zuhörer, daß sie von seinen Worten beeindruckt waren. Er wähnte sich dem Sieg nahe. Doch da geschah etwas, womit er nicht gerechnet hatte.
Eines der Portale des Rededoms schwang auf. Durch die Öffnung kam - halb watschelnd, halb rollend - Raylto, der Asogene. Zielbewußt strebte er auf die Bank zu, an der Tarmair stand. Der Spötter setzte eben zu der Aussage an, die Prentach unweigerlich den Rest geben mußte, da quarrte neben ihm der Asogene: „Eine dringende Botschaft des LARD. Du mußt sofort kommen!"
Nur eine Sekunde lang verlor Tarmair das Gleichgewicht. Er hatte sich sofort wieder in der Gewalt.
„Ich habe hier eine wichtige Aufgabe zu erledigen", sagte er - halblaut, nur für Raylto bestimmt.
„Die Aufgabe ist einem anderen zugewiesen worden", antwortete der Asogene. „Du hast sofort zu kommen."
Da wußte Tarmair, daß er nicht zögern durfte. Er machte eine abschließende Bemerkung, in der er die Zuhörer darauf hinwies, daß sie aus Prentachs Hilflosigkeit ihre eigenen Schlüsse ziehen sollten. Inzwischen hatte Raylto den Rededom schon wieder verlassen.
Tarmair folgte ihm.
3.
Als sie den Dom verlassen hatten, fragte Tarmair: „Wer kümmert sich um Prentach?"
„Ein neuer Spötter ist erwählt worden", antwortete Raylto.
„Woher weißt du das?"
„Es ging aus den Worten hervor, die das LARD zu mir sprach."
„Das LARD hat zu dir gesprochen ...?" staunte Tarmair.
Der Asogene antwortete nicht darauf. Tarmair wurde daraufhin sehr nachdenklich. Es schien, als sei auf einmal die ganze Welt in Bewegung geraten. Nichts war mehr, wie es zu sein pflegte.
Die Übeltäter begnügten sich nicht mehr mit kleinen Sticheleien, sondern griffen gleich die Weltordnung an, und das LARD sprach zu Asogenen.
Er hatte die Tür zu seinem Haus noch nicht geöffnet, da hörte er bereits das Donnern, das den bevorstehenden Anruf des LARD ankündigte. Er kam aber noch zurecht, um das leuchtende Dreieck und das augen-f örmige Symbol erscheinen zu sehen. Alsbald sprach die
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