0877 - Raubvampire!
die Drohung des Planes, der von den geheimnisvollen Herrschern im Hintergrund vorangetrieben wurde.
Das machte Zamorra und sein Team nicht zu Verbündeten der Höllenhierarchie, doch es reichte aus, um die Entwicklung von Armakath mit äußerst kritischen Augen zu sehen. Klar war, dass die Stadt in den Schwefelklüften einen speziellen Platz in diesem Plan einnahm.
Welchen? Darauf gab es keine Antwort. Noch nicht…
Nicole dachte praktisch und ohne Schwenk nach links oder rechts.
»Wenn Sabeth die Wächterin ist.« Sie wies mit der rechten Hand auf die Stadt. »Und die Dunkle Krone befreit sich aus ihrem Gefängnis…« Nicoles linke Hand zeigte auf das Plateau, das seinen Namen nun nicht mehr verdiente, denn die Wölbung nahm immer deutlicher zu.
Zamorra verstand, was seine Gefährtin sagen wollte. Die Asanbosam war sicher die Einzige, die begriff, was hier vor sich ging. Und vielleicht war sie es ja, die Klarheit über diese Glasscherbe bringen konnte.
»Bleibt ihr hier, beobachtet die drei dort unten. Ich gehe nach Armakath, denn immerhin bin ich nach wie vor Krieger der Stadt.« Van Zant wandte sich um, ehe Zamorra oder Nicole noch antworten konnten. Er hatte Recht.
Zamorra bereitete sich auf eine vielleicht lange Wartezeit vor.
Er wusste noch nicht, dass seine Geduld auf keine sehr lange Probe gestellt werden würde.
***
Völlig unbeweglich stand die hochgewachsene Figur auf der Mauerkrone.
Niemand wäre wohl in der Lage gewesen, den Blick ihrer Augen zu deuten, ihn zu enträtseln. Er war auf das Felsmassiv gerichtet, dessen Kuppe sich konvex in die Höhe streckte. Das war es, was auch ein unbeteiligter Beobachter gesehen hätte, mehr nicht.
Sie aber sah mehr!
Sie erkannte die Bewegung, die pulsierende Aktion, die unter der Oberfläche ablief. Sie sah den Kampf, der dort entbrannt war - den Kampf der hölzernen Insignie gegen den immer schwächer werdenden Schutzbann, der sie einst für alle Zeiten hatte neutralisieren sollen. Die alte Wächterin war sich ihrer Sache sicher gewesen. Wie hätte sie auch ahnen können, dass ihre Magie so rasch verwehen sollte?
Und nun war sie die neue Wächterin, zugleich die Hüterin und Schutzmacht über einen Neuanfang. Die junge Wurzel, die Armakath übernommen hatte, war voller Kraft, so angefüllt mit dem Vorwärtsstreben, das die weiße Stadt rasch an ihr Ziel bringen sollte.
Dort - und nicht für einen Wimpernschlag war sie fähig, den Blick davon zu wenden - dort… geschah Unerwartetes, nicht Kalkulierbares. Sie wusste um die drohende Gefahr, denn sie wusste um das Objekt, das dort um seine Freiheit rang.
Was war es, das nun wirklich in ihrem Blick lag?
Furcht? Wachsamkeit? Oder war dort auch ein Hauch Wehmut zu finden?
Vor unendlich vielen Jahren war sie die Königin der Asanbosam gewesen, die Angst und Schrecken über Afrika verbreitet hatten. Ihr Mann war König Assunta, Träger der hölzernen Krone, die Macht und Schutz für das Vampirvolk symbolisierte. Das alles war tiefste Vergangenheit. Das alles existierte nur noch in ihrer Erinnerung, denn außer ihr lebte kein Asanbosam mehr.
Es gab nur noch sie… und die Dunkle Krone , die nun bald wieder frei sein würde. Frei, um sich eines Wirtes zu bemächtigen, der stark genug war, ihre Macht in die Welt zu tragen. Die Welt, die man Hölle nannte… und vielleicht sogar weit darüber hinaus.
Sabeth war überzeugt, dass sich ihr nichts und niemand erfolgreich in den Weg stellen würde. Die Krone war stets mit großer Macht gefüllt gewesen, doch seit Sarkanas Fluch von ihr abgefallen war, war sie wie ein prall gefüllter Kelch, der überzulaufen drohte. Die Asanbosam-Könige hatten sie immer kontrolliert, doch das war vorbei.
Doch es gab eine weitere Komponente, die in dem Blick Sabeths zu finden war: Unglauben.
Ganz tief in ihr, dort wo ihre Vergangenheit ruhte, spürte sie, dass hier - ganz nahe - etwas lauerte, das selbst sie stets nur für eine Legende gehalten hatte, für eine Geschichte, die sich die Menschen Afrikas in vergangenen Zeiten zugeraunt hatten. Die Geschichte um einen Zauberer, der einen Fetisch angefertigt hatte, der das Ende der Schreckensherrschaft der Asanbosam-Vampire bedeuten konnte.
Sabeth hatte nie daran geglaubt. Selbst wenn es diesen Talisman gegeben hätte, so wäre er nie in die Nähe der Krone gekommen. Niemand hätte je nahe an den König treten können, wenn er es nicht gewollt hätte. Also nur ein Märchen, mit dem man verängstigten Kinder eine ruhige Nacht
Weitere Kostenlose Bücher