0878 - Die Schwertlady
erbleichte.
»Ein Dra - Dra - Dra…«
»Du kannst mich nicht sehen«, behauptete der Drache. »Ich bin nämlich unsichtbar.«
»Aber - aber ich sehe doch…«
»Du siehst nichts. Ich bin unsichtbar«, wiederholte das grünbraunschuppige Wesen. Der Hotelpage beschloss, dass das wohl das Beste war.
»Pardon, Sir, aber da ist kein Gepäck«, stieß er hervor.
»Warum bist du denn so blass?«, wollte der Butler wissen.
Zamorra ging an den beiden vorbei und sah ins Fahrzeuginnere. Da hockte Fooly. »Du kannst mich nicht sehen, Chef, weil ich unsichtbar bin.«
Zamorra bekam ihn am Stummelflügel zu fassen und zog ihn nach draußen. Jetzt sah auch der Butler den »Unsichtbaren«, verdrehte abermals die Augen und kippte diesmal endgültig um, steif wie ein Brett. Nicole konnte ihn gerade noch auffangen und ließ ihn dann langsam an die Rezeption gelehnt niedersinken.
»Mann«, stöhnte sie. »Der ist so dürr und wiegt trotzdem mehr als ein Elefant!«
Der Page sah den Drachen mit weit aufgerissenen Augen an.
»Das ist unser Gepäck«, machte Zamorra ihm klar.
»Aber - aber es ist unsichtbar! Ich sehe nichts…«
»Genau so siehst du auch aus, mein Junge. Schnapp dir dieses unsichtbare Gepäck und bring es in unser Zimmer! Den Rolls-Royce fahre…«
»Ich«, sagte Nicole entschlossen. »Ich fahre ihn in die Garage. Du musst mir nur sagen, wo die ist. Chef, ich komme mit dem kleinen Wägelchen garantiert besser zurecht als du.«
Der Page beschrieb ihr den Weg, der um das halbe Bauwerk führte. Zamorra steckte ihm ein Bündel Geldscheine hinters Ohr. »Trinkgeld«, sagte er. »Sind zwar Euros, aber die kriegst du ja überall gewechselt.«
Der Page nickte. Er übernahm den Drachenflügel von Zamorra und zog das »Gepäck« hinter sich her.
»Lass mich los!«, meuterte Fooly. »Du kannst mich ja nicht mal sehen! Weil ich nämlich unsichtbar bin.«
Der Page ignorierte das Gezeter. »Wenn du gewichtslos wärst, wäre es sicher besser«, sagte er. Das enorme Trinkgeld, das Zamorra ihm gegeben hatte, machte ihn selbstbewusster. Er zerrte den Drachen die steile Treppe hinauf. Zu seiner Erleichterung wehrte der sich nur mit Worten, nicht mit Körperkraft. Dann wäre der Page völlig hilflos gewesen.
Zamorra folgte den beiden, nachdem er noch einen Blick auf den Butler geworfen hatte. »Was hier alles so unnütz herumliegt«, murmelte er.
Unterdessen hatte Nicole den Rolls-Royce gestartet und fuhr in Richtung Garage. Der Weg war schmal und holperig. Sie hatte Mühe, das »kleine Wägelchen« in der Spur zu halten. Kein Wunder, dass der Butler den Pagen vor Kratzern gewarnt hatte.
Nicole schrammte mit dem Wagen an einer Felsnase entlang, was eine lange, hässliche Spur im Lack hinterließ. Allerdings war sie überzeugt, dass Zamorra es nicht besser hinbekommen hätte.
Endlich erreichte sie die Garage. Das Tor öffnete sich automatisch; es war wohl mit einem Bewegungsmelder gekoppelt. Allerdings brannte kein Licht. Schotten galten als sparsames, sogar geiziges Völkchen, und hier in McRaw-Castle machte man diesem Gerücht alle Ehre…
Es war kein anderes Fahrzeug vorhanden. Also waren sie tatsächlich die einzigen Gäste. Nicole parkte den Wagen in der Mitte der Halle so, dass sie jederzeit wieder losfahren konnte, dann stieg sie aus und ging den schmalen Holperpfad zurück zum Eingangsportal. Auf das Abschließen des Phantom verzichtete sie. Wer klaute hier in der Einöde schon Autos?
Die Tür im Portal war nur angelehnt, sodass Nicole einfach eintreten konnte. Der Butler schickte sich gerade an, wieder aus seiner Ohnmacht er erwachen. Nicole ging zur Treppe und folgte den anderen nach oben.
Die hatten das Quartier längst erreicht. Zamorra lächelte den Pagen an. »Wäre nett, wenn du für unser ›Gepäck‹ noch ein eigenes Zimmer organisieren könntest.«
Der Page war froh, den Drachen loslassen zu können, verneigte sich kurz vor Zamorra und eilte davon, die Treppe wieder hinab, auf deren unteren Stufen er der Begleiterin Zamorras begegnete und ihr höflich lächelnd zunickte.
Derweil meuterte Fooly: »Ich bin kein Gepäck, Chef! Ich bin unsichtbar! Siehst du das nicht?«
»Schluss mit dem Mumpitz!«, fuhr Zamorra ihn an. »Jetzt reden wir erst mal darüber, weshalb du auch noch hier bist!«
***
Lady Patricia sah ihren Sprössling drohend an. »Was fällt dir ein, diese eigenmächtige Tour durchzuziehen? Du verschwindest, ohne dich abzumelden, aus dem Château und nimmst auch den Drachen mit! Ich fasse
Weitere Kostenlose Bücher