088 - Das Dreigestirn der Hölle
Bösen die Linkshänder zu töten."
„Der bin ich", sagt Weißhaar schlicht.
Und du glaubst ihm. Du möchtest ihn fragen, wie du aus der Höhle hierhergekommen bist. Hat man dich im Schlaf hergetragen, oder bist du im Schlaf gewandelt? Du wagst es aber nicht, Fragen an ihn zu richten, weil du seinen Zorn fürchtest.
So wartest du geduldig, bis er selbst das Wort an dich richtet.
„Obwohl es dir wie gestern scheint, ist viel Zeit seit unserer letzten Begegnung vergangen", sagt Hermon oder Gralon, das Weißhaupt. „Die Welt hat sich seit damals sehr verändert, und ich fürchte, du wirst sie nicht wiedererkennen. Aber du bist klug, und der lange Schlaf war deinem Geist förderlich. Deshalb glaube ich, daß du dich rasch an die neuen Gegebenheiten gewöhnen wirst. Du wirst dich auch in dieser Zeit bewähren."
„Habe ich denn länger geschlafen als eine Nacht?" fragst du vorsichtig.
„O ja - mehr Nächte, als du Finger an den Händen hast, und sogar viel mehr Nächte, als viele Männer Finger an den Händen haben", antwortet Weißhaupt. „Ja, dein Schlaf hat so lange gedauert, wie es Nächte im Leben vieler, vieler Männer gibt."
Dir schwindelt, als du dir vorzustellen versuchst, was für eine große Zahl von Nächten das ergibt.
Du kannst es dir nicht vorstellen. Aber du glaubst Hermon, daß er die Wahrheit spricht.
„Du hast dich damals so gut bewährt, daß ich beschloß, dich in einen Schlaf zu versetzen, in dem du die Zeiten überdauern kannst", fuhr Hermon fort. „Ich habe beschlossen, dich nicht eher zu wecken, als bis ein Notfall vorliegt. Ich hoffte, dies würde nie eintreten. Doch nun mußte ich dich aus deinem Schlaf reißen. Und so frage ich dich, ob du mir wieder zu Diensten sein willst."
„Ich will!" gelobst du.
„Dann höre, was sich inzwischen zugetragen hat."
Hermon winkt dich zu sich, und er führt dich aus dem Unterschlupf ins Freie. Dabei redet er auf dich ein, erzählt dir die Geschichte deines Volkes, dessen späte Nachfahren du nun vor dir siehst.
Du blickst auf ein fremdes Land. Die Pflanzen und Tiere haben sich mehr verändert als die Menschen selbst. Du siehst Frauen und Männer, die von deinen Brüdern und Schwestern nicht zu unterscheiden gewesen wären, hätten sie nicht so fremdartige Kleider getragen.
Du siehst Tiere, die so zahm sind, daß sie sich ganz nahe an die Menschen heranwagen und sich von ihnen sogar berühren lassen.
„Wie leicht die Jagd für diese Menschen sein muß, wenn die Tiere so nahe herankommen, daß man sie mit dem Messer erlegen kann", sagst du staunend. Und fügst überzeugt hinzu: „Dieser Stamm braucht nie Hunger zu leiden."
Hermon erklärt dir, daß das richtig sei. Er sagt aber auch, daß diese Menschen keine Jäger mehr sind, sondern daß sie sich diese Tiere halten, sich von ihrer Milch ernähren und sie jederzeit schlachten können, wenn es sie nach ihrem Fleisch gelüstet.
Der Mensch hält sie sich als „Haustiere". Und man lebt nicht mehr in Höhlen und in kleinen Stämmen, sondern man baut „Häuser" aus Pflanzen und Steinen und lebt in einer großen Gemeinschaft zusammen, die „Stadt" heißt.
„Dieser Stadt habe ich den Namen Ys gegeben. Ich habe sie gegründet und stehe im 3226sten Jahr meiner Herrschaft", erzählt Hermon weiter. Und seltsam - auf einmal ist diese Zahl nicht mehr nichtssagend für dich. Sie drückt eine lange Zeit aus, die sich über viele Menschenalter erstreckt.
Als Hermon die Stadt Ys gründete, tat er es zum Schutze aller aufrechten Menschen, die nicht zu Linkshändern werden wollten. Allein war jeder den Mächten des Bösen schutzlos ausgeliefert, doch zusammen waren sie stark. Nun waren die aufrechten Menschen bereits so mächtig geworden, daß sie den Linkshändern ebenbürtig waren.
„Das Gleichgewicht der Kräfte wurde durch diese Stadt wiederhergestellt", sagt Hermon. Das klingt ein wenig unverständlich für dich. Aber du erfährst, daß man in der Stadt vor den Mächten des Bösen sicher ist. Und nicht nur das. Hermon versichert auch, daß es ihm gelungen sei, viele Linkshänder zu bekehren.
„In Ys leben viele ehemalige Linkshänder, die nur noch die Feuerprobe bestehen müssen, um zu uns zu gehören."
Du siehst neben zerbrechlich wirkenden Hütten auch große, schöne und widerstandsfähige Häuser aus Stein. Und du willst wissen, warum es diese und jene gibt.
Hermon erklärt es dir. Die einfachen Hütten sind für die Lebenden, welchen Standes auch immer: für Hirten oder
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