088 - Das Dreigestirn der Hölle
schuld bist. Jener Stein des weisen Hermon, der dazu hätte dienen sollen, das Gleichgewicht der Kräfte zwischen Land und Wasser aufrechtzuerhalten, wenn die Langsteine das Meer nicht mehr bändigen können - diese geheimnisvolle Waffe ist von den Linkshändern für ihre Zwecke mißbraucht worden.
Du erkennst, daß dies nicht nur den Untergang einer Stadt und den Tod vieler Menschen bedeutet, sondern auch einen Sieg der Linkshänder über die Kräfte des Guten.
Und du hast ihnen dazu verholfen.
Dafür willst du sühnen.
Als der zürnende Hermon auf dem einst heiligen Berg erscheint, haben sich die tobenden Elemente längst beruhigt. Du legst dein Leben in seine Hände.
Er aber will es nicht.
„Dich trifft keine größere Schuld als mich. Du bist das Opfer deiner menschlichen Schwächen. Dahut hatte leichtes Spiel mit dir, Unga. Aber sie konnte sich ihres Sieges nicht lange erfreuen. Sie hat die angemessene Strafe erhalten."
Du fragst nicht nach ihrem Schicksal, denn du fürchtest, daß du trotz allem Mitleid mit ihr empfinden könntest. Und du wünschst, daß sie nicht mit dem Tod bestraft werden möge. Hermons Glaube berechtigt dich zu dieser Hoffnung. Denn baute er nicht die prunkvollsten Häuser für die Toten? Und seine Worte zeigen dir, daß der Tod nichts Endgültiges sein muß.
„Du kannst nur sühnen, Unga, wenn du weiterlebst. Ich möchte dich an meiner Seite haben, obwohl ich noch nicht weiß, was es nun noch für uns zu tun gibt. Derzeit glaube ich noch nicht wieder an das Gute in dieser Welt - und daß es jemals wieder dem Bösen die Waage wird halten können…"
Der heilige Berg ist zu einer Insel geworden. Die Stürme haben Sand herangetragen und den Tempel halb verschüttet. Der Himmel ist von schwarzen Wolken verhangen. Dunkelheit senkt sich über das Land, das zum Meer geworden ist.
Die Schwärze wird dichter. Die Bilder verblassen. 6500 Jahre später wirst du hierher zurückkehren. Dann heißt dieser Ort Golf von Morbihan…
Ungas Traum endete.
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Das Traumerlebnis hallte noch lange in Dorian Hunter nach.
Immer wieder tauchten die Bilder der Menhir-Stadt auf, Dahut von Ys geisterte über die Szene, die Schleier ihres Priesterinnengewandes wehten hinter ihr her…
Und über allem Hermon oder König Gralon, Wie er später oft genannt wurde. Die Bilder und Begriffe lösten in dem Dämonenkiller vielfältige Assoziationen aus. Für ihn gab es keinen Zweifel mehr, daß der Herrscher der Stadt Ys mit Hermes Trismegistos identisch war.
Vom Dreimalgrößten Hermes, welchen Namen er später, viel später erst von den Greko-Ägyptern erhalten hatte, sagte man, daß er als Hermon 3226 Jahre regiert und in dieser Zeit 36 525 Bücher geschrieben hatte…
Aus Ungas Traum war eindeutig hervorgegangen, daß sich der Herrscher von Ys im 3226. Jahr seiner Regentschaft befunden hatte und daß er um die Stadt 36 525 Nadelfelsen errichtet hatte… Aus diesen mochten in der Überlieferung Bücher geworden sein…
Aber vielleicht hatte Hermon tatsächlich in all diesen Menhiren sein Wissen verewigt?
Und dann war von einem Frauenstein die Rede gewesen, dem größten und wichtigsten der Nadelsteine. Am Ende war dieser Riesenmenhir durch einen Blitz in vier Teile gerissen worden.
Der Men-er-Groach in der Nähe von Plougoumelen, wo Unga Caroline vor den dämonischen Spinnweben gerettet hatte, konnte dieser einst so wichtige Frauenstein gewesen sein.
Ys war in den Meeresfluten versunken. Was war aber aus Dahut, der Tochter des Hermes Trismegistos, geworden? Und welches Schicksal hatte jener Dämon erlitten, der den „Stein des Weisen Hermon" oder „Stein der Weisen" entwendet hatte?
Und der Stein der Weisen selbst, dem Jahrtausende später die europäischen Alchemisten nachgejagt waren und den Unga für sehr „groß" gehalten hatte, weil solche Macht in ihm wohnte - wo hatte Hermon ihn versteckt? Handelte es sich überhaupt um einen einzelnen Stein? Oder war diese Bezeichnung eher symbolisch? Etwa so, daß alles Wissen, das Hermes Trismegistos in seinem langen Leben gesammelt hatte, zusammengenommen den Stein der Weisen ergab?
Dorians Gedanken drehten sich im Kreis. Ihm war, als bewege er sich auf der endlosen Fläche eines Möbius-Streifens.
Erschrocken erinnerte sich der Dämonenkiller wieder an die Gefahr, in der sie sich alle befunden hatten, bevor Unga zu träumen begonnen hatte.
Caroline Dorleac hatte unter dem Einfluß eines Dämons alle Dämonenbanner beseitigt. Damit hatten sie keinen
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