0880 - Gegner im Dunkel
Würdest du mich begleiten?"
Tremler trank einen Schluck Kaffee.
„Das Petermanngebirge ist nicht sehr hoch, aber es bedeckt eine große Fläche. Man kann sich darin verirren.
Deshalb lebe ich dort. Außerdem gibt es genügend Wasser, wenn die vielen Bäche dann in der Wüste auch versickern. Natürlich gehe ich zurück zum Gebirge, also begleite ich dich auch. Es ist so etwas wie meine Heimat."
Inzwischen war die Sonne aufgegangen. Kawon warf einige Handvoll Sand auf die glühende Asche des Feuers.
„Im Wagen ist Platz genug für uns zwei", sagte er.
Tremler nahm sein Gewehr, half Kawon beim Zusammenräumen des Geschirrs und vergrub die leeren Konservendosen. Als er neben Kawon hinter den Kontrollen des Wagens saß, fragte er: „Hast du eigentlich Waffen bei dir? Ich habe keine gesehen."
Kawon grinste und deutete nach hinten auf die Rückenlehne.
„Wenn du sie vorklappst, findest du ein ganzes Waffenarsenal. Bis jetzt habe ich es nicht gebraucht, höchstens zur Jagd. Es gibt noch immer Kaninchen hier."
Geräuschlos fast setzte sich der Wagen mit dem Anhänger in Bewegung. Die Spezialreifen wurden mit nahezu jedem Gelände fertig. Steigungen bedeuteten kein Hindernis. Geröll auch nicht.
Sie verließen den ausgetrockneten Flußlauf und fuhren quer durch die spärlich bewachsene Ebene, die sich bis hin zu den ersten Ausläufern der Berge erstreckte.
„Wenn deine Vermutung stimmt, Tremler, wird man uns schon gesehen haben. Die haben doch Augen im Kopf ."
„Haben sie bestimmt, aber sie scheinen sie nie zu benutzen", sagte Tremler ruhig. „Oder es ist ihnen egal, ob sich hier noch einer herumtreibt oder nicht. Jedenfalls haben sie sich bisher noch nicht um mich gekümmert."
„Wovon lebst du eigentlich?" fragte Kawon, nachdem sie lange geschwiegen hatten.
„Von der Jagd - und von meinem Garten."
„Garten?"
Tremler nickte.
„Du hast richtig gehört: von meinem Garten. Ich lebe so, wie die ersten Menschen auch lebten. Du wirst dich wundern, wenn du das siehst."
Kawon begann zu ahnen, daß der andere seinen eigenen Lebenstraum realisiert hatte und seßhaft geworden war, weitab von jeder Zivilisation. Vielleicht waren diese Berge, die sich immer näher herangeschoben hatten, auch für ihn eine Art Endstation. Wenn es ihm hier gefiel, würde er auch bleiben.
Er warf Tremler einen Seitenblick Zu diesem Veteran konnte man Vertrauen haben. Es konnte keinen besseren und zuverlässigeren Partner in dieser Wildnis geben.
Gegen Mittag wurde das Gelände unwegsamer, doch Kawon fand immer wieder Lücken zwischen den öfter auftauchenden Hindernissen. Tremler, der die Gegend genau kannte, half ihm mit Hinweisen.
„Siehst dort den Taleinschnitt neben dem kegelförmigen Gipfel - da müssen wir hinein. Ich glaube schon, daß dein Wagen das schafft."
„Warum sollte er nicht?"
„Es wird ziemlich schmal dort, aber dahinter liegt mein Garten. Sehr geschützt und notfalls leicht zu verteidigen.
Aber bis die Zivilisation hier ist, lebe ich nicht mehr."
„Und die Leute, die du im Gebirge vermutest?"
„Die haben mich bisher nicht gestört."
Je mehr sie sich dem bezeichneten Einschnitt näherten, desto größer wurden die Umwege, die Kawon nehmen mußte. Der Boden wurde da, wo kein Felsen war, merklich feuchter.
„Mein kleiner Bach, der aus dem Tal kommt. Er beginnt hier bereits zu versickern."
Kawon betrachtete den schmalen Taleingang mit skeptischen Blicken und hielt kurz davor an. Rechts und links stieg der Berg ziemlich steil an, wurde dann aber flacher. Die Breite des Einschnitts betrug etwa fünf Meter.
„Wenn die Schlucht nicht enger wird, schaffen wir es, Tremler."
„Nur an einer Stelle, aber das dürfte gehen. Vor allen Dingen gibt es keine Stufen, die Talsohle ist flach und der Bach nicht etwa reißend. Fahr weiter, ich bin froh, meinen Garten wiederzusehen."
Kawon fuhr langsam und vorsichtig in den Cañon hinein und benutzte als Straße das Bett des Baches, der kaum zehn Zentimeter tief war. Rechts und links stiegen die Felsen in die Höhe.
Sie passierten die von Tremler angekündigte Engstelle ohne Schwierigkeiten, dahinter wurde die Schlucht breiter.
An den Uferrändern zeigte sich erstes Grün.
Dann, urplötzlich, wichen die Felswände zur Seite und gaben den Blick frei. Unwillkürlich hielt Kawon an, denn er glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Tremler neben ihm genoß die Überraschung seines neuen Freundes. Man konnte ihm ansehen, wie stolz er auf sein Werk war.
Und dazu hatte
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