0881 - Das Kind der Mumie
stärker denn je, das spürten beide Männer genau, die sich gegenübersaßen und lauwarmes Wasser tranken, um den Flüssigkeitspegel wieder in Ordnung zu bringen.
Laroche, der schmalere von beiden, deutete mit dem rechten Zeigefinger auf die oben liegende Karte. Sie war so gefaltet worden, daß das Zentrum der Zeichnung nicht übersehen werden konnte.
»Hier, Francis, hier werden wir es finden.«
Clayton rümpfte die Nase. »Ist der Eingang zur Felsenhalle denn eingezeichnet?«
»Den werden wir schon finden.«
»Meinst du?«
»Ja.«
Francis Clayton wollte noch nicht so recht daran glauben. »Wir besitzen zwar das Erbe, aber ich frage mich schon jetzt, ob es uns nicht im Stich lassen wird.«
»Nein, auf keinen Fall. Das ziehen wir durch. Wir sind doch dafür prädestiniert, das alles zu finden, was uns die Geschichte und auch die Mythologie hinterlassen haben. Die Felsenhalle ist zwar gefüllt mit Korridoren und Stollen, andere haben auch aufgegeben oder aufgeben müssen, aber wir werden es nicht tun. Wir werden das Kind des Sorath finden, und damit haben wir den Schlüssel zur Vergangenheit in unseren Händen. Darauf kannst du dich verlassen.«
Clayton runzelte die Stirn, starrte auf die Zeichnung, sagte aber nichts. Er schaute zu, wie Laroche aus der blauen Packung eine Filterlose hervorholte und sie zwischen seine Lippen steckte. Er gab sich Feuer, paffte die ersten Rauchwolken, und sein Gesicht bekam einen träumerischen Ausdruck.
»Das wird die Welt revolutionieren. Wir werden beweisen, daß der alte Sonnenkult existiert hat und auch in unserer Zeit noch lebt. Es gibt sie, Francis, du kannst dich darauf verlassen.«
»Das weiß ich längst. Und ich will dir auch noch etwas sagen. Seit Kairo habe ich das unbestimmte Gefühl, verfolgt zu werden. Ich weiß nicht, wer es ist, ich habe auch niemanden gesehen, aber ich bin davon überzeugt, daß wir nicht allein sind.«
Der Engländer grinste schief. »Deine Gefühle in allen Ehren, aber auch ich weiß Bescheid.«
»So?«
Clayton nickte. »Es sind vielleicht unsere Helfer, die dir nicht geheuer sind.«
»Das ist es nicht. Sie sind zwar fremd und beobachten uns mißtrauisch, aber sie selbst haben genügend Dreck am Stecken, um zu wissen, daß sie bei den offiziellen Stellen selbst Gefahr laufen, für Jahre eingesperrt zu werden, wenn sie uns und damit sich selbst verraten.«
»Das stimmt allerdings«, gab Clayton seinem Kollegen recht.
»Siehst du.«
»Wo sind sie eigentlich?«
»Draußen.«
Clayton trank Wasser. Er schluckte hörbar. Dann wischte er über seine Lippen. »Ich weiß nicht so recht, ob sie sich dort herumtreiben. Ich habe zumindest nichts von ihnen gehört.«
»Sie werden schlafen.«
Francis kniff das linke Auge zu. »Schlafen? Nein, das kann ich nicht glauben.«
»Warum nicht?«
»Das haben sie nie getan. Sie haben immer aufgepaßt, und ich habe ihre Furcht gespürt, je mehr wir uns dem eigentlichen Ziel näherten. Da stimmt einiges nicht.«
»Was sollte denn nicht stimme?« fragte Laroche.
»Es ist mir zu ruhig. Die Nacht ist anders. Ich habe den Eindruck, als hätte das Schicksal genau erfahren, was wir heute vorhaben. Die Ruhe vor dem Sturm, und ich fühle mich innerlich ebenfalls verdammt unangenehm berührt.«
»Das ist die Spannung, Francis.«
Clayton nickte und schaute seinen Freund dabei sorgenvoll an. »Hoffentlich hast du recht, mein Lieber.«
»Ja, verdammt!« Laroche schlug mit der Faust auf den Tisch. »Denk immer daran, daß wir die Auserwählten sind. Uns obliegt es, das Wunder ans Tageslicht zu bringen.«
»Auserwählte? Wunder? Ich weiß nicht so recht.« Der Engländer Clayton betrachtete die Dinge nüchterner. »Ich glaube nicht, daß dieses Denken stimmt. Es hört sich so sektenhaft an und verschwörerisch.«
Laroche schlug gegen seine Brust. »Ich bitte dich. Wir haben doch den Berg abgeräumt, der sich vor uns auftürmte. Wir haben alle Schwierigkeiten bewältigt. Wir sind den Weg gegangen. Uns wollte man nicht glauben. Die Widerstände waren furchtbar. Man hat uns doch nicht mehr für ernst genommen und uns in eine Nebenstraße gelenkt.« Der Franzose fing an zu lächeln. Beim Weitersprechen senkte er seine Stimme. »Letztendlich war es gut so, daß auf diese Art und Weise gehandelt wurde. Nur so sind wir zu unserem Erfolg gekommen.«
Francis Clayton kannte die Meinung seines Freundes. Er wußte auch, daß er sie nicht ändern konnte.
Guy Laroche war ein Typ, der sich an seinen Erfolgen berauschte,
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