0883 - Die große Pyramide
vermutlich ganz anders."
Die Beweise lagen noch nicht vor. Aber die Theorie war stichhaltig.
Ein Teil des Ganges war reine Fassade, nutzlos und sinnlos. Zweiund-sechzig Meter tief in der Pyramide waren mit neunzigprozentiger Sicherheit in einer Höhe von zweiunddreißig Meter Quadern nach unten durchgesackt. Wie ein mechanischer Lift. Sie hatten direkt unter dem entdeckten Gang einen beim Bau vorhandenen Gang verschlossen! Atemberaubende Konsequenzen ergaben sich daraus. Hunderte von Quadern, teilweise in einer Reihe, teilweise in Ausbuchtungen des Ganges, sackten zweiunddreißig Meter tief und verschlossen jenen Gang, der in die kleine Kammer mündete.
Man fand chemische Rückstände von Kunstharz. Man fand Sandstein, der aus komprimiertem Sand bestand. Man setzte vorsichtig an ausgesuchten Stellen Desintegratoren ein und entdeckte, daß es Aussparungen in den untersten seitlichen Quaderreihen gab, die man nur als Abflußrinnen bezeichnen konnte.
Was war damals geschehen?
Die pharaonischen Baumeister bauten Ebene um Ebene der Pyramide. Als sie den unbekannten Gegenstand versteckten, füllten sie den Zugang zu der später beschickten Kammer mit bestimmten Materialien. Sie bauten weiter und schafften es, daß dieser Gang von absolut senkrecht herunterfallenden Quadern so verschlossen wurde, daß er nicht existent wurde. Das Füllmaterial, über dessen Natur und Arbeitsweise man sich noch nicht klar war, strömte aus der Flanke der Pyramide hinaus, die dann später verkleidet wurde.
SO WAR ES UNMÖGLICH GEMACHT WORDEN, DASS JEMAND DIESE KAMMER BETRETEN KONNTE, OHNE DASS VORHER ZWEI DRITTEL DES BAUWERKES ABGETRAGEN WORDEN WÄREN.
Nur die fortschrittliche Untersuchungstechnik hatte den Hohlraum entdeckt.
Jetzt waren einige Kommandos dabei, von dem offenen, dem sinnlosen Gang aus bis an die Wand der Kammer einen senkrechten Schacht auszubrennen. Sie'setzten Desintegratoren ein, die zerstäubten Gesteinsmassen wurden von Turbinen abgesaugt. Der leicht schräge Schacht führte abwärts, man brannte breite Stufen in die Kanten. Die Statik der ungeheuren Masse von Gestein wurde nicht aus dem Gleichgewicht gebracht.
„Wir werden herausfinden, wie die Baumeister es schafften, so genau diese Menge Quadern senkrecht abrutschen zu lassen. Wir müssen annehmen", sagte Cherto und gähnte abermals, „daß die Kammer erst nach Fertigstellung der Pyramide, zumindest nach Beendigung des Rohbaus, gefüllt wurde. Wie sie es machten, dieses ungeheure Gewicht abzufangen und dann als Mittel zu verwenden, den ursprünglichen Gang von oben her verschließen zu können, wissen wir noch nicht. Wir hören für heute auf.
Morgen, nach Sonnenaufgang, werden wir die Kammer erreichen, öffnen und wissen, ob wir das sagenhafte Geheimnis der Pyramide gefunden haben. Danke, meine Damen und Herren!"
Während er gesprochen hatte, waren auf dem Bildschirm die entsprechenden Zeichnungen und Projektionen sichtbar geworden. Cherto Sakero hob die Hand und schloß: „Wir sind alle ziemlich erschöpft und müde. Morgen früh werden wir das letzte trennende Stück Stein herauslösen und sehen, was seit dem Bau der Pyramide dort versteckt war. Dann verschließen wir die Pyramide wieder und stellen den vorherigen Zustand her. Gute Nacht!"
Er schaltete den Projektor aus, grinste knapp und ging hinunter zu seinen Leuten. Sie waren alle sehr stolz auf ihre Arbeit.
9.
Die Nacht des achtzehnten September erreichte ihren Höhepunkt. Die Sterne und die breite Mondsichel warfen bleiches Licht auf die Flächen der Bauwerke. Wie kleine Inseln schimmerten Tempel und Statuen aus dem Grün der Parks, das jetzt von weitaus weniger Scheinwerfern erhellt wurde. Insekten zirpten, hin und wieder ließ ein kurzer Windstoß die Blätter zittern und bewegte die Kronen der Palmen. Kurz vor Mitternacht erreichten Boyt Margor und Yana Sarthel die mobile Rampe, die zum freigelegten Eingang der Südwestkante führte. Ihr Weg war von mehreren Personen beobachtet worden; Margor hatte die Sicherheitsleute schnell zu Paraten-dern gemacht und somit ausgeschaltet.
Kurz vor Mitternacht näherte sich aus der Richtung des Taltempels der Chephren-Pyramide ein schwerer, halbautomatischer Lastengleiter. Sämtliche Lichter, Scheinwerfer und Blinkanlagen waren eingeschaltet. Der Gleiter steuerte, jedem Hindernis exakt ausweichend, auf die Große Pyramide zu.
Ein zweiter Gleiter mit abgeblendeten Lichtern kam auf das Hotel zu. Die Gäa-Mutanten wußten, daß Margor hier war - wo
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