0883 - Mörderisch
den Wagen und auch die Rückseite gut im Blick hatte. Er selbst wurde durch das Gebüsch und den wallenden Dunst gut gedeckt.
Jetzt konnte Sammy Wilde kommen…
***
Die Nervosität darüber, daß John Sinclair so lange verschwunden blieb, hatte bei Sam Wilde für einen Schweißausbruch gesorgt. Er war allein im Fahrerhaus zurückgeblieben, hatte auch die Scheinwerfer ausgeschaltet und kam sich vor wie ein Gefangener. Was draußen geschah, konnte er nicht sehen, was auch nicht gerade beruhigend auf ihn wirkte.
Ein nebliger Fluß trieb draußen vorbei. Sanfte Wellen, die nichts aussagten. Den sah er überhaupt nicht mehr. Er schien in den letzten Minuten wie eine schwarze Fläche in die Tiefe gefallen zu sein, um alles, was ihm nicht paßte, zu überdecken.
Die Nervosität blieb nicht, sie nahm andere Formen an, und eine davon hieß Angst.
Sam Wilde konnte sonst nichts so leicht erschüttern. Er war ein Kerl wie ein Baum, ein Kämpfer, der sich immer wieder durchgeschlagen hatte, in dieser Nacht war alles vergessen. Da gab es keine kämpferische Vergangenheit mehr, hier zählte nur die Gegenwart, überdeckt von der Person, die hinter ihm auf dem Wagen angekettet saß.
Nein, nicht mehr angekettet.
Er hatte sich befreien können, was in Sams Kopf auch nicht eindringen wollte.
Alles war verkehrt, die Welt hatte sich auf den Kopf gestellt, und John Sinclair hatte nachschauen wollen.
Von ihm hörte und sah er nichts.
Er schielte auf die Klappe. Er brauchte nur den Arm zu heben und sie zur Seite zu schieben. Dann hätte er sehen können, was sich auf der Fläche abspielte, aber Sam traute sich nicht.
Etwas hielt seinen Arm zurück, als hätte man auf ihn ein schweres Gewicht gelegt.
War es die Vorsicht, die innere Stimme? Sollte er vielleicht den Wagen verlassen und fliehen?
Seine Gedanken wurden abrupt unterbrochen. Er hörte ungewöhnliche Geräusche von der Ladefläche her und merkte auch, daß sich das Fahrzeug schaukelnd bewegte.
Sam Wilde erstarrte!
Der Sitz unter ihm hatte sich in eine glühende Herdplatte verwandelt, die noch mehr Hitze abstrahlte und dafür sorgte, daß sich der Schweiß auf der Haut verdichtete.
Er war völlig durcheinander und wußte nicht mehr, was er tun sollte. In seinem Kopf wirbelten die Gedanken, sie liefen im Kreis und zugleich kreuz und quer.
Er hörte sich laut atmen und bekam wie am Rande mit, daß die Bewegungen aufgehört hatten.
Das Fahrzeug stand still.
Zu still für ihn, beinahe totenstill…
Sam Wilde hielt es in seinem Fahrerhaus nicht mehr aus. Das war so etwas wie eine stählerne Gruft mit Fenstern. Die Luft roch nach seinem Schweiß, er mußte einfach weg, egal, was auch passierte.
Zudem wollte er unbedingt wissen, was mit seinem Begleiter geschehen war. Dieser Sinclair war kein Supermann, zudem hatte Sam ihn gewarnt, denn er kannte die Brutalität eines Slim Guthry.
Gegen ihn anzukommen, war verdammt schwer…
Wilde drückte die Fahrertür auf. Er hatte den kleinen Schalter umgelegt, so daß kein Licht anging, als er die Tür aufdrückte. Geister umwallten ihn, kamen ihm entgegen, drangen in seinen Mund und auch durch die Nasenlöcher ein und breiteten sich in seinem Körper aus, als wollten sie ihn unter Kontrolle nehmen.
Neben dem Fahrzeug blieb er stehen. Sinclair war an der Beifahrerseite entlanggegangen, er würde an der anderen bleiben und hoffte inständig, den Mann noch lebend zu erwischen.
Der Belag der Fahrbahn kam ihm weich vor. Es konnte am fließenden Dunst liegen, der den Eindruck erweckte, als schritte ein Mensch durch einen Fluß.
Sam Wilde war vorsichtig, und er verfluchte innerlich seine Berufsregeln und Vorschriften. Es war ihnen nicht erlaubt, im Zuchthaus eine Waffe zu tragen, und er hatte auch keine mitnehmen dürfen.
Jetzt wünschte er sich eine herbei, weil er befürchtete, sie bald einsetzen zu müssen.
Der Mann erreichte die Rückseite des Transporters und stellte mit einem Blick fest, daß die beiden Türhälften nicht geschlossen waren. Es war für ihn keine Überraschung, das hatte so sein müssen, anders verhielt es sich mit der Stille, die ihn sehr mißtrauisch werden ließ. Aus dem Fahrzeug hörte er kein Geräusch. Es ließ darauf schließen, daß beide Männer den Wagen verlassen hatten. Oder aber…
Er wollte nicht weiterdenken. Wildes Kehle verengte sich. Als dicker Klumpen saß plötzlich der Schleim darin. Hinzu kam das Gefühl, sollte Sinclair tatsächlich etwas passiert sein, den Killer in der näheren
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