0883 - Mörderisch
nicht unbedingt davon ausgehen, daß er noch lebte. Ich hatte das Glück durch den Schutz meines Kreuzes erfahren, stand aber jetzt allein zwischen zwei Dörfern auf freier Strecke und wußte nicht, wo ich mit der Suche beginnen sollte.
Natürlich hatte sich Slim Guthry abgesetzt. Dabei konnte er noch unter verschiedenen Möglichkeiten wählen, wobei ich mehr davon ausging, daß er versuchen würde, London zu erreichen, denn allzu weit lag diese Stadt nicht entfernt. Und dort fand er tausend Verstecke.
Ich gehörte nicht zu den Menschen, die ihre Niederlagen nicht eingestanden. Deshalb wollte ich zuerst meine Dienststelle informieren, das hieß in meinem Fall Suko.
Man konnte ja von diesen tragbaren Telefongeräten behaupten, was man wollte, aber stabil waren sie nicht. Durch meinen Aufprall hatte auch das Handy gelitten, und zwar so stark, daß ich es wegwerfen konnte. Wütend schleuderte ich es nach dem Einstieg auf den Beifahrersitz.
Die Tür an der Rückseite hatte ich geschlossen. Ich mußte in den nächsten Ort, wo ich telefonieren konnte. Dunkelheit und Nebel täuschten über die Zeit hinweg. Es war inzwischen Abend geworden.
Diese Nacht würde anders werden als die anderen. Wir hatten Halloween, dieses Fest war bei uns in den letzten Jahren immer mehr in Mode gekommen.
Die Nacht der Geister, der Dämonen.
Ein Spiel, mehr nicht.
Es ging leider auch anders, wie ich wußte und nun befürchten mußte. Natas hatte sich in dieser Nacht neue Opfer für den Teufel geholt.
Verdammt auch!
***
Der Ort hieß Quindon, und die Vertreter dieser kleinen Gemeinde waren froh, nicht in London zu wohnen, aber auch nicht zu weit von dieser Metropole entfernt zu sein. Wenn sie Lust hatten, dort einzukaufen, machten sie halt diesen Ausflug. Die Verantwortlichen in Quindon achteten auch darauf, daß finanzstarke Londoner kein Land in ihrer Gemeinde kauften, um sich auf diesen Grundstücken Paläste zu bauen, die den Rahmen sprengten.
Man wollte unter sich bleiben, und man blieb unter sich und die Gemeinschaft hatte sich gefestigt.
Jeder kannte hier jeden. Der gewählte Bürgermeister kam ebenso gut mit den Bewohnern aus wie der Polizist.
Natürlich feierte man auch in Quindon Halloween. Die Kinder und Jugendlichen hatten schon eine mörderische Nacht angekündigt.
Geister und Dämonen sollten von Quindon Besitz ergreifen und wie ein Unwetter über die kleine Gemeinde kommen, damit die Menschen in den Hintergrund traten.
Einige Bewohner erinnerten sich noch gut an die letzte Halloween-Nacht, und diese Erinnerungen waren nicht nur positiv. Einige Jugendliche, sie stammten nicht einmal aus Quindon, hatten randaliert. Scheiben waren zu Bruch gegangen, eine Straßenlaterne durch Steinwürfe zerstört worden, und selbst Konstabler Preston hatte den Randalierern zuerst hilflos gegenübergestanden.
Mit Hilfe einiger Bürger hatten sie die Randalierer dann überwältigen und einsperren können. Am anderen Tag waren sie freigelassen worden, nachdem sie ihren Rausch ausgeschlafen hatten.
So etwas wollten die Bewohner von Quindon nicht noch einmal erleben. Jeder hatte deshalb mit Argusaugen darauf geachtet, ob sich nicht irgendein Fremder in den Ort verirrte, aber es war den ganzen Tag über ruhig geblieben. Gegen Abend hatte dann der Dunst den kleinen Ort erreicht. Seine blaß-grauen Fahnen zogen durch die Straßen.
Obwohl sich keine Fremden gezeigt hatten, war der Konstabler sicher, daß eine lange Nacht vor ihm lag. Er würde keinen Feierabend machen, sondern durch das Dorf patrouillieren und immer wieder nach verdächtigen Gestalten Ausschau halten.
London lag nicht weit entfernt. Wie leicht konnten die Typen vom letzten Jahr bei diesem Nebel einsickern.
Preston gehörte zu den Menschen, die ein halbes Jahrhundert bereits überschritten hatten. Er war jemand, der nie geheiratet hatte und ein Junggesellendasein führte, das ihm gefiel. Über seinen beiden kleinen Diensträumen, zu denen auch ein winziger Zellentrakt gehörte, befanden sich seine Privaträume. Das Haus war ihm von der Gemeinde zur Verfügung gestellt worden, und was nach seiner Pensionierung in mehr als zehn Jahren war, das interessierte ihn nicht.
Ihm ging es gut, und dafür sorgte auch die Wirtin vom »Goldenen Hasen«, die sehr gut kochte.
Wenn möglich nahm der Konstabler zweimal am Tag dort sein Essen ein, was sich auch auf seine Figur niederschlug. Der Bauch konnte schon als ansehnlich bezeichnet werden. Bei Maggie schmeckten selbst die
Weitere Kostenlose Bücher