0886 - Todesjagd
wuchsen.
»Wer will das wissen?«, fragte Taylor weiter, ohne eine Antwort zu geben.
Cascal blickte so unauffällig wie möglich, ob sich jemand im Zimmer hinter Taylor befand und sagte: »Ich habe vor Jahren mit meinem Bruder hier gewohnt.«
»Ach, Bruder nennt man das heute?«, höhnte Taylor. »Dann war das wohl Geschwisterliebe…«
Angelique hätte ihm für diese Bemerkung am liebsten eine ins feiste Gesicht getreten. Sie beherrschte sich mühsam.
»Ich suche meinen Bruder…«
»Waren Sie schon auf dem Fundbüro? Vielleicht hat ihn jemand abgegeben?«
»Mister Taylor, bitte…«
»Lady, es ist mir scheißegal, ob Sie schon mal hier gelebt und mit wem Sie dabei gevögelt haben«, knurrte Taylor, und das Wort Lady sprach er aus, als wäre es eine Beleidigung. »Ich will nur meine Ruhe haben. Verschwinden Sie!«
»So nicht, Mister Taylor!«, herrschte ihn Angelique an und legte eine Hand auf seinen rechten Unterarm. Sie spürte, dass die Zähne fast ihre Maximallänge erreicht hatten. Wenn sie den Mund öffnete, waren sie deutlich zu sehen. »Es mag sein, dass ich Sie störe, aber sie reden trotzdem nicht in diesem abfälligen Tonfall mit mir!«
Taylor schüttelte die Hand ab und versuchte, die Tür zu schließen.
»Dreckiges Gesindel!«, schimpfte er. »Verfluchte Hure!«
Angelique trat mit aller Kraft gegen die fast verschlossene Tür. Als Vampirin war sie sehr viel stärker als ein Mensch. R. Dean Taylor fiel rückwärts auf den Boden. Er verlor die Bierdose, deren Inhalt sich über den Teppich ergoss, sodass er nun wirklich zum Fleckenteppich wurde.
»Mein Bier«, keuchte er und sah ungläubig zu, wie auch der letzte Tropfen im schreiend bunten Teppich versank. »Du dreckige Schlampe! Ich werde…«
Angelique schloss die Tür hinter sich und betrachtete Taylor, als wäre sie die Schlange und er ein Kaninchen. Zufrieden registrierte sie, dass er der einzige Bewohner dieses Dreckslochs war.
»Gar nichts wirst du unternehmen!«, zischte sie ihm entgegen. »Du Dreckskerl!«
Taylor rollte sich auf die Seite und stand unbeholfen auf. Jetzt erst bemerkte er die langen Augzähne. Schlagartig wurde er nüchtern. Seine Augen blickten mit einem Mal nicht mehr wässrig, sondern klar. Er hatte instinktiv begriffen, dass er in eine lebensgefährliche Situation geraten war.
Der dicke Mann wich zurück an die Wand.
»Ich will die Wahrheit wissen!« Angelique sprach leise, trotzdem verstand Taylor sie genau. »Wohin ist mein Bruder gegangen?«
»Ich…«
Angelique verzog die Lippen, sodass ihre Zähne wieder sichtbar wurden. Taylor riss die Augen auf als er sah, wie ihre Augzähne weiter wuchsen.
»Das… das…« Er stotterte und schüttelte den Kopf.
»Du kannst es ganz sicher glauben.« Ihre Stimme klang rau und dunkel zugleich, wie die reinste Verführung. Die Haare auf Taylors Armen richteten sich auf, eine eiskalte Faust schien in seinem Magen zu wühlen.
Er täuschte links an und als Angelique reagierte, versuchte er, an der rechten Seite vorbei zu kommen.
Es blieb bei dem Versuch…
***
»Hast du so etwas abstoßendes schon einmal gesehen, Ron?«
Mit angewidertem Gesichtsausdruck beobachtete Detective Palmer die Leute von der Spurensicherung bei ihrer Arbeit. Ihm reichte es schon, dass er in diesem Fall die Schreibarbeit erledigen musste, mit den Spusi-Spezialisten wollte er wirklich nicht tauschen.
Schon gar nicht in diesem Fall.
Detective Sergeant Ronald Hanks schüttelte den Kopf und setzte eine Leichenbittermiene auf, was in diesem Fall mehr als gerechtfertigt erschien, schließlich hatten sie es auch mit einer Leiche zu tun.
Beziehungsweise mit mehreren in der Gegend verstreuten Körperteilen. Der Bewohner der Kellerwohnung war von seinem Mörder förmlich zerfetzt worden.
»Wie krank muss jemand im Kopf sein, der so etwas anstellt?«, fragte Hanks voller Verachtung.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Palmer müde. »Aber wir müssen den Kerl finden, ehe er weitere Morde begeht.«
»Wenn es ein Kerl ist«, gab Hanks zu Bedenken.
»Daran habe ich keinen Zweifel«, knurrte Palmer. »Frauen morden anders… Mit Gift vielleicht, aber nicht so !«
Irren ist menschlich, und wer wollte Detective Palmer das Menschsein absprechen?
»Im Toten selbst befindet sich kein Blut mehr«, meldete der Pathologe Doc Wetchin. »Nicht mal mehr ein Tropfen!«
Die beiden Polizisten traten näher. Sie glaubten, sich verhört zu haben.
»Was sagen Sie da, Doc?«, fragte Palmer ungläubig. »Aber das
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