0888 - Angriff auf die Vampirstadt
sendete.
Und da fiel Thomas Chen nur eins ein.
Der Hong Shi.
Auf der langen Reise hatte sich Thomas Chen langsam mit dem Gedanken angefreundet, dass sie vielleicht nicht auf den Götterdämon selbst treffen würden. Doch er hatte seinen Kriegern noch nichts davon gesagt. Er wollte sie nicht enttäuschen.
Der Tulis-Yon wurde brutal aus seinen Gedanken gerissen, als Jeremy abrupt auf die Bremse trat. Die Fliehkräfte schleuderten ihn nach vorne und nur der sich sofort straffende Sicherheitsgurt verhinderte, dass er durch die Windschutzscheibe krachte.
»Was zum…«, schrie er, doch dann spürte er es auch. Die Luft war erfüllt von einer bösartigen Präsenz. Eine unheimliche, zutiefst unmenschliche Macht beanspruchte dieses Territorium mitten im Nirgendwo für sich.
Und es war nicht Kuang-shi.
»Sag den anderen Bescheid«, sagte Thomas Chen. Automatisch hatte der Wolfskrieger seine menschliche Maske fallen gelassen. Schaumiger Geifer lief in Erwartung des Kampfes die Lefzen hinunter, und die gelben Raubtieraugen glühten vor Mordlust.
Der Tulis-Yon stieß die Beifahrertür auf und glitt ins Freie. Sorgsam sondierten seine Augen die karge, trügerisch verlassen wirkende Umgebung. Sie waren nicht allein, das spürte er überdeutlich. Irgendetwas wartete da draußen auf sie.
Was immer es war, sie hatten ihr Ziel erreicht.
***
»Und… was macht ihr so in Choquai?«
Fu Long rutschte unbehaglich auf seinem Sessel in eine vermeintlich bequemere Position. Allein mit Gryf fühlte er sich offenbar ausgesprochen unwohl. Aber da erging es dem Silbermond-Druiden kaum besser.
»Das, was alle machen. Wir leben unser Leben.«
»Aha.« Gryf beugte sich vor und verzog die Lippen. Er gab sich erst gar keine Mühe, seine als Neugier getarnte Streitlust zu verbergen. »Obwohl, leben kann man das, was ihr da tut, ja eigentlich nicht nennen. Streng genommen.«
»Nenn es wie du willst.« Fu Longs Blick huschte zu der Tür, hinter der Zamorra und Nicole vor einiger Zeit verschwunden waren, und die sie seitdem beharrlich zu ignorieren versuchten. Nachdem sie den Parapsychologen ins Hier und Jetzt zurückgeholt hatten, gab es für die Liebenden einiges zu besprechen. Schließlich mussten sie erst einmal verdauen, dass Zamorra zehn Jahre lang ein völlig anderes Leben geführt hatte - und sich jetzt in allen Einzelheiten an diese andere Existenz erinnern konnte, inklusive seiner Liebe zu Shao Yu.
Nicole wusste, dass sie ihrem Gefährten keinen Vorwurf machen konnte. Aber das hieß nicht, dass sie gut damit umgehen konnte. Es war besser, sie sprachen sich jetzt aus, bevor ihnen ihre ungeklärten Gefühle im falschen Moment in die Quere kamen. Schließlich stand ihnen vermutlich eine neuerliche Begegnung mit den Tulis-Yon bevor. Und da konnte jede Ablenkung tödlich sein.
»Es kommt dem, was ihr Leben nennt, immerhin sehr nahe. Wir arbeiten, wir studieren. Einige von uns verlieben sich sogar.«
»Stimmt, du hast ja eine Frau…«
»Jin Mei. Ich liebe sie über alles. Für sie würde ich sterben.«
»Und auch töten?«
Fu Long sah den Silbermond-Druiden mit einem seltsamen Ausdruck an. »Auch das, wenn sie bedroht wäre. Aber wer würde das nicht tun, für jemanden, den er wirklich liebt.«
»So, ein Vampir weiß also, was Liebe ist?«
»Natürlich weiß ich das. Ich war mal ein Mensch, genau wie… wie Zamorra und Nicole.«
»Ich bin neugierig, wie ist das, wenn sich zwei Vampire lieben? Beißt ihr euch gegenseitig ganz zärtlich in den Ilals und nachher gibt es ganz viele süße kleine Blutsauger, oder wie läuft das bei euch?«
»Das ist ein sehr intimes Thema. Ich würde es vorziehen, nicht darüber zu sprechen.«
»Du bist doch nicht etwa prüde?«
Fu Long lächelte schmal. »Ich bin Chinese. Ich bin von Natur aus prüde. Aber, falls das deine Frage beantwortet, Gryf ap Llandrysgryf, wir wissen durchaus, wie man sich amüsiert.«
»Ihr schlachtet andere Leute ab. Diese Form von Amüsement kenne ich zur Genüge. Vielen Dank.«
Für einen Moment sah es aus, als wolle Fu Long wütend aufspringen, doch der Vampir beherrschte seine Emotionen meisterlich. »Das liegt lange hinter uns, Gryf. Und wie du weißt war ich nie ein überzeugter Anhänger dieses Lebensstils.«
»Lebensstil, so nennt man das also, wenn man andere Leute in lebende Leichname verwandelt. Verstehe.«
»Wir sind nicht mehr auf menschliches Blut angewiesen. Die Magie von Choquai ist sehr stark. Sie versorgt uns mit allem, was wir brauchen.«
»Und
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