0888 - Bis die Würmer dich zerfressen
noch?«
»Recht viel.«
»Sag es. Ich gebe dir die Chance. Wie heißt du eigentlich?«
»Harry.«
»Okay, Harry, rede.«
»Wo sind die fünf Menschen geblieben, die in den letzten Jahren verschwanden? Einen habe ich gesehen, den sechsten, aber von den fünf anderen fehlt jede Spur. Was ist mit Ihnen geschehen?«
»Sie waren Opfer.«
»Ach ja? Für wen?«
»Für Amero!«
Harry schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, ich kenne ihn nicht. Ich habe nur die Würmer gesehen, ich sah einen Mann unter einem Pendel liegen, ich sah einen anderen, der ihn retten wollte. Ich habe auch erlebt, wie aus deinem Helfer die Würmer krochen und eine Hülle hinterlassen haben. Aber wer ist Amero?«
»Ein Mächtiger.«
»Mehr nicht?«
»Es reicht.«
»Nein, das glaube ich nicht. Ist er ein Dämon? Ist er jemand, der mit der Hölle in Kontakt steht?«
Christine begann zu kichern. Sie lachte und nickte, und das Fett in ihrem Gesicht fing wieder an zu schwingen oder zu wabbeln. Es verdeckte sogar einen Teil ihrer Augen. »So ähnlich. Er ist einer, der starb, aber noch lebt. Er hat Zeichen gesetzt, damals. Er hat gefoltert, verbrannt und getötet. Er war ein Inquisitor, einer, der sich am Blut der anderen ergötzte und…«
Harry unterbrach das fette Weib. »Hier?«
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. Es war bei ihr nicht mal ein Hals zu sehen.
Der runde Kopf ähnelte einer Kugel, die jemand auf die Schulter gepreßt hatte.
»Wo dann?«
»In Spanien.«
Harry Stahl schaute die Person an, als hätte sie ihm wer weiß was unter die Weste geschoben. »Spanien?« flüsterte er.
»Ja, dort war ihre Basis.«
»Und was hat Spanien hier mit Hamburg und diesem Psycho-Haus zu tun? Da kann es keine Verbindung geben.«
»Meinst du?«
»Ja, das meine ich.«
Das Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. War die Frau schon fett, so wirkte dieses Grinsen ebenfalls um keinen Deut anders. »Dieses Haus hat nicht immer hier auf dem Dom gestanden«, flüsterte sie. »Es ist sehr alt, es war eine Attraktion, mit der meine Eltern und Großeltern durch die Welt zogen. Sie waren in Spanien damit, der Heimat meines Vaters. Er hat sich immer für die alten Geschichten interessiert. Er zog mit diesem Haus durch das Land, er baute es auf, er brachte den Menschen den Schrecken, was ihm nicht genug war. Er wollte den echten Schrecken hervorlocken, denn er wußte, daß es ihn gab. Er kannte den Himmel, aber er wollte die Hölle, und er erfuhr auf einer seiner Reisen, ich war noch ein Kind, von einem Inquisitor, der Amero hieß. In einer einsamen Bergwelt nahe der Stadt Madrid fand er schließlich, was er gesucht hatte. Die Menschen erzählten ihm von einem unheimlichen Castell, in der das Böse gelebt hatte. Er hörte sehr gut zu und erfuhr auch, wo man ihn begraben hielt. Mein Vater öffnete das Grab, er fand Reste, aber er fand vor allen Dingen Würmer. Ameros Diener, die immer an seiner Seite stehen würden. Mein Vater spürte, daß sie etwas Besonderes waren, denn sie hatten seinen Geist aufgenommen. Er fing die Würmer ein, nahm sie mit in das alte Castell, und als er zurückkehrte, ist er ein anderer gewesen. Ein Erleuchteter. Er hatte einen Auftrag bekommen, er hatte Kontakt mit Amero gehabt. Sein Gesicht steckte in den Würmern, und er steckte sehr bald auch in meinem Vater, der ihn mitnehmen wollte in die Welt. Er war zu einem Teil des mächtigen Amero geworden, er hatte die Würmer geschluckt, und jeder in seinem Umkreis mußte das gleiche tun, um den Geist Ameros zu empfangen.« Ihre Augen leuchteten, als sie weitersprach. »Aber er hatte auch den Auftrag nicht vergessen, den Ameros Geist ihm übermittelt hatte.«
»Welchen Auftrag?«
»Er betraf die Welt!«
»Ach ja?«
Christina nickte. »Ja, die gesamte Welt, denn Spanien war ihm zu klein geworden. Ameros Geist hatte meinem Vater den Auftrag gegeben, seine Botschaft in die Welt hinauszutragen, und er ließ ihn nicht im Regen stehen. Er war ein mächtiger Magier, nicht nur Inquisitor, er hat sich mit den Kräften der Hölle beschäftigt, er hat sie studiert, und der Teufel war ihm wohlgesonnen. Er hat ihm einen Weg vorgezeigt, den er gehen sollte, mit seinem Psycho-Haus, das durch ihn nun zu einem echten Psycho-Haus geworden war. Das Haus hat so etwas wie ein Tor bekommen, eine Verbindung, die Zeiten überbrückt.«
»Ein Dimensionstor?«
»Ja.«
»Das habe ich gesehen.«
»Und durch dieses Tor sind die Menschen verschwunden, denn auch Amero tat nichts umsonst. Einmal im Jahr
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