089 - Diener des Satans
sie…“
„Nicht nötig“, antwortete Samanta, „sie braucht nicht zu hören, was wir hier bereden. Wir wissen alles: daß sie schon am Morgen nach Kilkea House zurückgekehrt ist und daß sie vom Seminar ausgeschlossen wurde. Die Dämonenvögel haben es beobachtet.“
Das Ehepaar Mulkenny stieß bewundernde Rufe aus.
Die Schwarzhaarige kicherte. „Nedo befürchtet, daß die drei anderen mißtrauisch werden. Die liebe Marion hat sich nämlich einen dreisten Auftritt geleistet, der zwar einer Hexe geziemt, aber Unheil stiften könnte. Ursprünglich sollten Ginny Pearse, Patricia Hemphill, Louisa Valremy und Marion Dowling das Seminar beenden. Aber es geht auch ohne das Diplom. Ihr müßt den restlichen dreien das Elixier so schnell wie möglich geben – noch heute nacht.“
„Allen auf einmal?“ fragte Brigid erstaunt.
„Natürlich nicht, du Närrin. Ihr nehmt euch eine nach der anderen vor.“
„Eine nach der anderen“, wiederholte Mulkenny.
„Wird gemacht“, fügte seine Frau hinzu.
Samanta richtete sich auf. „Ich höre sie kommen. Wartet nicht, bis sie in die Betten kriechen. Packt sie vorher. Es bleibt euch überlassen, wie ihr das anstellt.“
Die Umrisse ihrer Gestalt lösten sich auf. So, als habe jemand mit dem Schwamm eine Zeichnung auf der Schultafel ausgelöscht.
Die Mulkennys begaben sich in die kleine Empfangshalle, um die Ankunft der drei Mädchen zu erwarten. Der Rover-Bus stoppte vor dem Eingang. Ginny, Patricia und Louisa liefen die Treppenstufen herauf, und das Ehepaar lächelte beruhigt.
„Wie geht es Marion Dowling?“ war Louisas erste Frage.
Der Grauhaarige antwortete: „Keine Ahnung, Miß. Sie hat sich seit heute morgen nicht mehr herunter begeben.“
„Sehen wir nach ihr“, sagte Ginny. „Vielen Dank, Mr. Mulkenny.“
Die drei eilten die Treppe zum ersten Stock hinauf.
Brigid stieß ihren Mann an.
„Ach, ehm… Miß Pearse“, rief der Grauhaarige.
Ginny blieb stehen und wandte ihm das Gesicht zu.
„Ich habe es ganz vergessen: Ihr Telegramm wurde aufgegeben und die Antwort ist schon da!“
„Geht voraus“, drängte Ginny die anderen Mädchen. Während die Französin und die Engländerin weitergingen, sprang sie die Stufen wieder hinab. Ihr Lächeln verriet, wie glücklich sie über die Nachricht war.
Sie sah den Pensionswirt erwartungsvoll an.
„Wo ist das Telegramm, Dalton?“ erkundigte sich die Dicke.
Er spielte den Zerstreuten. „Ja, wo habe ich … ach, Miß Pearse, ich habe es in der Küche liegenlassen. Würde es Ihnen was ausmachen, mir zu folgen?“ Er wartete die Antwort nicht ab, sondern drehte sich um und ging auf die Verbindungstür zu.
Brigid und Ginny folgten ihm.
Ginny sah den Küchenherd, den großen Tisch, die Regale, Töpfe, Pfannen – aber von dem Grauhaarigen keine Spur mehr. Wohin war er so schnell verschwunden?
Ehe Ginny die Frage aussprechen konnte, hatten sie zwei große Hände von hinten gepackt. Die eine legte sich so derb auf ihren Mund, daß sie keinen Ton herausbrachte. Die andere preßte sich gegen ihre Taille und stieß sie in Richtung auf die fette Frau.
Ginny begriff jetzt.
Mulkenny hatte sich hinter eines der Küchenregale geduckt und gewartet, bis sie in der Raummitte stand. Es mußte so gewesen sein. Dem Krauskopf kam diese Erkenntnis, weil Brigid einfach keine Anstalten machte, ihr zu helfen. Würde nun Marions Verdacht Wahrheit? Waren die Mulkennys gefährlich?
Der Grauhaarige schleppte das Mädchen die Kellertreppe hinab. Wieder hielt seine Frau, vor der schweren Holztür Wache. Ginny landete unsanft auf der kahlen Bettstatt. Mulkenny lief zur Wand. Die Pechfackeln brannten und gleich neben der ersten hing an einem rostigen Nagel die Geißel.
Wider Erwarten schrie das Mädchen mit der Afro-Frisur nicht.
„Ich sehe, daß ihr den Platz gut ausgesucht habt“, sagte Ginny. Sie versuchte, ihrer Stimme einen spöttischen Klang zu geben. „Wenn ich um Hilfe rufe, verschlucken die Mauern jeden Laut. Lassen wir das also. Es wäre Kräftevergeudung.“
„Ein kluges Kind“, sagte die Dicke.
„Marion hatte also recht“, fuhr Ginny Pearse fort, „und ich kann mir nun auch erklären, warum sie rote und blaue Striemen auf dem Oberkörper hat. Ihr Unmenschen braucht mir nur noch zu erklären, warum ihr’s getan habt. Wir sind wohl einem sadistischen Paar in die Hände gefallen, oder?“
„Du irrst“, brüllte Mulkenny. Er hatte sein Hemd geöffnet und holte mit der Peitsche aus.
„Keine rät es,
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