089 - Diener des Satans
erfahren. Zum Beispiel, daß es am oberen der Killarney-Seen, genau gegenüber Kilkea House, ein Dorf gab. Dort würde sie schon ein Telefon finden.
Das Mädchen erschrak.
Mulkennys fette Frau war im Dämmerlicht am Ufer aufgetaucht.
„Komm zurück“, brüllte sie, „was fällt dir ein?“
Patricia erwiderte nichts. Sie steigerte ihre Anstrengungen. Je wütender sich Brigid Mulkenny gebärdete, desto klarer wurde ihr, daß Louisas Verdacht begründet gewesen war. Es gab keinen Zweifel mehr für die Rothaarige. Das Pensions-Ehepaar schien verrückt zu sein.
„Kehr um, oder du wirst es bereuen! Ist das vielleicht dein Boot?“ schrie die Dicke.
„Wahnsinnige“, keuchte Patricia.
Sie saß mit dem Rücken zum Bug gewandt, deshalb konnte sie verfolgen, was sich nun im Park des Kilkea Houses abspielte.
Der Grauhaarige erschien. In seinem Geleit befanden sich Louisa, Marion und Ginny. Alle winkten wie verrückt. Die Mädchen riefen laut, um ihre Freundin zur Rückkehr zu bewegen.
Einige Sekunden lang zögerte Patricia.
Hatte Louisa sich doch getäuscht?
Die Französin gab sich die große Mühe, sie umzustimmen, ebenso wie Ginny und Marion. Sie taten, als lauere draußen auf dem See eine Gefahr.
Patricia preßte die Lippen aufeinander. Sie überlegte: es war denkbar, daß Mulkenny und seine Frau die drei Mädchen gezwungen hatten, sich so zu verhalten. Alles deutete auf eine Falle hin. Patricia arbeitete in der Kanzlei des Londoner Staranwaltes Thomas Feeney. Sie hatte ein wenig Erfahrung im Umgang mit Menschen und mit ihren listigen Einfällen, wenn sie ein Ziel verfolgten.
Also hielt sie ihren Kurs ein.
Sie dachte nicht mehr daran zu wenden. Sie drehte sich um. Jetzt hatte sie fast die Mitte des Sees erreicht. Bei Einbruch der Dunkelheit konnte sie drüben im Dorf sein. Die Schleier der Dämmerung wurden immer düsterer, aber sie hoffte, es trotzdem zu schaffen.
„Ich werde einfach die Polizei anrufen“, sprach sie leise vor sich hin. Selbst wenn sich hinterher alles als Einbildung oder Irrtum herausstellen sollte, war es besser, jetzt das Schlimmste vorauszusetzen und sich später zu entschuldigen.
Patricia hörte über sich ein eigenartiges Geräusch und hob den Kopf.
Zwei pechschwarze Vögel kreisten über dem Boot. Sie stießen Zischlaute aus.
Die Rothaarige lächelte und erinnerte sich, zwei dieser Tiere in Faha Court beobachtet zu haben. Sie dachte jedoch nicht daran, daß es dieselben sein könnten und fühlte sich sicher.
Das änderte sich erst, als sie wieder zu den Nachtfalken hinaufschaute. Sie schwebten nun viel tiefer und kamen immer näher an die Schaluppe heran. Die Geräusche, die aus ihren Schnäbeln kamen, wurden drohend. Ihr Krächzen schwoll zu einem Bellen an, sie bellten wie Hunde.
„Verschwindet“, rief Patricia.
Ihre Muskelkraft ließ nach, nur noch langsam bewegte sie die Ruder. Es wurde allmählich eine Qual, vorwärts zu kommen.
Einer der Falken stieß auf sie nieder und ein blitzschneller Schnabelhieb traf ihren Kopf.
Patricia Hemphill schrie auf. Sie empfand einen stechenden Schmerz. Instinktiv ließ sie ein Ruder los und befühlte die Wunde. Ihre Finger waren voll Blut.
Der Dämonenvogel hatte sie nicht sehr tief, aber schmerzhaft verwundet. Schlimmer als die Verletzung war für Patricia das Unheimliche an der Situation. Sie konnte sich nicht erklären, wieso der Falke sie angegriffen hatte. Es gab einen berühmten Hitchcock-Film, in dem etwas Ähnliches geschah. Aber die ganze Welt wußte, daß Vögel den Menschen gegenüber nicht aggressiv waren.
Patricia brach der Angstschweiß aus.
Die Dämonenvögel wurden immer wütender und ließen sich mit schrillen Lauten auf sie herabfallen. Jedes mal hackten sie mit ihren Schnäbeln nach ihrem Kopf, den Händen und den Armen der Engländerin. Die Zeitabstände zwischen den Angriffen wurden immer kürzer.
Patricia schlug um sich.
Sie weinte und nahm das Ruder zu Hilfe. Es nützte ihr nichts. Die Bestien ließen nicht von ihr ab und wichen geschickt den Hieben aus. Je mehr Patricia sich wehrte, um so erbarmungsloser hackten die Vögel auf sie ein.
Blut lief über das Gesicht des Mädchens.
Ihr Entsetzen wurde zur Panik. Sie merkte, daß die Nachtfalken sie zum Umkehren zwingen wollten, denn sie sperrten den Weg zum rettenden Ufer ab. So sehr sich die Rothaarige auch innerlich dagegen sträubte, sie mußte wenden.
Sie packte die Riemen und brachte mit einigen kräftigen Zügen die Schaluppe auf
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