0891 - Fu Longs Rückkehr
erreichten.
»Nein. Deine Kriegerinnen sollen bleiben, wo sie sind, denn ich will weiterhin auf dem Laufenden gehalten werden. Aber schick diesem unverschämten Vampir eine Warnung! Fu Long soll nicht glauben, dass er mich hereinlegen kann. Er will hier mitspielen? Dann muss er damit rechnen, dass nicht nur seine Regeln gelten.«
***
»Meister, verzeiht mein Eindringen in Eure Studien, aber hier wartet eine Eurer Dienerinnen auf Euch.«
Fu Long sah stirnrunzelnd von der Schriftrolle auf, in der er gelesen hatte. »Eine meiner ›Dienerinnen‹? Wie habe ich das zu verstehen? Ich war bisher davon überzeugt, dass du den Haushalt hervorragend für mich führst und dass niemand Anlass zu Klagen hat.«
»Nun«, stotterte der Kammerdiener und schlug erneut mit der Stirn auf den Boden, wie es Sitte im Hause Fu Longs war. Der alte chinesische Vampir bestand nicht auf dieser Geste, um seinen Haushälter zu demütigen. Aber er musste zugeben, je länger er lebte, desto mehr fühlte er in sich die Sehnsucht nach dem Leben, das er als Mensch geführt hatte. Es war ein Zugeständnis an die Zeit, die seine Heimat gewesen war. Sein Haushälter, ein Mensch, der in den Tagen von Kuang-Shis Herrschaft seine Familie an die Tulis-Yon verloren hatte, war mit dieser pro-Forma-Geste einverstanden. Er hatte so lange in Choquai gelebt, dass er es nicht anders kannte. »Ich kann nur sagen, dass sie ein Schankmädchen ist. Sie gehört zu Euren Untertanen, aber sie zählt sich zu Euren Dienerinnen, wie sie sagte. Sie wünscht Euch zu sprechen, Meister.«
Fu Long sah nachdenklich auf seinen Haushälter herunter.
»Nun gut«, sagte er und rollte das Buch, in dem er gelesen hatte, sorgsam zusammen. »Sie soll hereinkommen. Sei so freundlich und bringe uns Tee.«
Der ältere Mann verneigte sich erneut so tief, dass seine Stirn den Boden berührte und klatschte dann kurz in die Hände.
»Herein mit dem Mädchen!«
Fu Long betrachtete die junge Frau, die forschen Schrittes in die Bibliothek trat und sich nicht zu Boden warf, mit Interesse. »Du kommst sehr freimütig hier herein. Bist du von hier?«
Tanera neigte nur kurz den Kopf, um ihren Respekt zu bezeugen.
Der Haushofmeister Fu Longs öffnete gerade den Mund, um sie anzufahren, doch Fu Long hob seine schlanke Hand. »Bitte. Den Tee.«
Der ältere Mann warf dem jungen Mädchen noch einen giftigen Blick zu und verschwand dann, wie ihm geheißen war.
»Also. Dann sage mir, wer bist du?«
»Mein Name ist Tanera. Ich bin eine Amazone.«
In Fu Longs Augen blitzte es kurz auf. »Dann wurdest du also von Stygia, der Fürstin der Finsternis, hierher geschickt. Wie lange bist du schon hier?«
»Einige Wochen.«
Der Ausdruck in Fu Longs Gesicht wurde hart. »Ich schätze es nicht, wenn ich ausspioniert werde. Ich werde keine Maßnahmen gegen dich ergreifen, denn es wäre dumm, den Diener für die Vergehen seines Herrn zu strafen, aber ich wünsche, dass du Choquai sofort nach unserem Gespräch verlässt.«
»Das ließe sich natürlich einrichten, Herr«, meinte Tanera gelassen. »Doch meine Fürstin wünscht, dass ich hier bleibe und ihr berichte. Sie traut Euch und Euren Motiven nicht. Ich soll dir dies ausrichten. Sie lässt dich warnen, ihr nur ja nicht zu schaden.«
Fu Long lächelte verächtlich. »Das habe auch nicht vor. Aber es ist nicht mein Problem, wenn sie nicht imstande ist, das zu glauben. - Nun gut. Du kannst hier in Choquai bleiben, du und deine Gefährtin.«
Tanera wurde rot. Woher wusste der Vampir von Ling? Hatte er seinerseits sie und ihre Schwester beobachtet. Für einen Moment war Tanera verunsichert.
»Du bist also ein Mensch«, meinte Fu Long bei diesem Anblick befriedigt. »Ich hatte mir schon gedacht, dass dein Volk nicht von dämonischer Art ist. - Aber gut. Deine Herrin will also wissen, was vor sich geht. Ich habe ihr bereits mitgeteilt, dass ich gute Gründe habe, das Multiversum von Lucifuge Rofocale zu befreien. Das ist alles, was sie zu wissen braucht. Das Verschwinden der Vampire ist nur ein Teil davon und hat nicht die Motive, die du und deine Fürstin mir unterstellen wollen. Und versuch nicht erst, diese Motive zu verstehen, Amazone. Du kannst deiner Fürstin ausrichten, dass ich meinen Teil unserer Abmachung einhalten werde - sie hat keinen Angriff von mir zu befürchten. Es wendet nicht jeder ihre hinterhältigen Methoden an, auch das magst du ihr sagen.«
Tanera stand da und starrte auf den kleinen, irgendwie zerbrechlich wirkenden Chinesen
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