0894 - Im Würgegriff der Wachsfiguren
hinterlassen, und sein Geruch hing noch immer in der Luft. Er brannte in unseren Atemwegen.
Ich mußte husten, räusperte mich dann. Den Blick auf das Haus gerichtet, schlenderten wir näher.
Der Wind umheulte uns. Im Hintergrund hatten sich einige Zuschauer versammelt. Spaziergänger, zumeist ältere Menschen.
Bis dicht an das Ziel kamen wir nicht heran. Ein Mann im grauen Mantel hatte uns schon gesehen.
Er drehte sich um, sein gelber Schal flatterte im Wind, und er hatte beide Hände in den äußeren Manteltaschen vergraben.
»Wenn Sie hier durchwollen, müssen Sie einen Umweg fahren. Die Straße haben wir gesperrt.«
Ich schaute in das Gesicht des Mannes. Es war rund, wirkte harmlos und freundlich, aber die wachen Augen verrieten mir, daß dieser etwas übergewichtige Mensch knallhart war. Auch von der Strickmütze ließ ich mich nicht täuschen.
»Sorry, aber wir wollen schauen, was hier passiert ist.«
Der Knabe zeigte Geduld. »Bitte, ich habe Ihnen gesagt, daß es eine polizeiliche Angelegenheit ist…«
»Dann sind wir hier richtig«, erklärte ich und wies mich aus. Der Mann nahm nicht einmal die Hände aus den Manteltaschen. Er starrte die Ausweise an, blickte in Sukos Gesicht, sah dessen knappes Lächeln und hob die Schultern.
»Scotland Yard, wie nett.«
»Meinen Sie das wirklich so?«
»Nein, Inspektor, das hier ist unser Job.«
»Soll er auch bleiben. Nur hätten wir gern gewußt, was hier passiert ist. Es geht doch nicht allein nur um den Brand, denke ich mal.«
»Der Brand ist die Basis gewesen.«
»Für was?« fragte ich.
»Für die«, er zögerte einen Moment, »die Toten. Ich bin übrigens Inspektor Hulster.«
»Zwei Tote«, sagte Suko. »Haben Sie die Leichen identifiziert?«
Hulster grinste müde. »Die letzte Frage hat mir schon besser gefallen. Ich will Ihnen sagen, daß wir sie nicht identifizieren konnten. Sie sind verkohlt, bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, zusammengeschrumpft, wie auch immer.« Er grinste breit. »Nur noch Klumpen. Da werden die Fachleute Mühe haben, überhaupt etwas herauszubekommen, kann ich Ihnen sagen.«
Ich deutete auf die Fassade. »Wohnt noch jemand dort?«
»Nein.«
»Es stand also leer.«
Hulster nickte. »Ja, wie einige andere Bauten auch. Hier soll saniert werden. Man wird Ferienwohnungen und Apartmenthäuser bauen. Wird ein Riesengeschäft werden.«
»Wer könnten denn die Toten sein?« fragte Suko.
»Ich habe auch keine Vermutung.«
»Waren die Häuser denn schon verkauft?«
»Nicht alle«, gab Hulster zu.
»Und das abgebrannte?«
Der Kollege hob die Schultern. »Ich habe keine Ahnung. Da müssen Sie schon bei den Ämtern nachfragen.« Er grinste wieder. »Ich weiß auch, auf was Sie hinauswollen. Eine heiße Renovierung, denke ich mal.«
»So sehen wir es. Besteht denn ein Verdacht?«
»Es ist nichts bewiesen.«
»Aber Sie wissen schon, wie es zu diesem Brand gekommen ist?«
»In der letzten Nacht wurde die Feuerwehr gerufen. Was Sie hier noch an Männern sehen, sind keine Brandbekämpfer, sondern Spurensucher. Es steht außer Frage, daß es sich um Brandstiftung handelt.«
»Gab es Hinweise?«
»Benzin, denke ich. Die simpelste Art, etwas abzufackeln.« Er hob die Schultern. »Man greift immer wieder darauf zurück.«
Wir schwiegen nach diesen Worten und hingen unseren Gedanken nach, Mir wollte es nicht in den Kopf, daß da zwei Tote gefunden worden waren. Brandstifter hüteten sich sonst davor, Menschen in Gefahr zu bringen, dann drohte ihnen nämlich noch eine viel höhere Strafe.
»Ich weiß, über was Sie nachdenken, Mr. Sinclair«, sagte der Kollege. »Ach ja?«
»Über die beiden Toten.«
»Das ist korrekt.«
»Lassen Sie mich weiter folgern. Sie denken darüber nach, ob die beiden durch eigene Dummheit ums Leben gekommen sind, oder ob man sie reingelegt hat.«
»Da gehen Sie sogar noch einen Schritt weiter.«
»Ich habe auch meine Gründe.«
»Ach ja? Welche?«
Hulster schaute uns an. Er lächelte, doch seine Augen lächelten nicht mit. »Mal eine Frage an Sie. Weshalb sind Sie gekommen? Sagen Sie es mir! Das ist doch kein Zufall - oder?«
»Nein.«
»Bitte.«
»Nicht wegen des Brandes.«
»Kann ich mir denken.«
Suko übernahm das Reden. »Es geht um einen Mann namens Ernest Carella, Ihren Polizeichef.«
»Oh!« Hulster staunte. »Was wollen Sie denn von ihm?«
»Über ein gewisses Problem reden, das nicht mal akut ist. Es ist tatsächlich ein Zufall, daß wir diesen Weg hier genommen haben. Wir
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